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Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 1: Wie Monde so silbern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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Profile zu lang gezogen. Die Rücken mit etwas bedeckt, das wie Fell aussah.
    Auf dem Schirm erschien noch ein Bild. Es zeigte ein halbes Dutzend dieser Kreaturen von vorne. Ihre Gesichter sahen aus wie eine Kreuzung aus Mensch und Bestie. Nase und Kiefer ragten auf seltsame Art aus den Köpfen hervor, und sie grinsten verzerrt. Aus ihren Mäulern stand etwas Weißes hervor – Kai konnte es nicht genau erkennen, aber er hatte den Eindruck, dass es Reißzähne waren.
    »Was sind das für Kreaturen?«, fragte Königin Camilla.
    »Mutanten«, antwortete Präsident Vargas. »Wahrscheinlich sind es genetisch veränderte Lunarier. Wir nehmen an, dass sie seit vielen Jahrzehnten an diesem Projekt arbeiten. Allein in diesem Lager sind nach unserer Schätzung rund sechshundert von ihnen, aber wir vermuten, dass es mehr gibt, wahrscheinlich im Labyrinth der Lavagänge im Inneren des Mondes. Es könnte Tausende von ihnen geben – Zehntausende nach allem, was wir wissen.«
    »Haben sie den Zauber?«, fragte der kanadische Provinzvertreter zögerlich.
    Das Foto verschwand und der amerikanische Präsident war wieder zu sehen. »Wir wissen es nicht. Wir konnten sie weder beim Training noch bei anderen Tätigkeiten außer beim Ein- und Ausmarschieren aus den Höhlen und beim Appell beobachten.«
    »Es sind Lunarier«, sagte Königin Camilla. »Solange sie nicht tot sind, besitzen sie den Zauber.«
    »Wir haben keine Beweise dafür, dass die Lunarier Kinder ohne diese Gabe wirklich töten«, unterbrach Torin. »Und so aufregend es sein mag, diese Bilder anzusehen und wilde Spekulationen anzustellen, wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass Königin Levana die Erde noch nicht angegriffen hat. Außerdem haben wir keine Beweise dafür, dass diese Kreaturen für einen Angriff bestimmt sind.«
    »Welchem Zweck sollten sie sonst dienen?«, fragte Generalgouverneur Williams.
    »Körperlicher Arbeit?«, sagte Torin und wartete darauf, dass die anderen diese Möglichkeit bestritten. Der Generalgouverneur schnaubte, sagte aber nichts. »Wir sollten natürlich darauf vorbereitet sein, falls es doch zum Krieg kommt. Aber bis dahin ist es unsere Priorität, eine Allianz mit Luna einzugehen und die Lunarier nicht durch Paranoia und Misstrauen zu verärgern.«
    »Der Meinung bin ich nicht«, sagte Kai und stützte das Kinn auf die Hand. »Meiner Meinung nach ist es genau die richtige Zeit für Paranoia und Misstrauen.«
    Torin machte ein finsteres Gesicht. »Eure Hoheit.«
    »Mir kommt es so vor, als hätten Sie alle das Offensichtliche an diesen Bildern übersehen.«
    Präsident Vargas streckte die Brust raus. »Wie soll ich das verstehen?«
    »Sie glauben doch, dass sie diese Armee schon seit Jahrzehnten aufstellen? Zusammen mit Wissenschaftlern, die dafür nötig sind, solche … Kreaturen zu erschaffen und zu perfektionieren?«
    »Danach sieht es aus.«
    »Und warum haben wir sie jetzt erst bemerkt?« Er wedelte in Richtung des Schirmes, auf dem die Bilder gezeigt worden waren. »Hunderte von ihnen, die draußen im Freien stehen, als hätten sie nichts Besseres zu tun. Die nur darauf warten, fotografiert zu werden.« Er stützte die Arme auf den Tisch und sah zu, wie die verunsicherten Gesichter sich ihm zuwendeten. »Königin Levana wollte, dass wir ihre gespenstische Armee sehen. Sie wollte, dass wir sie bemerken.«
    »Glaubt Ihr, sie will uns drohen?«, fragte Premierminister Kamin.
    Kai schloss die Augen und sah die Kreaturen ganz deutlich Reihe um Reihe vor sich stehen. »Nein. Ich glaube, sie will mir drohen.«

27
    Der Hover kam vor der Quarantänestation abrupt zum Stehen. Cinder sprang aus der Seitenluke, taumelte aber augenblicklich zurück und presste die Nase in ihre Ellenbeuge. Von dem Gestank verwesenden Fleisches in der schwülen Nachmittagshitze wurde ihr übel. Vor dem Eingang des Lagerhauses beluden Medidroiden einen Hover mit Leichen zum Abtransport. Sie waren aufgebläht und verfärbt, und jede hatte einen schmalen Schlitz am Handgelenk. Cinder wandte ihren Blick ab. Mit angehaltenem Atem schlüpfte sie an ihnen vorbei in das Lagerhaus.
    Das grelle Sonnenlicht wurde durch das grüne Fensterglas oben in der Wand getrübt. Die Quarantänestation, die das letzte Mal noch fast leer gewesen war, quoll jetzt über vor Kranken jeden Alters und beider Geschlechter. Die rotierenden Deckenventilatoren konnten die Gluthitze nur lindern, den Geruch des Todes aber nicht vertreiben. Die Luft schien gesättigt davon.
    Medidroiden

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