Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
Vom Netzwerk:
kleines Hospital für Leprakranke. Derjenige, der das Geld überbringt, soll dem Weg folgen, der vom Stadttor zum Hospital führt. Ich werde ihn unterwegs, an einer Stelle, die ich für passend halte, abfangen. Brangenberg kennt den Betrag, der noch aussteht: Ich möchte ihn in Rheinischen Goldgulden ausgezahlt bekommen.«
    »Selbst wenn wir die Absicht hätten, Euch auszuzahlen, wären wir dazu nicht in der Lage, denn so viel Geld führen wir nicht bei uns. Außerdem verschlingt die Hofhaltung in Worms Unsummen.«
    Wulf lächelte, was Richard von Katzenelnbogen aber nicht bemerkte, weil er nach vorn zum Hochaltar schaute. Vom Haupteingang und von den Seiteneingängen strömten Besucher herbei und füllten die Reihen, aber noch immer saßen Wulf und Richard abseits. Der Secretarius schien sich unwohl zu fühlen, ständig drehte er den Kopf kurz zur Seite und versicherte sich aus den Augenwinkeln, dass Wulfs Hände auf der Bank lagen. Er mochte sich mittlerweile selbst verfluchen, dass er die Bank vor Wulf gewählt hatte und nicht die hinter ihm. Der gute Mann war mit der Führung einer Kanzlei sicher bestens vertraut – aber nicht im Umgang mit Menschen wie Wulf. Und einen Sonderauftrag wie jenen, den er gerade ausführte, hatte er wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben bekommen.
    »Brangenberg soll sich an die Fugger wenden oder an andere Geldverleiher, zudem gibt es hier in Worms eine große Judengemeinde, und es sollte für einen Bischof von seinem Rang kein Problem sein, dort Geldgeber zu finden.«
    »Es war abgesprochen, dass Ihr den Mord in Wittenberg ausführt – und zwar unauffällig.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Ein Attentat in Worms ist völlig gegen unsere Interessen.«
    »Brangenberg hat mir die Freiheit gewährt, die Umstände selbst zu wählen: Das war unser Vertrag.«
    »Weshalb seid Ihr so halsstarrig? Warum wollt Ihr Luther ausgerechnet jetzt töten?«
    »Die Schwarze Jungfrau hat es mir befohlen.«
    Wieder fuhr Richard abrupt herum und starrte Wulf in die Augen. »Von wem redet Ihr?«
    »Sie ist mir im Traum erschienen.«
    »Das ist nicht der Moment für schlechte Scherze.«
    Wulfs Wangen zuckten und seine Mundwinkel verzerrten sich. Die Welt war Babel; Menschen missachteten Absprachen und zogen Heiliges in den Schmutz; die Welt war reif für die Apokalypse, für die Reiter, die Verderben brachten und Tod; reif für ein Reinigungsbad – nur die Berufenen würden überleben.
    »Ihr urteilt wie ein Blinder von der Farbe«, sagte Wulf.
    »Was redet Ihr von einer Schwarzen Jungfrau? Wer soll das sein?« Richard war aufgebracht, in seinen Augen brannte wieder das Feuer, und die Verärgerung hatte seine Angst verdrängt.
    Manchmal fühlte Wulf sich leer und verbraucht, das konnte von einem Moment auf den anderen geschehen, wenn er enttäuscht war und verbittert, wenn er sich verraten wusste. In diesem Augenblick hörte er Orgelmusik. Spielte sie sich in seinem Kopf ab oder begann der Gottesdienst?
    »Ein schlechter Scherz, so sagtet Ihr gerade, nicht wahr?«
    »Es gibt sie nicht, und es gab sie nie. Sie existiert nur in Eurem verrückten Kopf, denn Ihr seid wahnsinnig!«
    Wulfs Augen füllten sich mit Tränen, sein Gesichtskreis verschwamm, die Orgelmusik füllte seine Gedanken. Die getragene, weihevolle Musik stimmte ihn ein auf das, was nun unumgänglich geschehen musste. Im Hintergrund, am Altar, bewegten sich purpurfarbene, weiße, grüne, blaue, rote und goldene Flecke, sie verschoben und vermischten sich, seine Wangen brannten, die Farbflecke kamen zur Ruhe. Dann erklang Chorgesang und die Musik hatte auf Wulf eine reinigende Wirkung. Er schloss die Augen und fuhr sich mehrmals mit den Händen über das nasse Gesicht.
    Als er die Augen öffnete, sah er wieder klar: Rechts und links vom Chor saßen hohe kirchliche Würdenträger in seidenen Gewändern und prächtigen Mänteln. Richard schaute nach vorn und überlegte wahrscheinlich, was nun zu tun sei.
    Wulf zog das Messer aus seinem Stiefel hervor. Die meisten Gottesdienstbesucher saßen vor ihnen, einige aber auch hinten in den letzten Reihen. Deshalb hielt er das Messer so, dass niemand es sehen konnte, während er es unter Richards weiten Mantel schob. Wulf beugte den Kopf weit nach vorne, bis er mit der Stirn die linke Hand, die immer noch auf der Vorderbank ruhte, berührte. Richard zuckte zusammen, als er die Messerspitze in seinem Rücken spürte, doch leider konnte Wulf sein Gesicht nicht sehen.
    »Ganz brav«, sagte Wulf. Er

Weitere Kostenlose Bücher