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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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lächelnde, lebendige Gesicht des Mädchens überlagerte. Das blicklose Starren blauer Augen.
    Edies Stimme versagte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und eine Welle der Übelkeit rollte über sie hinweg.
    »Halten Sie sich von Craig fern«, platzte sie heraus.
    Die Miene des Mädchens erstarrte. »Was wissen Sie über Craig?«
    »N-n-nichts«, stammelte Edie. »Es kam mir spontan in den Sinn, das zu sagen.«
    »Warum?« Das Mädchen beugte sich über den Tisch. »Wieso kam es Ihnen in den Sinn? Schlafen Sie mit ihm? Kennen Sie jemanden, der es tut?«
    »Nein«, flüsterte Edie. »Ich habe keine Ahnung, wer dieser Craig ist. Aber er ist Gift für Sie. Lassen Sie ihn fallen. Laufen Sie weg.«
    »Aber ich liebe Craig!« Dem Rotschopf traten schier die Augen aus dem Kopf. »Und er liebt mich! Darum … halten Sie sich von ihm fern! Seien Sie einfach still. Reden Sie nicht über ihn!«
    Wieso nur tat sie sich das immer wieder selbst an? Warum ging ihre psychische Gabe nicht mit einem Schutzmechanismus einher, der ihr sagte, wann es Sinn hatte, eine Warnung auszusprechen und wann nicht?
    »Bitte entschuldigen Sie«, ruderte Edie zurück. »Die Sache geht mich nichts an.«
    »Seien Sie still«, wiederholte das Mädchen zittrig. »Sie … Sie neugierige Hexe.« Sie schnappte sich ihr Buch, dann stürmte sie davon, Leute aus dem Weg stoßend.
    Edie erschauderte, denn sie sah noch immer diese leeren, hervorquellenden Augen. Die dunklen Abdrücke an ihrem Hals. Würgemale. Um Gottes willen. Aber vielleicht, nur vielleicht, würde ihre Warnung am Ende doch das Schlimmste verhindern. Sie konnte es nur hoffen. Es war ein bestürzendes Gefühl der Hilflosigkeit. Sämtliche Alarmglocken schrillten, aber es gab keinen Knopf, um sie auszuschalten.
    Mit Ausnahme von Medikamenten. Doch dann müsste Edie lähmende Antriebslosigkeit in Kauf nehmen. Ohne ihre Bleistifte, ihre Zeichenkohle, ihre Tinte. Das war ihr Ausschaltknopf, falls sie die Konsequenzen aushalten konnte. Doch das konnte sie nicht.
    Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf und schaute hoch.
    Das rothaarige Mädchen, sein todbringender Liebhaber und alles andere, was Edie je gedacht oder gewusst hatte, waren schlagartig vergessen. Inklusive ihres eigenen Namens.
    Vor ihr stand Fade Shadowseeker.

6
    Edie rieb sich die Augen, sah wieder hin. Noch immer da. Noch immer er, außerordentlich groß und muskulös. Sein Gesicht war schmal, mit tiefen Mulden unter den hervorstehenden Wangenknochen. Sein stacheliges Haar, dieser breite, ernste Mund. Die Narben. Der unsichtbare Schirm kontrollierter Energie, der um ihn vibrierte und wie mit einer Million winziger, kitzelnder Finger über Edies Körper strich, obwohl der Tisch sie mehr als einen Meter voneinander trennte.
    Das durchdringende Grün seiner Augen verjagte jeden klaren Gedanken aus ihrem Kopf, dieser Blick, der jede Maske durchschaute. Edie kannte dieses Gesicht, obwohl sie es nur ein einziges Mal gesehen hatte. Diese Augen waren unverwechselbar. Diese Narben. Sie hatte die Wunden gesehen, die sie verursacht hatten. Leider.
    Sie konnte nicht atmen, konnte nicht einmal blinzeln. Ihre Blicke waren miteinander verschmolzen. Seine Augen glühten vor Emotion. In einem prangte ein blutroter Fleck. Er hob das Grün noch intensiver hervor.
    Die Frau hinter ihm in der Schlange räusperte sich. Fade trat vor und legte seine Bücher auf den Tisch, dann streckte er ihr die Hand entgegen.
    Edie nahm sie und schnappte nach Luft, als ein kribbelnder Schauder gleich einem heftigen, Grashalme und Blattwerk in Aufruhr versetzenden Windstoß ihre Haut überlief. Hunderte winziger Schellen und Glöckchen stimmten in ihrem Innersten ein helles Geläut an.
    Sie starrte auf ihre Hand, die in seiner verschwunden war. Ihre Presseagentin trat zu ihr und hüstelte verhalten. »Edie? Sie müssen allmählich zum Ende kommen.«
    Sie versuchte zu antworten, aber es drang nur ein heiseres Krächzen aus ihrer Kehle. Der Mann schaute reglos wie eine Statue auf sie herab. Er war so still, so überwältigend. So unfassbar schön. Wie ein Gletschersee, wie eine tosende Brandung, wie aufeinandergeschichtete Wolkenbänke. Wie ein wildes Tier. Wie eine entfesselte Naturgewalt.
    Sie räusperte sich. »Ich schreibe mit rechts«, informierte sie ihn mit brüchiger Stimme. »Sie müssen meine Hand loslassen, wenn ich Ihre Bücher signieren soll.«
    Er tat es. Edie guckte auf ihre Finger, als erwartete sie, dass sie sich durch den flüchtigen Kontakt irgendwie

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