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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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stromabwärts fuhr, entgegen, manche tief im Wasser liegend, andere ohne Ladung in der Mitte des Flusses unterwegs. Ein ganzes Stück voraus fuhr ebenfalls ein von Pferden gezogenes Schiff, ein weiteres folgte hinter ihnen. Wulf staunte, wie häufig sie an Zollstationen Halt machen und Wegesteuer entrichten mussten. Jeder Lokalfürst, jede freie Stadt wollte von der bedeutendsten Wasserstraße im Reich profitieren.
    »Wenn das so weitergeht, erreichen wir lange vor Einbruch der Dunkelheit die Loreley«, sagte Kapitän Hans, der es sich im Heck bequem gemacht hatte und den Wolken zuschaute. Dann aber, schon am Nachmittag, wehte der Wind noch heftiger und das Schiff schaukelte auf den Wellen.
    Wulf wurde übel, er wollte sich aber keine Blöße geben und bot alle Willenskraft auf, um sich nicht übergeben zu müssen. Zum Glück waren die anderen damit beschäftigt, ihr Gefährt in Ufernähe auf Kurs zu halten – so verging die Zeit, und es gelang Wulf, seinen Zustand einigermaßen stabil zu halten. Sie waren kurz vor der Loreley, bald hatte er es überstanden. Wenn er so aussah, wie er sich fühlte, musste sein Gesicht ganz grün oder gelb sein.
    Wulf schaute nach oben – und erstarrte. Der Himmel hatte schon vorher erneut sein Aussehen verändert, sodass die geschlossene Wolkendecke aus einem Gemisch dunkelgrauer und dunkelblauer Farbtöne bestand. Man musste damit rechnen, dass es bald kräftig regnen würde, aber der Kapitän wollte die Fahrt fortsetzen. »Wir sind nur ein paar Meter vom Ufer entfernt«, sagte er. »Wenn es nötig wird, legen wir an. Aber wir sind fast am Ziel, ich rieche schon das gute Essen, das uns meine Johanna bereiten wird.« Es gab Wulf allerdings zu denken, dass man schon seit einiger Zeit keine anderen Schiffe mehr sah. Als er die Augen zum Himmel hob, bemerkte er über einem der Hügel, dessen Bäume sich mit zartgrünem Laub bedeckten, eine Wolke – oder was immer das sein mochte. Das seltsame Gebilde hatte entfernt die Form einer Feder, war lang gestreckt, mit einer seitlich abbiegenden Spitze und tiefschwarz. So schwarz wie die Hölle, dachte Wulf – und er sollte Recht behalten.
    Die Wolke bewegte sich mit atemberaubender Geschwindigkeit. Wulf traute seinen Augen nicht. Was er da sah, war zu unwirklich, nicht einmal in einem Alptraum hätte er sich solche Bilder vorstellen können. Sämtliche Naturgesetze schienen außer Kraft gesetzt. Auf dem Hügel knickten die Stämme der Bäume weg, ganz schnell hintereinander, als seien sie Getreidehalme. In den ersten atemlosen Momenten schien das lautlos zu geschehen, nur der Wind brauste Wulf in den Ohren. Zunächst entstand ein Loch, dann eine Schneise. Wulf konnte kaum bis drei zählen, als auf dem Hügel kein Baum mehr stand. Erst dann erreichte der Lärm das Schiff.
    Der Kapitän und seine beiden Helfer fuhren herum, als sie das Donnern der berstenden Stämme hörten; es hallte im Tal wider, um ein mehrfaches Echo verstärkt. Schlagartig wurde es Nacht. Der ganze Himmel war pechschwarz. Wulf spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Er begriff, was wirkliche Todesangst von normaler, alltäglicher Angst unterschied. So sah der Weltuntergang aus, das war die Apokalypse!
    Alles ging viel zu schnell, um Details wahrzunehmen. Plötzlich kochte das Wasser, es brodelte und schäumte in die Höhe wie bei einem Topf, der überläuft. Dann packte ein Wirbel das Schiff, riss es nach oben und die über Seile mit ihm verbundenen Pferde ebenfalls. Das Schiff hob sich über das Wasser und schien für einige Augenblicke zu fliegen. Die kräftigen, schweren Pferde wirkten wie kleine Tonfiguren, mit denen Kinder spielen – jegliche Schwerkraft schien außer Kraft gesetzt. Wulfs Schreie, die seiner Begleiter, die Agonie der Tiere, das Krachen und Bersten der Holzteile, das Heulen des Sturms – alles floss zusammen in diesem Höllenspektakel. Wulf ahnte, dass gleich alles vorbei sein würde, dass er in einen Abgrund fiel, aus dem es kein Zurück gab.
    Aber noch war es nicht so weit, das Schiff schlug wieder auf dem Wasser auf, sein Bug neigte sich fast senkrecht nach unten. Wulf war, ohne zu wissen wie, in der Mitte des Schiffes gelandet. Seine Rippen fühlten sich an, als habe man ihm mit dem Hammer dagegengeschlagen. Er war gegen ein Holzteil gerammt: Es war der Mast, der seine Spitze nicht zum Himmel, sondern auf das Wasser richtete. Wulf umklammerte ihn mit beiden Armen. Etwas flog an ihm vorbei in den Abgrund: Kapitän Hans.
    Als Wulf

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