Die Lust des Bösen
manchmal nur der einzige Trost, dass Monster wie Wenger, die das Böse verkörpern, dorthin kamen, wo sie hingehörten: in die Hölle.
Lea blickte auf den am Boden liegenden Körper. Wenger schien tot zu sein.
Der Notarzt, den sie per Handy gerufen hatte und der inzwischen eingetroffen war, konnte nichts mehr für ihren Kollegen tun. Er versuchte die Profilerin zu beruhigen, die unter Schock stand, nicht antwortete, einfach nur dastand und ins Leere starrte, während unaufhörlich Tränen über ihr Gesicht strömten.
Währenddessen kümmerten sich die beiden Rettungssanitäter um Wenger. Einer trat dichter an den leblos scheinenden Körper des Hünen heran, beugte sich zu ihm herunter und nahm diesen eigenartigen Geruch wahr.
»Zyankali – wir müssen ihn mit einem Schlauch beatmen, wenn wir nicht riskieren wollen, bald neben ihm zu liegen!«
»Schnell«, rief er seinem jungen Kollegen zu, der einige Mühe hatte, in der Hektik das passende Beatmungsset zu finden.
»Sauerstoff«, brüllte der Notarzt. Diese verdammten Anfänger, warum nur musste er immer mit ihnen fahren?
Gemeinsam lagerten sie den Bewusstlosen vorsichtig auf eine Trage und brachten ihn zum Rettungswagen, den sie am Haupteingang des Friedhofs geparkt hatten.
Noch immer war die junge Kommissarin vollkommen fassungslos und machte sich schwere Vorwürfe.
Warum hatte diese Bestie Max erschossen und nicht versucht, sie ebenfalls zu töten? Warum war ihr Kollege vorgeprescht, noch dazu ohne Sicherheitsweste? Sie hätte es verhindern müssen! Verzweifelt stützte die Profilerin ihren Kopf in ihre Hände und atmete schwer. Was nur musste der Mensch in seinem Leben alles erleiden, und wie viel konnte er ertragen, bevor er zusammenbrach? Und wofür das alles, wenn am Ende des Weges doch nur der Tod wartete?
Erst jetzt spürte sie schmerzlich, wie schnell das Leben vorbei sein konnte. Ein Leben, das, verglichen mit der Unendlichkeit des Universums, nur ein paar Augenblicke lang war. Nichts würde nach diesem Einsatz mehr so sein, wie es vorher gewesen war.
Wie so oft in solchen Situationen fragte sie nach dem Sinn dieses absurden Todes. Sie fühlte sich ohnmächtig, hilflos und schwach.
Aber da war noch etwas, das sie spürte: Wut und den Wunsch nach Rache.
Drei Menschen hatte Wenger auf dem Gewissen. Sie hoffte inständig, dass seine Seele keine Ruhe finden würde.
Niemals!
»Wer mit Ungeheuern kämpft,
mag zusehn, dass er nicht
dabei zum Ungeheuer wird.
Und wenn du lange in einen
Abgrund blickst, blickt der
Abgrund auch in dich hinein.«
Friedrich Nietzsche
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