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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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das herzförmige Gesicht und in die leblosen Augen ihrer kleinen Stiefschwester. »Ich habe mein Versprechen gehalten. Ich habe es dir gebracht.« Sie konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, das Reagenzglas in der Faust zu zerdrücken. »Außerdem habe ich mit Kai gesprochen. Peony, er tanzt mit dir. Das hat er mir versprochen. Verstehst du denn nicht? Du kannst jetzt nicht sterben. Ich bin hier … Ich …«
    Ein hämmernder Kopfschmerz ließ sie zusammenfahren. Sie packte den Rand der Matratze und krümmte die Schultern. Wieder spürte sie den Schmerz an der Halswirbelsäule, aber er überwältigte sie nicht mehr wie vorher. Er fühlte sich eher an wie eine Hitzewelle oder ein Sonnenbrand von innen.
    Als es vorbei war, blieb sie mit einem dumpfen Pochen in den Schläfen und quälenden Gedanken an Peonys blicklose Augen zurück. Sie hob den Kopf. Mit zittrigen Fingern verkorkte sie das Reagenzglas und ließ es in die Tasche gleiten. Dann schloss sie Peonys Augen.
    Hinter sich hörte sie das vertraute Knirschen von Laufflächen auf dem dreckigen Zementboden und sah einen Medidroiden ohne Wasser oder feuchte Tücher in den Greifern auf sich zukommen. Er hielt auf der anderen Seite von Peonys Bett, öffnete sein Gehäuse und zog ein Skalpell hervor.
    Cinder lehnte sich über das Bett und umklammerte Peonys Handgelenk mit ihrer behandschuhten Hand. »Nein«, protestierte sie lauter als beabsichtigt. Patienten in den umstehenden Betten reckten die Köpfe in ihre Richtung.
    Der matte Sensor des Androiden erfasste sie.
    Diebe. Verbrecher. Flüchtlinge. »Diesen bekommst du nicht.«
    Der Androide stand vor ihr mit seinem blanken weißen Gesicht und dem blutverschmierten Skalpell, das aus seinem Gehäuse herausragte.
    Stumm griff er mit einem freien Arm nach Peonys Ellenbogen. »Ich wurde programmiert …«
    »Es ist mir egal, wozu du programmiert worden bist. Diesen bekommst du nicht.« Cinder riss Peonys Arm los. Die Greifer hinterließen tiefe Kratzer auf ihrer Haut.
    »Ich muss den ID-Chip entfernen und einsammeln«, sagte der Androide und streckte den Arm aus.
    Cinder beugte sich über das Bett, drückte die Hand gegen den Sensor des Androiden und hielt ihn so in Schach. »Ich habe gesagt, dass du ihn nicht bekommst. Lass sie in Ruhe.«
    Der Androide schwenkte das Skalpell und stach es in Cinders Handschuh. Vor Überraschung fuhr Cinder zurück. Die Klinge blieb im dicken Stoff ihrer Arbeitshandschuhe stecken.
    Mit zusammengebissenen Zähnen zog sie das Skalpell aus dem Handschuh und rammte es in den Sensor des Androiden. Glas splitterte. Das gelbe Licht erlosch. Der Medidroide rollte mit rudernden Armen zurück, lautes Piepen und Fehlermeldungen kamen aus seinen versteckten Lautsprechern.
    Cinder machte einen Hechtsprung über das Bett und schlug mit der Faust auf den Kopf des Androiden. Er krachte auf den Boden und verstummte, aber seine Arme ruderten wild in der Luft.
    Nach Luft japsend sah sich Cinder um. Die Patienten, die dazu in der Lage waren, hatten sich in ihren Betten aufgesetzt und sahen sie aus glänzenden Augen an. Ein Medidroide vier Reihen weiter verließ seinen Patienten und kam auf sie zugerollt.
    Cinder holte tief Luft. Dann bückte sie sich und holte das Skalpell des Androiden hinter dem zerschmetterten Sensor hervor. Sie wirbelte zu Peony herum – die unordentliche Decke, die Kratzer auf dem Arm, die blauen Finger, die über eine Seite des Bettes baumelten. Sie kniete sich neben ihre Schwester, bat sie eilig um Verzeihung und umklammerte ihr zartes Handgelenk.
    Dann schnitt sie mit dem Skalpell in die weiche Haut. Blut tropfte aus der Wunde auf ihren Handschuh, wo es sich mit dem Schmutz vieler Jahre vermischte. Als Cinder eine Sehne durchtrennte, zuckten Peonys Finger. Cinder erschrak.
    Sowie der Schnitt lang genug war, steckte sie den Daumen hinein. Er klaffte auf, hellrote, blutige Muskeln kamen zum Vorschein. Ihr wurde übel, aber sie drückte die Spitze der Klinge vorsichtig tiefer hinein und zog den Chip heraus.
    »Es tut mir so leid«, flüsterte sie und legte Peony das verunstaltete Handgelenk auf den Bauch. Dann stand sie auf. Das Knirschen der Laufflächen näherte sich.
    »Asche und Tod, das Blut, das ist rot …« Sie drehte sich zu dem heruntergeleierten Singsang um, das Skalpell fest in einer Hand, Peonys Chip in der anderen.
    Der kleine Junge in der nächsten Reihe schreckte mit großen Augen zurück, als er die Waffe entdeckte. Das Kinderlied verstummte. Cinder brauchte einen

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