Die Macht der Angst (German Edition)
einem Gefängnis –«
»Du wusstest, wo ich hingehe. Wir hatten das besprochen, und zwar in aller Ausführlichkeit!«
»Du hast mich verarscht! Wir hatten eine Abmachung! Du wolltest auf einen Sprung in dem Buchladen vorbeischauen, sie dir ansehen und mich anschließend anrufen!«, wetterte Bruno. »Aber du hast dein beschissenes Handy ausgeschaltet!«
Kev verspürte einen Anflug von Schuldbewusstsein. Er hatte das nur versprochen, um Bruno von der Backe zu kriegen. Doch in dem Moment, als er in diese Engelsaugen geblickt hatte, war alles andere vergessen gewesen. Es hatte nichts mehr für ihn existiert außer Edie. Er verkniff sich ein Lächeln, aber Bruno verstand es meisterlich, in Gesichtern zu lesen, sogar in einer ausdruckslosen, vernarbten Maske wie Kevs.
»Was ist so verflucht witzig?«, knurrte sein Bruder. »Hast du mit ihr gesprochen? Wo seid ihr hingegangen? Was ist passiert? Du hast etwas Dummes angestellt, oder? Ich weiß es. Ich kann es riechen.«
»Mann, Bruno. Komm wieder runter.«
Bruno setzte zu einer Erwiderung an, hielt dann aber inne. »Du lächelst ja«, stellte er fest. »Was hat es damit auf sich? Nimmst du irgendwelche neuen Schmerztabletten?«
Kev schüttelte den Kopf. Bruno trat näher und kniff die Augen zusammen.
»Warte. Du hast dieses Mädchen gesehen, richtig? Du bist auf sie zugegangen und hast mit ihr gesprochen. Du hattest versprochen, das nicht zu tun. Du verlogener
Drecksack
!«
Kev hatte Bruno nie von seinem kleinen Engel erzählt. Nun schien nicht der passende Zeitpunkt, ihm zu erklären, dass er und Edie sich schon früher begegnet waren.
Er schlüpfte aus seinem Mantel. »Lass mich in Ruhe. Ich bin müde.«
Brunos Miene hellte sich auf. »Oh, mein Gott. Du hast Sex gehabt, stimmt’s? Du hast nicht nur mit Edith Parrish geredet, du alter Schmutzfink. Du hast sie genagelt.«
Kev zuckte zusammen. Was sich zwischen ihm und Edie abgespielt hatte, ließ sich nicht auf diese krude Phrase reduzieren. »Sprich nicht so über sie.«
Aber Bruno hüpfte vor diebischer Freude durchs Zimmer, ganz der Zwölfjährige, der er im Herzen noch immer war. »Ich fasse es nicht! Warum hast du sie nicht mit hierhergebracht?«
»Ich habe es versucht«, brummte Kev. »Sie hat heute Abend schon was vor. Sie muss zu einem Bankett von Helix, um ihren großen Zampano von einem Vater zu ehren, weil der in den Ruhestand tritt. Danach habe ich eine Verabredung mit ihr.«
Bruno schnaubte laut wie ein Hengst. »Mir wird noch ganz schwindlig. Du triffst Edie Parrish, landest mit ihr im Bett, dann lässt du dir von den Leibwächtern ihres Vaters die Scheiße aus dem Leib prügeln, und jetzt willst du sie auch noch ausführen? Und all das schafft unser geheimnisumwitterter Kevlar an einem Tag.«
»Ich habe gesagt, dass du nicht so über sie sprechen sollst«, wiederholte Kev. »Außerdem haben nicht sie mich verprügelt, ich habe sie verprügelt.«
»Donnerwetter!« Bruno blinzelte. »Und, wie war es? Wie ist sie?«
Kev schaute seinen Bruder stirnrunzelnd an. »Das ist Privatsache.«
Bruno wackelte mit den Augenbrauen. »Damit meine schmutzigen Gedanken deiner strahlenden Göttin nicht zu nahe kommen? Damit ich sie nicht besudle mit meinen lüsternen –
hmpf
!«
Kev schmetterte ihn gegen die Wand. Sein Bruder wehrte sich und zog an Kevs Hand, die seine Kehle zudrückte. »Ich meine es ernst.« Kevs Ton war stählern. »Sei respektvoll, sonst schlage ich dich zu Brei.«
Bruno rang theatralisch um Luft, doch er konnte nicht verhindern, dass ein Grinsen die Grübchen, die Edie so sehr bewundert hatte, herausmeißelte. »Du hast heute viel Energie«, krächzte er mit beeindruckter Miene.
»Du machst dir keine Vorstellung.« Kev hielt Bruno noch einen Moment gegen die Wand gepresst, während er beschloss, Edies sensationelle Enthüllung fürs Erste für sich zu behalten. Es bestand kein Grund, einen Eifersuchtsanfall bei Bruno zu provozieren, solange er nicht mehr wusste.
Er ließ ihn los. Bruno massierte sich mit gedankenvoller Miene die Kehle. »Ich glaube, du bist vermutlich der einzige Mann auf diesem Planeten, der ein halbwegs passender Freund für diese Parrish-Schnitte sein könnte.«
Kev war überrascht. Plötzlich fielen ihm die Fade-Shadowseeker-Romane wieder ein. Er bückte sich, um sie aufzuheben. »Wie kommst du darauf?«
»Weil du dich einen Scheiß für Geld interessierst.«
Kev legte die Bücher auf den Tisch. Nun ernsthaft perplex, runzelte er die Stirn. »Was hat Geld mit
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