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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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    Und so verging die Zeit bis zum nächsten Morgen wie im Flug.

ZWEITER TEIL

KAPITEL 20
    Im Mondlicht erkannte Wulf einen Bachlauf, der sich silbern durch Weideland schlängelte und schließlich in ein enges, bewaldetes Tal überging. Stand dort am Waldrand nicht ein Gebäude? Wulf war sich nicht ganz sicher. Er ging darauf zu, blieb manchmal stehen und lauschte, hörte aber keinen Hufschlag. Solange die Nacht währte, würde man ihn nicht entdecken. Aber bald graute der Morgen, und dann würden sie mit Pferden kommen und Hunde auf ihn hetzen, damit rechnete er fest. Er hasste Hunde, seit ein streunender Köter ihn fast zu Tode gebissen hatte – damals war er noch ein Kind gewesen.
    Die Flucht aus Wittenberg hatte Wulf völlig unvorbereitet getroffen. Er hatte nicht gewusst, dass man ihn beobachten ließ. Wer mochte wohl dahinterstecken? Als er den Gasthof durch den Hinterausgang verließ, um beim Cranachhof nachzuschauen, wie die Dinge standen, hatte sich der Mann, der auf ihn angesetzt war, durch ein Geräusch verraten. Wulf war nur mit knapper Not entkommen und hatte sich bei dem Scharmützel eine tiefe Wunde am Hals zugezogen. Lebte Luther noch? Wahrscheinlich war sein Plan gescheitert.
    Wulf brauchte ein Pferd, so viel stand fest, sonst würde er bald am Galgen baumeln. Mit schweren Beinen näherte er sich dem Eingang zum Tal: Zwischen hohen Bäumen zeichnete sich ein schwarzer Block ab – eine Mühle, wie er erkannte. Hoffentlich ein wohlhabender Müller, der ein Pferd besaß! Wulf trug keine Waffe bei sich, und der Verlust seiner Armbrust schmerzte ihn.
    Ein Hund knurrte, der Hof war also bewacht. Wulf blieb stehen. Der Hund knurrte erneut, aber als Wulf ein Pferd wiehern hörte, schlug sein Herz schneller. Nun würde er alles auf eine Karte setzen. Er brach einen Ast von einer Weide, die am Bach stand, griff ins Wasser und bekam einen Stein mit scharfen Kanten zu fassen. Damit spitzte er den Ast an, bis er einem Speer glich. Er musste den Hund lautlos töten und schnell handeln, denn die Zeit drängte!
    Wulf erreichte das Mühlrad, das stillstand; linkerhand lag das Wohnhaus, daneben ein weiteres Gebäude, aus dem zuvor das Wiehern gekommen war. Er wusste, dass manche Müller, die weit abseits wohnten, eine Abdeckerei betrieben – hoffentlich handelte es sich um keine Schindmähre! Er näherte sich dem Stall. Wieder bellte der Hund, diesmal kam es von links, vom Wohnhaus her. Hätte in dieser Nacht nicht der Mond geschienen, wäre es ihm schlecht ergangen, aber so sah er etwas auf sich zufliegen: schemenhaft, wie ein Schatten. Wulf fasste seinen Spieß mit beiden Händen und flehte im hintersten Winkel seines Unterbewusstseins die Schwarze Jungfrau an, dass sie ihn erretten möge. Dann stieß er zu. Das Tier jaulte und fiel zu Boden, aber sein Schmerzensgeheul zerriss die Stille der Nacht. Schon drangen Stimmen aus dem Haus. Wulf rannte auf das Stallgebäude zu, schob den Riegel zurück und stieß das Tor weit auf. Der Boden war mit Stroh bedeckt, das in verschiedenen Ecken raschelte, und es roch nach Dung. Offenbar waren hier Tiere untergebracht, die nun aufschreckten.
    Plötzlich türmte sich rechts von Wulf ein Ungetüm auf. Er konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite treten, sonst hätten ihn die Hufe eines Pferdes getroffen, das an seiner Leine zerrte, mit der es an einen Metallring gebunden war. Wulf redete beruhigend auf das Tier ein, aber er war selbst viel zu aufgeregt. In seiner Verzweiflung löste er den Knoten vom Metallring und fasste das Pferd bei der Mähne. Wie er auf den Rücken des Tieres gelangte, wusste er später selbst nicht. Das Pferd bäumte sich erneut auf, sodass er sich am Hals festklammern musste.
    Im Nachbargebäude wurde eine Tür aufgestoßen, Schritte polterten heran. Das Pferd drehte sich noch zweimal um die eigene Achse, dann gehorchte es Wulf. Er trat ihm in die Flanken, und es preschte aus dem Stall. Eine Heugabel flog durch die Luft, verfehlte jedoch ihr Ziel. Ohne dass Wulf das Pferd dorthin gelenkt hätte, galoppierte es am Bach entlang, folgte einem Weg, der breit genug war für einen Karren. Über die Flüche, die man ihm nachrief, lachte Wulf: Alles würde gut werden, er war jetzt in seinem Element.
    Am Tag vermied es Wulf, sich auf der Straße blicken zu lassen. Von Müdigkeit übermannt, verbarg er sich schließlich in einem Wald. Er band das Pferd an einem Baum fest, legte sich ins kühle Laub und schlief wie ein Toter. Später, wieder unterwegs, stahl er

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