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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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surrten zwischen den Betten umher, aber sie reichten nicht aus, um alle Kranken zu versorgen.
    Cinder schlich die Gänge hinunter und atmete flach hinter dem vorgehaltenen Ärmel. Als sie Peonys grüne Brokatdecke erkannte, rannte sie zu ihrem Bett. »Peony!«
    Peony rührte sich nicht, als sie ihr eine Hand auf die Schulter legte. Die Decke war warm und weich, aber der Körper darunter bewegte sich nicht.
    Zitternd zog Cinder die Decke zurück.
    Peony wimmerte, es war ein kleiner Protest, der Cinder zwar erleichterte, ihr aber eine Gänsehaut über die Arme laufen ließ. Sie sackte neben dem Bett in sich zusammen.
    »Himmel, Peony. Ich bin sofort gekommen, als ich es erfahren habe.«
    Peony sah sie aus trüben Augen an. Ihr Gesicht war aschfahl, die Lippen trocken. Die dunklen Flecken auf ihrer gespenstisch weißen Haut gingen langsam in Lavendel über. Peony sah Cinder an, zog einen Arm unter der Decke hervor und zeigte ihr die blauschwarzen Fingerspitzen und den gelblichen Ton ihrer Nägel.
    »Ich weiß, aber alles wird gut.« Flach atmend knöpfte Cinder eine Tasche am Oberschenkel ihrer Cargohose auf und zog den Handschuh hervor, der sonst immer ihre Hand bedeckte. Das Reagenzglas hatte sie gut geschützt in einen Finger gesteckt. »Ich habe dir etwas mitgebracht. Kannst du dich aufsetzen?«
    Peony krümmte die Hand zur Faust und steckte sie wieder unter die Decke. Ihre Augen waren leer. Cinder glaubte nicht, dass sie sie gehört hatte.
    »Peony?«
    In Cinders Kopf machte es ping . Ihr Display zeigte ihr eine eingehende Nachricht von Adri, und die übliche Furcht vor der Stiefmutter drückte ihr die Kehle zu.
    Sie lehnte die Nachricht ab.
    »Peony, hör mir zu. Du musst dich hinsetzen. Geht das?«
    »Mama?«, flüsterte Peony. Speichel sammelte sich in ihren Mundwinkeln.
    »Sie ist zu Hause. Sie weiß nicht …« Dass du stirbst. Aber natürlich wusste Adri es. Sie müsste auch eine Tele bekommen haben.
    Mit rasendem Puls beugte Cinder sich über Peony und schob einen Arm unter ihrer Schulter hindurch. »Nun komm schon, ich helfe dir.«
    Peonys Gesichtsausdruck hatte sich nicht verändert – sie hatte den leeren Blick einer Leiche –, aber sie stöhnte vor Schmerzen, als Cinder sie aufsetzte.
    »Tut mir leid«, sagte Cinder. »Aber du musst das hier trinken.«
    Noch ein Ping , noch eine Nachricht von Adri. Diesmal war Cinder wütend, und sie unterbrach ihren Netlink, um das Eingehen weiterer Nachrichten zu verhindern.
    »Es ist aus dem Palast. Es könnte dir helfen. Verstehst du?« Sie sprach leise, aus Sorge, dass andere Patienten sie hören und einen Aufstand beginnen könnten. Aber Peonys Blick blieb leer. »Ein Gegenmittel, Peony«, flüsterte sie ihr ins Ohr. »Ein Medikament gegen die Blaue Pest.«
    Peony sagte nichts, ihr Kopf fiel schwer gegen Cinders Schulter. Obwohl ihr Körper schlaff geworden war, war sie leicht wie eine Holzpuppe.
    Cinders Kehle fühlte sich rau wie Sandpapier an, als sie in Peonys leere Augen starrte. Die an ihr vorbei- oder durch sie hindurchsahen.
    »O nein! Peony, hörst du mich denn nicht?« Cinder zog Peony ganz fest an sich und entkorkte das Reagenzglas. »Du musst dies trinken.« Sie hielt das Glas an Peonys Lippen, aber die bewegte sich nicht. Überhaupt nicht. »Peony.« Mit zitternden Händen schob sie Peonys Kopf zurück. Ihre papierenen Lippen waren geöffnet.
    Cinder zwang ihre Hand zur Ruhe, als sie das Röhrchen hob, aus Angst, auch nur einen einzigen Tropfen zu verschütten. Sie drückte Peony das Glas an die Lippen und hielt den Atem an, aber dann stockte sie. Ihr Herz zog sich zusammen und ihr Kopf war schwer vor Tränen, die sie nicht vergießen konnte. »Peony, bitte.«
    Aus Peonys geöffnetem Mund kam kein Laut und keine Luft. Cinder ließ das Reagenzglas sinken. Sie barg ihren Kopf in Peonys Nacken und knirschte mit den Zähnen, bis ihr Kiefer schmerzte. Der widerliche Gestank des Lagerhauses kratzte ihr in der Kehle, aber trotz alldem konnte sie noch einen Hauch von dem Shampoo ausmachen, das Peony vor Tagen benutzt haben musste.
    Mit dem Reagenzglas in der geballten Faust gab sie Peony sanft frei. Mit geöffneten Augen sank diese auf das Kissen zurück.
    Cinder schlug mit der Faust auf die Matratze. Etwas von dem Gegenmittel spritzte auf ihren Daumen. Sie drückte die Augen so fest zu, bis sie Sterne sah, und ließ sich vornüber auf die Decke fallen. »Verdammt! Verdammt! Peony!« Dann richtete sie sich wieder auf, sog bebend Luft ein und starrte auf

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