Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)
was das Beste für mein Land ist.«
»Habt Ihr Levana das mitgeteilt?«
»Ich habe sie nicht angelogen.«
»Und was wird sie als Nächstes tun?«, fragte Premierminister Bromstad aus Europa, ein blonder Mann mit freundlichen Augen.
»Was wohl?«, fragte Kai. »Sie beabsichtigt, so lange weitere Gewichte in die Waagschale zu werfen, bis wir klein beigeben.«
Die Gesichter glotzten ihn von den Bildschirmen an. Torins Lippen waren weiß geworden, er warf Kai einen warnenden Blick zu. Kai erriet, dass Torin nicht beabsichtigte, das Gegenmittel zu erwähnen, jedenfalls nicht, bevor sie ihren nächsten Schritt planen konnten – dabei war Letumose eine Pandemie, die sie alle etwas anging. Die anderen hatten das Recht zu wissen, dass es ein Gegenmittel geben könnte. Vorausgesetzt, Levana hatte ihn nicht angelogen.
Kai atmete tief ein und legte die Handflächen flach auf den Tisch. »Levana behauptet, ein Medikament gegen Letumose gefunden zu haben.«
Die Netscreens schienen vor Überraschung zu knistern, auch wenn die versammelten Oberhäupter zu verblüfft waren, um etwas zu sagen.
»Sie hat eine einzige Dosis mitgebracht, die ich an unser Forschungsteam weitergegeben habe. Wir werden erst wissen, ob es ein wirksames Gegenmittel ist, wenn wir es untersucht haben. Falls es stimmt, müssen wir herausfinden, wie wir es kopieren können.«
»Und wenn wir das nicht schaffen?«
Kai sah den australischen Generalgouverneur an. Er war viel älter, als Kais Vater geworden war. Sie waren alle so viel älter als er. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Aber für den Staatenbund tue ich, was getan werden muss.« ›Staatenbund‹ betonte er. Sie waren zwar eine Allianz aus sechs Staaten auf einem Planeten. Aber sie hatten alle ihre eigenen Interessen, und auch er würde seine nicht vergessen.
»Selbst wenn«, sagte Torin, »haben wir noch immer die Hoffnung, dass sie zur Vernunft kommt und wir sie überzeugen können, den Vertrag von Bremen ohne eine Heirat zu unterzeichnen.«
»Sie wird sich weigern«, sagte ein Staatsvertreter der Europäischen Föderation. »Machen wir uns doch nichts vor. Sie ist so störrisch …«
»Natürlich ist die kaiserliche Familie des Asiatischen Staatenbundes nicht die einzige von königlichem Blut, in die einzuheiraten sie sich Hoffnungen machen könnte«, sagte das afrikanische Staatsoberhaupt in dem Wissen, dass Levanas Wahl nicht auf sein eigenes Land fallen würde, weil es keine Monarchie war und ihr eine eheliche Verbindung deswegen zu kurzlebig wäre. »Ich glaube«, fuhr er fort, »wir sollten alle Möglichkeiten prüfen, ihr etwas anzubieten, unabhängig davon, was sie als Nächstes zu tun beabsichtigt. Wir brauchen ein Angebot, von dem wir als Konferenzteilnehmer sicher sind, dass es allen Bürgern unseres Planeten zugutekommen würde.«
Die Aufmerksamkeit der Gruppe wandte sich Königin Camilla aus dem Vereinigten Königreich zu, die einen unverheirateten Sohn in den frühen Dreißigern hatte, der damit vom Alter her deutlich näher an Levana war als Kai. Ihm fiel auf, wie unbeteiligt die Königin sich zu geben versuchte, und er musste sich zurückhalten, um nicht selbstgefällig zu wirken. Es tat gut, dass sich der Spieß umdrehte.
Leider gab es aus politischer Sicht jedoch keinen Zweifel daran, dass Kai in Levanas Augen die beste Option war. Der Prinz aus dem Vereinigten Königreich war der Jüngste von drei Geschwistern und würde vielleicht nie König werden, während Kais Krönung in der nächsten Woche stattfinden würde.
»Was, wenn sie alle anderen ablehnt?«, fragte Königin Camilla und hob eine Augenbraue. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie in den letzten Jahren zu viele Verjüngungsoperationen durchgemacht hatte. Als sie keine Antwort bekam, fuhr sie fort. »Ich möchte Sie nicht unnötig beunruhigen, aber haben Sie die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass ihr Grund für den Besuch der Erde die Sicherung dieser Allianz unter Anwendung von Gewalt sein könnte? Oder beabsichtigt sie vielleicht, den jungen Prinzen durch Gehirnwäsche zu einer Heirat zu bewegen?«
Kai wurde übel. Er sah, wie sich sein Unbehagen in den Gesichtern der anderen Diplomaten spiegelte. »Könnte sie das denn?«, fragte er.
Als niemand eine Antwort gab, wandte er sich Torin zu.
Es dauerte lange, viel zu lange, bis Torin den Kopf schüttelte, wobei er entsetzlich unsicher aussah. »Nein«, sagte er. »Theoretisch vielleicht, aber praktisch nicht. Um ihre Manipulation aufrechtzuerhalten,
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