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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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Kinder liefen herbei.
    Â»Möchtet Ihr vielleicht an unserem bescheidenen Mahl Anteil nehmen?«
    Â»Das wäre mir eine freudige Wonne.«
    Sie lagerten um die Körbe, aßen Brot mit Hartkäse, die Kinder lärmten, und alle redeten durcheinander. »Es scheint mir, als hätten wir denselben Weg«, sagte Wulf, der neben dem Anführer saß. »Dürfte ich mich Euch bis nach Worms anschließen?«
    Â»Darüber brauchen wir kein Wort zu verlieren. Wie Ihr seht, sind wir Schausteller und hoffen auf ein gewogenes Publikum beim Reichstag. Es ist nur noch ein Katzensprung.«
    Wulf öffnete seinen Geldbeutel und gab dem Mann eine weitere Münze; diesem stand vor Überraschung der Mund offen, denn er hielt einen Gulden in der Hand.
    Â»Wenn ich mich nicht täusche«, sagte Wulf, »so sitze ich einem Mann gegenüber, der nicht nur etwas für sich behalten kann, sondern der auch das Herz am rechten Fleck trägt.«
    Â»Ihr trefft in beiden Fällen den Nagel auf den Kopf«, sagte der Schausteller. »Könntet Ihr vielleicht genauer umschreiben, was Ihr damit meint: das Herz am rechten Fleck tragen?«
    Â»In meinen Augen trägt ein Mensch das Herz am rechten Fleck, der offen ist für ungewöhnliche Ideen und mit sich handeln lässt.«
    Â»Dem stimme ich ohne Vorbehalt zu.«
    Wulf schob sich ein Stück Brot in den Mund. »Wie soll ich mich ausdrücken?« Er kaute nachdenklich. »Es ist so: Ich möchte in die Stadt einreisen, ohne erkannt zu werden. Verstehen wir uns recht?«
    Â»Ohne jeden Zweifel.«
    Â»Nun kam mir eine Idee.«
    Â»Ã–ffnet mir Euer Herz, guter Mann, zögert nicht.«
    Â»Wie Ihr seht«, sagte Wulf, »sind einige Eurer Kinder und ich in etwa gleich groß.«
    Â»Das mag sein«, erwiderte der Schausteller. »Allerdings habe ich den Wert eines Menschen nie nach seinem Körperwuchs beurteilt. Wahre Größe bemisst sich allein am Geist.«
    Â»Wir denken wie Brüder«, sagte Wulf. »Nun, mir scheint, als könnten mir die Sachen Eures Sohnes Gernold genau passen.«
    Der Schausteller schaute ihn ein wenig verständnislos an.
    Â»Ich meine die Hose und die Jacke mit der roten Kapuze.«
    Â»Das ist Kinderkleidung.«
    Â»Genau deshalb würde ich sie gerne tragen. Ich möchte in dieser Kleidung, auf einem Eurer Wagen sitzend, das Stadttor passieren. Gutes Gelingen vorausgesetzt, würde ich Euch dafür einen weiteren Gulden zahlen.«
    Â»Es wäre beschämend«, sagte der Schausteller, »wollte ich mit einem Mann von Eurem Format auch nur einen Moment länger handeln – abgemacht.« Er reichte Wulf die Hand, und der schlug ein.
    Etwa eine Stunde später näherten sich drei Wagen einem Tor mit Wachturm, der sogenannten Mainzer Pforte. Wulf saß im mittleren der drei offenen Wagen, umringt von einer Schar Kinder, und zu seinen Füßen lag der Hund. Er hatte die rote Kapuze übergezogen und neigte den Kopf nach vorn, sodass man sein Gesicht nicht sah. In jeder Hand hielt er eine roh geschnitzte Holzfigur, die er auf dem Boden des Wagens bewegte, als veranstalte er mit ihnen ein Spiel.
    Wulf hörte, wie der Torwächter die Schausteller aufforderte, ihre Wagen anzuhalten und sie auf die Seite zu fahren, seine Stimme klang ziemlich unfreundlich. Wulf konnte sich die Ursache denken, denn die Stadt war bereits voller Spielleute und Schausteller. Wahrscheinlich kamen aus allen Himmelsrichtungen ständig neue Wagen angefahren.
    Â»Ihr könnt nicht mit euren Wagen in die Stadt«, sagte der Torwächter.
    Â»Dann lagern wir vor den Toren.«
    Â»Wir haben bereits zu viele von eurer Sorte, ihr müsst wieder umkehren.«
    Â»Aber wir sind seit über einer Woche unterwegs.«
    Â»Das ist euer Pech, niemand hat euch gerufen.«
    Â»Aber wenn wir die Wagen vor der Stadt lassen …«
    Â»Wir brauchen euch nicht, macht, dass ihr fortkommt!«
    Wulf hielt immer noch die Spielsachen in Händen, bewegte sie aber nicht, weil er gespannt dem Gespräch lauschte, derweil Händler und Kaufleute, Reiter und Bauern aus dem Umland mühelos das Tor passierten, wo ein zweiter Wachhabender stand. Wulf erinnerte sich, in der Stadt an jeder Ecke Gaukler und Spielleute gesehen zu haben. Irgendwann gab es keinen Platz mehr für Neuankömmlinge, und wahrscheinlich hatte man die Wachleute instruiert, kein fahrendes Volk mehr hereinzulassen

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