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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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ausladenden Giebelseite, deren Fachwerk sich im Mondlicht wie gespenstische Adern abzeichnete, war das Haus insgesamt schmal gebaut. Die Balken bildeten ein Muster, das zusammen mit zwei Fensterläden an ein Gesicht erinnerte. Caspar blieb knurrend vor dem Haus stehen.
    »Sei still! Du verrätst uns noch«, flüsterte Jost, doch die Botschaft kam nicht an.
    »Still!«, zischte Anna, und diesmal reagierte das Tier sofort. Jost schüttelte den Kopf, während sie die Zügel der Pferde an einen Haselnussstrauch banden. Anna kniete neben Caspar nieder. »Such Martha! Wenn du sie findest, bekommst du einen Riesenknochen.«
    »Glaubst du vielleicht, er versteht das?«, fragte Jost.
    Caspar aber eilte schnurgerade auf das Haus zu, sodass Anna und dem kopfschüttelnden Jost nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen. Sie passierten ein Gestrüpp, bogen um die Ecke des Gebäudes und fanden an der Schmalseite eine Tür, die verschlossen war. Jost und Anna lauschten, hörten aber nichts. Auf der Rückseite des Gebäudes befand sich ein zweiflügeliges, ebenfalls verschlossenes Tor, allerdings konnte Jost kein Schloss entdecken. Caspar zerrte an der Leine und ließ sich kaum noch bändigen.
    »Das sieht mir nach einer Werkstatt aus.«
    »Sieh mal, Jost, da scheint Licht durch die Ritze – ganz schwach.«
    Nun bemerkte auch er den rötlichen Schimmer. Er zog seinen Dolch, den er am Gürtel trug, und fuhr damit in die Spalte zwischen den Torflügeln, bis er auf einen Riegel stieß, der sich nicht bewegen ließ. Jost steckte den Dolch weg und zog sein Schwert, schob es unter die Tür und benutzte die Waffe als Hebel. So ließ sich der rechte Flügel aus den Angeln heben; da er durch eine Metallstange mit dem linken Flügel verbunden war, kippte er nicht um. Von drinnen drang kein Laut. In vollkommener Finsternis glühte ein roter Fleck. Die Feuerstelle?
    »Jost, da ist jemand, ich spüre es.«
    Er hatte im Krieg gelernt, auf Eingebungen zu achten, auch wenn sie sich nicht erklären ließen. »Dann warte hier!«
    »Pass auf dich auf!«
    Jost zwängte sich durch den Türspalt nach innen. Es dauerte lange, bis er Umrisse erkannte und ihm klar wurde, dass er sich in einer Schmiede befand. Er ertastete ein an die Wand gelehntes Wagenrad. Ein dunkler Block in der Nähe des Ofens musste der Amboss sein.
    Jost machte einen Schritt auf die Glut zu und blieb stehen; dann ein zweiter Schritt – er horchte, nichts geschah. Jost wurde mutiger und näherte sich nun etwas schneller dem Schmiedeofen. In diesem Moment schien die Welt zu explodieren! Zunächst lautlos – es kam ihm so vor, als tauche aus dem Nichts unvermittelt ein Feuerball auf. Ein gleißend heller Lichtblitz, dem erst viel später der Knall folgte.
    Jost trug nach Art der Landsknechte eine eng anliegende Panzerjacke, Koller genannt; darüber eine aus Segeltuchlagen bestehende Steppjacke mit eisernem Schutz am Ellbogen. Seine gesamte Ausrüstung war in die Jahre gekommen, denn die Panzerjacke hatte er vor zwanzig Jahren nach einer Schlacht erbeutet und ihretwegen schon manchen Spott eingesteckt. Nun rettete sie ihm das Leben!
    Als er den Feuerball sah, wich Jost unwillkürlich zur Seite, spürte aber fast im gleichen Moment einen fürchterlichen Schlag am Arm, während seine Rippen Feuer fingen (so jedenfalls kam es ihm vor). Er taumelte gegen den Amboss und stürzte zu Boden. Panisch fasste er sich an die Seite und fühlte mit seinen Fingerspitzen, dass der Schuss die Steppjacke und den Koller zerrissen hatte. Jost spürte keinen Schmerz, wusste aber, dass dieser mit Verzögerung kam. Er fasste sich an den Ellbogen; der Eisenschutz, über eine Kette mit dem Schulterstück verbunden, hatte sich gelöst. Verzweifelt hörte er sich Fetzen eines Gebets stammeln.
    Jost hatte durch den Sturz die Orientierung verloren und konnte kaum oben von unten unterscheiden. Er streckte den Arm aus und berührte etwas Kaltes: Metall, der Amboss! Er umklammerte ihn mit beiden Händen und zog sich hoch – aber wo war sein Gegner? Er legte den Kopf schief, denn er hörte ein lautes Rattern, das alles andere übertönte. Erst nach einer ganzen Weile merkte er, dass der Lärm nicht von außen kam, sondern in ihm selbst tobte, in seinem Kopf. Sein Herz raste vor Angst. Er fasste sich wieder an die Seite, tastete mit zittrigen Fingern nach dem Einschuss. Wenn er nur etwas sehen könnte!
    Noch immer hatte er keine Ahnung, wo sich der Angreifer befand. Nur der Amboss bot ihm ein wenig Schutz; davon

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