Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
Vom Netzwerk:
Plan war gescheitert, also musste er sich etwas Neues ausdenken. Dass sein Auftraggeber es sich anders überlegt hatte, interessierte Wulf nicht, für ihn war die ursprüngliche Abmachung bindend. Den Ketzer zu töten und sich selbst damit unsterblich zu machen, war wie ein innerer Zwang für ihn; außerdem hatte die Jungfrau ihm diesen Wunsch in Träumen enthüllt. Wenn ihm die Tat gelang, würde man sich noch in Jahrhunderten davon erzählen: »Während des Reichstags zu Worms, im Angesicht des Kaisers, richtete Wulf Kramer, der Armbrustschütze, den Ketzer hin!« Anschließend würde er untertauchen. Um Brangenberg und das Geld, das ihm noch zustand, würde er sich später kümmern; der Bischof musste zahlen, wenn ihm sein Leben lieb war.
    Wulf fielen drei Wagen auf, die hintereinanderfuhren; sie unterschieden sich von den anderen dadurch, dass sie bunt und fröhlich wirkten, Fahnen und Stoffbänder flatterten im Wind, Pfannen und Kessel hingen seitlich von den Wagen und klapperten laut. Zur Reisegruppe gehörten viele Kinder, die zum Teil auf den Wagen saßen, zum Teil nebenherliefen. Nun bogen sie von der Straße ab und kamen genau auf Wulf zu. Die Linde, das sah man an Ascheresten, Abfällen und am platt getretenen Gras, diente Reisenden häufig als Rastplatz. Wulf überlegte, ob er verschwinden sollte, aber plötzlich kam ihm eine Idee, und er entschied sich zu bleiben.
    Die Wagen wurden von Ochsen und Maultieren gezogen, manchmal schwankten sie bedenklich, wenn sie über Steine und Wurzeln fuhren, während sie den weithin sichtbaren Baum ansteuerten. Wulf blieb sitzen und kaute auf seinem Grashalm, neben ihm lag der Sack mit der Armbrust, den er während der Flucht gerettet hatte. Die Kinder bemerkten ihn zuerst und liefen auf ihn zu, drei Jungen, zwei Mädchen und ein Hund, der an Wulfs Stiefel schnupperte. Einer der Jungen, welcher eine Jacke mit roter Kapuze trug, sagte: »Wir fahren nach Worms. Wo willst du hin?«
    Â»Auch nach Worms«, sagte Wulf.
    Â»Wie heißt du?«, fragte ein Mädchen. Es lispelte und hatte zwei schwarze Zöpfe.
    Â»Ich heiße Wulf. Was macht ihr in Worms?«
    Â»Wir tanzen und singen, und er …«, sie zeigten auf den Jungen mit der roten Kapuze, »sammelt das Geld ein.«
    Â»So ist es recht«, sagte Wulf, derweil die Wagen mit den Erwachsenen sich näherten. »Wartet! Ich habe etwas für euch.« Er öffnete seinen Geldbeutel, den er am Gürtel trug und holte eine Münze hervor. »Komm her!«, sagte er zu dem Jungen mit der roten Kapuze. »Wie heißt du?«
    Â»Gernold.«
    Er gab ihm das Geldstück. »Das teilt ihr euch! Verstanden?«
    Die Kinder umringten Gernold. »So viel!«, riefen sie. Der Hund mischte sich unter die Kinder und hob seine Schnauze. Nun machten auch die anderen Wagen Halt. Wulf zählte insgesamt etwa zwanzig Kinder und zehn Erwachsene. Ihre Haut war bräunlich, und die meisten hatten schwarze Haare; Wulf fand besonders die Frauen und Mädchen bildschön. Aber die Leute waren arm, das sah man auf den ersten Blick. Und diese Tatsache würde er sich zunutze machen.
    Ein Mann kam auf ihn zu, offenbar der Anführer der Truppe: schlank, groß gewachsen und mit einer Nase, die an den Schnabel eines Habichts erinnerte. »Werter Herr, ich hoffe, die kleinen Ungeheuer belästigen Euch nicht«, sprach er mit wohlklingender Stimme und deutete höflich eine Verbeugung an.
    Â»Keineswegs!«, erwiderte Wulf. »Ich habe ein Herz für diese Bestien.«
    Â»Schau, was er uns gegeben hat, Papa!«
    Gernold hielt seinem Vater das Geldstück hin. Dieser warf einen scharfen Blick auf die Münze, ehe er sie mit geübtem Handgriff einsackte; nun wandte er sich Wulf mit einem Lächeln zu, für das freundlich ein zu schwaches Wort war. »Teuerster Freund«, sagte er, »wie selten findet man auf der Welt Menschen mit einem Herz aus Gold?!«
    Â»Fürwahr«, erwiderte Wulf, »Ihr sprecht eine große Wahrheit gelassen aus.«
    Â»Umso mehr beglückt mich die Freude, Euch kennenzulernen.«
    Wulf stand auf und musste lächeln. »Die beglückende Freude ist ganz auf meiner Seite.« Sie gaben sich die Hand. »Prächtige Kinder habt Ihr, eine Augenweide!« Das meinte Wulf ernst, und er schaute den Frauen zu, die Decken auf dem Boden ausbreiteten und aus Körben Essen hervorholten; die

Weitere Kostenlose Bücher