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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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massieren?«
    Sie schlug seine Hand weg. »Bitte«, sagte sie flehend, die Hände abwehrend erhoben, und rang nach Luft.
    Als Thorne sie anstarrte, verschwamm sie vor seinen Augen wie eine Fata Morgana über den erhitzten Gleisen der Magnetschwebebahn. Er taumelte rückwärts. Sein Herzschlag beschleunigte sich und in seinem Gehirn setzte ein eigenartiges Prickeln ein, das durch seine Nervenbahnen raste.
    Sie war … schön.
    Nein, göttlich.
    Nein, vollkommen.
    Sein Puls hämmerte. Er dachte nur noch an Anbetung und Verehrung. An völlige Selbstaufgabe. An absoluten Gehorsam.
    »Bitte«, sagte sie noch einmal und hob abwehrend die Metallhand. Sie hörte sich verzweifelt an, als sie sich an der Wand herabgleiten ließ. »Hör einfach auf zu reden. Lass mich einfach in Ruhe.«
    »In Ordnung«, sagte er vollkommen verwirrt – Cyborg, Mithäftling, Göttin. »Selbstverständlich. Ich tue alles, was du willst.« Er stolperte durch die Zelle und sank hilflos auf sein Feldbett.

5
    Scarlets Gedanken überschlugen sich, als sie die Kisten aus dem Heck des Luftschiffs hievte und in den Hangar schleppte. Sie hatte den Portscreen vom Boden des Beifahrersitzes genommen und in die Hosentasche gesteckt. Die Nachricht der Polizeistelle brannte sich in ihren Oberschenkel, als sie routiniert die letzten Arbeiten des Tages erledigte.
    Wahrscheinlich war sie vor allem auf sich selbst wütend, weil sie sich – und wenn es auch nur für eine Minute gewesen sein mochte – von einem gut aussehenden Gesicht und der Aura von Gefahr hatte ablenken lassen. So kurz nachdem sie erfahren hatte, dass die Ermittlungen im Fall ihrer Großmutter eingestellt worden waren. Es kam ihr vor, als würde sie durch ihr Interesse an dem Kämpfer alles, was ihr wichtig war, verraten.
    Und dann waren da noch Roland und Gilles und all die anderen hinterhältigen Typen aus Rieux. Sie glaubten, dass Michelle verrückt war, und das hatten sie auch der Polizei gesagt. Und nicht, dass sie die fleißigste Bäuerin der ganzen Provinz war. Oder die besten Eclairs diesseits der Garonne herstellte. Oder ihrem Land achtundzwanzig Jahre als Armeepilotin gedient hatte und dafür immer noch die Ehrenmedaille an ihrer karierten Lieblingsschürze trug.
    Nein, sie hatten der Polizei erzählt, dass sie verrückt war.
    Und jetzt hatte die Polizei die Suche nach ihr aufgegeben.
    Aber das würde sich ändern. Irgendwo musste sie ja sein und Scarlet würde sie finden, und wenn sie dafür alle Ermittler Europas erpressen musste.
    Die Sonne sank schnell und Scarlets lang gezogener Schatten fiel auf den Weg. Neben dem Kiesweg erstreckten sich flüsternde Maisfelder und Reihen großblätteriger Zuckerrüben bis zu den ersten leuchtenden Abendsternen am Horizont. Ein einziges Natursteinhaus mit zwei warm leuchtenden Fenstern stand ein ganzes Stück westlich – ihr einziger Nachbar weit und breit.
    Dieser Hof war Scarlets Paradies. Mehr als ihr halbes Leben hatte sie hier verbracht und über die Jahre waren ihr Himmel und Erde mehr ans Herz gewachsen, als sie jemals für möglich gehalten hatte – und ihrer Großmutter ging es genauso. Sie dachte zwar nicht gerne daran, aber eines Tages würde sie den Hof erben, und manchmal träumte sie davon, hier alt zu werden. Glücklich und zufrieden, mit Erde unter den Fingernägeln und in einem Haus, an dem dauernd Reparaturen anfielen.
    Glücklich und zufrieden – wie ihre Großmutter.
    Niemals wäre sie aus freien Stücken fortgegangen.
    Scarlet schleppte die Kisten in die Scheune, stapelte sie in einer Ecke aufeinander, damit die Androiden sie am nächsten Morgen wieder füllen konnten, und trug den Kübel mit den Küchenabfällen hinaus. Beim Füttern scharten sich die Hühner ganz eng um sie.
    Als sie um die Ecke beim Hangar bog, blieb sie wie angewurzelt stehen.
    Im zweiten Stock des Hauses brannte Licht.
    In Michelles Schlafzimmer.
    Der Eimer fiel ihr aus der Hand. Die Hühner gackerten wild durcheinander und stoben in alle Richtungen davon, bevor sie sich erneut über die Gemüsereste hermachten.
    Scarlet sprang über die Hühner hinweg und rannte so schnell los, dass die Kieselsteine in alle Richtungen flogen. Ihr Herz hämmerte und vom Sprint brannten ihre Lungen. Sie riss die Hintertür auf und schoss die Treppe hoch, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Die alten Bretter ächzten vernehmlich.
    Die Tür zum Schlafzimmer ihrer Großmutter stand weit offen. Sie blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen und hielt sich am

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