Die Macht der Angst (German Edition)
Warum das Ganze aufs Spiel setzen? Vergiss die Vergangenheit! Sieh nach vorn!«
Kev atmete langsam und lautlos aus. »Das kann ich nicht.«
»Warum nicht? Was immer du entdeckst, könnte sich als riesige Enttäuschung für dich entpuppen! Du könntest Eltern haben, wie meine es waren.«
Diese düstere Perspektive hing weiter in der Luft, während die Flammen das Holz erfassten.
Schließlich stand Kev auf. »Vor zwei Nächten drückte jemand Edie ein Messer an die Kehle«, erklärte er. »Sie wird eines versuchten Mordes verdächtigt. Ihr Vater will sie in die Psychiatrie einweisen lassen, um sie von mir fernzuhalten, weil er mich für Abschaum hält. Es gehen seltsame Dinge vor sich, Bruno. Jetzt ist nicht die Zeit zu relaxen oder irgendetwas als gegeben hinzunehmen. Wir haben einen weiten Weg vor uns, ehe wir auch nur die Talsohle erreichen.«
Bruno wirkte niedergeschlagen. »Was hat deine Vergangenheit mit diesem ganzen Mist zu tun?«
»Wahrscheinlich nichts. Trotzdem kann ich nicht weiter Scheuklappen tragen. Ich muss wissen, was passiert ist, wenn ich auch nur die geringste Chance auf eine gemeinsame Zukunft mit Edie haben will.«
Bruno seufzte. »Schon gut«, brummte er resigniert. »Wenn du meinst.«
Edie kam komplett bekleidet aus dem Bad, das feuchte Haar zurückgekämmt und zu einem schlichten, straffen Zopf geflochten. Lächelnd wünschte sie Bruno einen guten Morgen. Bruno wirkte merkwürdig verlegen. Hätte Kev es nicht besser gewusst, hätte er tatsächlich angenommen, dass sein kleiner Bruder schüchtern auf sie reagierte.
Dank Tante Rosas großzügiger Spende schlugen sie sich zum Frühstück die Bäuche mit cholesterinhaltigem Essen voll. Trotzdem blieb noch reichlich für Brunos und Edies Mittagessen übrig. Mit Plänen für das Abendessen würde Kev sich befassen, sobald er einen Blick in die Akten geworfen hatte.
Die Zeit drängte, denn er hatte noch die lange Rückfahrt in die Stadt vor sich. Edie folgte ihm aus der Hütte, und ihm fiel nur noch ein letzter Grund ein, um den Abschied hinauszuzögern. Kev ging in die Hocke und schnallte das Knöchelhalfter ab, in dem sein Revolver steckte. »Dies ist eine SP 101 Ruger. Ich zeige dir schnell, wie man sie benutzt. Komm hierher.«
Sie riss die Augen auf. »Auf keinen Fall. Ich will das Ding noch nicht mal anfassen.«
»Pech für dich. Und jetzt komm her. Fünf Minuten, mehr kann ich nicht erübrigen.«
Edie schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken –«
»Es ist mir scheißegal, womit du dich wohlfühlst. Dass irgendwo da draußen Kidnapper auf dich lauern, damit fühle ich mich nicht wohl!«
Sein Tonfall brachte sie dazu, die Lippen aufeinanderzupressen. »Ich glaube nicht, dass fünf Minuten auch nur annähernd genügen, um zu lernen, wie man mit einer Schusswaffe umgeht!«
»Bist du es wert, verteidigt zu werden?«, fragte er scharf.
»Ja!« Edie reckte das Kinn vor. »Lieber Gott, Kev!«
»Dann sei darauf vorbereitet, dich selbst verteidigen zu müssen. Und wenn du nur fünf Minuten hast, um zu lernen, wie man das anstellt, dann musst du eben schnell lernen.«
»Aber … aber ich dachte …« Edies Blick huschte zu Bruno.
»Du dachtest, ich hätte ihn hier heraufbeordert, um dich zu beschützen?«, brachte er ihren Satz zu Ende. »Ja, das habe ich. Und weiter?«
Er suchte Brunos Blick, und sein Bruder zeigte sich der Situation gewachsen.
»Sie könnten mich töten«, erklärte er ihr. »Und dann bist du erledigt. Aber wenn du eine Waffe trägst, hast du noch immer eine Chance. Sechs, um genau zu sein.«
Edie wirkte erschüttert.
»Hast du irgendwo noch mehr Munition für die Knarre?«, fragte er Kev.
»In der Hütte. Oberste Küchenschublade.«
»Fantastisch.« Bruno schien sich über die Aussicht zu freuen. »Wir werden uns den Vormittag mit Schießübungen vertreiben. Freizeitunterhaltung. Die Zeit wird nur so verfliegen.«
Gut. Also würde Bruno den Unterricht übernehmen. Kev kniete sich hin und schob das weite, ausgefranste Hosenbein von Edies Jeans hoch. Genau das richtige Outfit, um ein Knöchelhalfter zu verbergen. Er schnallte es um ihr schlankes Bein, dann gönnte er sich einen Augenblick, um mit der Hand über ihre wohlgeformte Wade zu streichen. Sie trug noch immer die flauschigen Ringelsocken, und die Erinnerung an die Erotik der vergangenen Nacht wirbelte durch seinen Kopf.
Kev stand auf. Noch immer wütend über seine Standpauke, starrte Edie ihn an. Er zog sie in die Arme und
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