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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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nicht so gut im Lebenslauf. Ich hab mir gedacht, du könntest mich vielleicht in Naturalien bezahlen.«
    Sie lachte. »Ich hab gerade die Beweisstücke deines Riesenappetits weggeräumt. Da müsste ich wohl mein letztes Hemd an dich verfüttern.« Auf der Stelle wurde sie rot – war sie vielleicht zu weit gegangen? Sein Gesicht blieb vollkommen unbewegt und so sprach sie schnell weiter, bevor er reagieren konnte. »Wie heißt du eigentlich?«
    Wieder dieses ungelenke Achselzucken. »Mein Kampfname ist Wolf.«
    » Wolf? Das hört sich ja ziemlich wild an!«
    Er nickte ernst.
    Scarlet unterdrückte ein Grinsen. »Das mit den Straßenkämpfen solltest du wirklich nicht im Lebenslauf erwähnen.«
    Er kratzte sich am Ellenbogen; die merkwürdige Tätowierung konnte sie im Dunklen nur erahnen. Vielleicht hatte sie ihn mit der Bemerkung über seinen Namen in Verlegenheit gebracht.
    »Mich nennen jedenfalls alle Scarlet. Ja, genau, wegen meiner Haarfarbe.«
    Sein Gesichtsausdruck wurde weicher. »Wegen was für einer Haarfarbe?«
    Scarlet lehnte sich an die Tür. »Sehr komisch.«
    Einen Moment schien er sehr zufrieden mit sich, und Scarlet fand den Fremden, diesen Außenseiter, langsam sympathisch. Den Straßenkämpfer mit der sanften Stimme.
    Dann kribbelte ihr warnend der Hinterkopf. Sie vergeudete ihre Zeit. Großmutter war verschwunden. Vielleicht lag sie schon längst tot in irgendeinem Graben.
    Scarlet stützte sich im Türrahmen ab. »Es tut mir wirklich leid, aber wir sind gut versorgt. Ich brauche keine Landarbeiter mehr.«
    Der Funke in seinen Augen erstarb und er schien sich wieder unbehaglich zu fühlen. »Ich verstehe. Vielen Dank für das Essen«, sagte er nervös. Er kickte den Stab einer erloschenen Rakete vom Bürgersteig – ein Überrest der gestrigen Friedensfeier.
    »Du solltest nach Toulouse oder Paris gehen. In den Städten gibt’s mehr Jobs – außerdem sind die Leute hier Fremden gegenüber misstrauisch, wie du vielleicht schon gemerkt hast.«
    Er neigte den Kopf, so dass seine smaragdfarbenen Augen im Scheinwerferlicht des Schiffs noch heller leuchteten, und sah sie fast amüsiert an. »Danke für den Tipp.«
    Scarlet kehrte ihm den Rücken zu und ließ sich auf den Pilotensitz sinken.
    Wolf drückte sich an die Wand, als sie das Schiff startete. »Falls du es dir anders überlegst: Nachts bin ich oft beim verlassenen Haus der Morels. Ich bin vielleicht nicht so geschickt im Umgang mit Menschen, aber auf einem Bauernhof würde ich mich gut machen.« Seine Mundwinkel hoben sich kaum merklich. »Tiere mögen mich.«
    »Da bin ich sicher«, sagte Scarlet und schenkte ihm ein geheucheltes aufmunterndes Lächeln. Sie schloss die Tür, bevor sie murmelte: »Gibt es Tiere, die keine Wölfe mögen?«

4
    Mit der verhängnisvollen Seifenrebellion und ihren Auswirkungen hatte die Gefangenschaft Carswell Thornes denkbar schlecht begonnen. Doch seit Beginn seiner Einzelhaft war er der Inbegriff eines Gentlemans mit den allerbesten Manieren, und nach sechs Monaten dieses vorbildlichen Verhaltens hatte er die einzige weibliche Wärterin überreden können, ihm einen Portscreen zu leihen.
    Er war ziemlich sicher, dass er damit keinen Erfolg gehabt hätte, wenn die Wärterin nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass er ein Idiot war, der nur die Tage zählte und das Gerät benutzen wollte, um nach freizügigen Bildern von irgendwelchen Frauen zu suchen.
    Natürlich hatte sie Recht. Technologie war für Thorne ein Buch mit sieben Siegeln und das Tablet hätte ihm selbst dann nicht geholfen, wenn er im Netz das Handbuch »Du und dein Portscreen: Gefängnisflucht leicht gemacht« gefunden hätte. Er hatte es weder geschafft seine Teles abzurufen noch die Nachrichten noch irgendwelche Informationen über das Gefängnis in Neu-Peking und das Viertel, in dem es sich befand.
    Doch die anzüglichen Bilder wusste er zu schätzen, obwohl sie zensiert waren.
    Am 228. Tag seiner Gefangenschaft scrollte er mal wieder durch seine Bilder und fragte sich, ob Señora Santiago noch mit dem Zwiebelfresser verheiratet war, als ein kreischendes Geräusch den Frieden seiner Zelle störte.
    Er sah mit zusammengekniffenen Augen zur blendend weißen Decke hinauf.
    Das Kreischen verstummte, dann folgte ein Scharren. Hammerschläge und weiteres Scharren.
    Thorne setzte sich im Schneidersitz auf sein Feldbett und wartete ab, während die Geräusche immer lauter wurden und näher zu kommen schienen. Erst nach einigem Nachdenken kam er

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