Die Luft, die uns traegt
geteilt, so dass sich das College Anfang der Achtzigerjahre am Rande der Insolvenz befand.
Wenn doch nur diese pfiffigen Quäker die Arme ein wenig weiter Richtung Norden ausgestreckt hätten, sagte Tom gern. Es stimmte, in den 1930er Jahren, als das College schon einmal beinahe dichtmachen musste, hatte eine Gruppe Quäker-Geschäftsleute
aus Philadelphia mit dem Gedanken gespielt, Burnham zu retten und es als eine Art »Haverford Nord« neu zu eröffnen, sich dann aber letzten Ende dagegen entschieden. Damals war ein wohlhabender und exzentrischer ehemaliger Student eingesprungen, nach dem sowohl die Bibliothek als auch das Studentenzentrum benannt wurden, deren Neubauten er gegen Ende des Zweiten Weltkriegs beide finanziert hatte.
Dieses Mal sollte der selbsternannte Heilsbringer offenbar Bert Schafer heißen. Er war kein Absolvent des Burnham College, aber bei all dem Geld, das er als Bauunternehmer verdiente, verlangte seine Steuersituation Mitte der Achtzigerjahre nach einer Form von Philanthropie, und zwar umgehend. Da er vorzog, wie er sagte, sein Geld »in der Nachbarschaft« zu halten, hielt er Ausschau nach einem passenden Objekt in Bucks County – irgendetwas, das nach ihm benannt werden könnte. Um diese Zeit war ihm ein Kollege, ein Spekulant aus Philadelphia namens Driscoll (Schafer machte viel Aufhebens darum, dass er selbst in Bucks County geboren und auf einem Bauernhof in der Nähe von Doylestown aufgewachsen war), bereits zuvorgekommen, weswegen von den beiden wichtigsten Krankenhäusern des Umkreises eines einen nach Driscolls Eltern, das andere einen nach seiner Frau benannten Flügel besaß. Also wandte Bert Schafer seine Aufmerksamkeit dem stillen, kleinen Burnham College zu. Und im Herbst 1988, an dem trüben Novembertag, als Addie erfuhr, dass sie nicht einen, sondern zwei bösartige Tumore hatte, wurde feierlich die neue Walter-Schafer-Turnhalle eingeweiht, zu Ehren des Großvaters ihres stolzen Stifters.
Aber natürlich steckte mehr hinter Bert Schafers Interesse an Burnham als ein paar seinen Familiennamen tragende Gebäude. Über eines nämlich verfügte das College, dank mehrerer
großzügiger deutscher Bauern ein Jahrhundert zuvor, eben doch: Land. Hektar über Hektar Wiese und Sekundärwald, auf sanften Hügeln und entlang der Ufer der beiden rauschenden Bäche, alles um den Dorfkern und das Herz des Campus mit seinen mehreren noch intakten Kolonialbauten aus der Zeit des Unabhängigkeitskriegs herum gelegen. Alles ziemlich hübsch. Und mit dem neuen Anschluss an eine große Ost-West-Autobahn nur knapp zwanzig Kilometer nördlich, unterhalb von Easton, alles von steigendem Wert und sehr begehrenswert für einen Bauunternehmer wie Bert Schafer.
Die Landbesetzungen und Verhaftungen, erkannte Addie schließlich, hatten im Endeffekt wenig oder gar nichts erreicht. Mehr noch, auch schon vor dem Brandanschlag auf die Burnham Estates hatte Bert Schafer die Proteste zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen gewusst. »Dies ist ein freies Land«, wurde er in einem Artikel der Lokalzeitung im Anschluss an die zweite Verhaftung der Aktivisten 1984, ehe der Bau der neuen Eigenheime überhaupt begonnen hatte, zitiert. »Ich respektiere das Recht dieser Menschen, ihre Ansichten zu äußern. Und es tut mir aufrichtig leid, dass die beiden Eulen sich nun einen neuen Platz zum Wohnen suchen müssen. Aber ich wünschte, diese Leute könnten begreifen, dass es dem wirtschaftlichen Wohl aller dient, wenn unser Landkreis sich entwickelt.«
Keine Rede davon, dass er am Vortag mit seinem monströs großen Pick-up genau vor den Zelten gehalten, die Aktivisten obszön beschimpft und ihnen dann gedroht hatte, dass wenn auch nur ein Einziger von ihnen sich dem Baugerät nähern sollte, das später am Tag eintreffen würde, ihre Ärsche schneller im Knast landen würden, als sie einen dieser bescheuerten Bäume raufklettern könnten, in die sie so verdammt verliebt wären.
Addie zitierte ihn Tom und anderen Freunden in Burnham
gegenüber genüsslich. Aber leider war niemand von der Lokalzeitung vorbeigekommen, um sie zu interviewen.
Schafer machte seine Drohung wahr und sorgte dafür, dass sie noch am selben Nachmittag verhaftet wurden, obwohl weder einer der Protestierenden noch eins ihrer Zelte auch nur in die Nähe der Zufahrtsstraße kam, über die die Arbeiter ihre Lkw und Kräne und Planierraupen auf die Baustelle fuhren. Vielmehr hatten sie ihr Lager absichtlich in einem Waldstück an der Grenze des von
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