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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Blume zu neuem Leben erweckt. Sie richtet sich auf, ein zartes Grün umfängt Blätter und Stängel, und neue Blütenblätter, erst farblos, doch dann leuchtend violett, wachsen aus ihr hervor. Ein verschmitztes Grinsen umspielt meine Lippen. Ich versuche mir vorzustellen, wie die Schwestern reagieren würden, wenn sie so etwas sähen. Doch das lasse ich nicht zu. Sie würden es missverstehen und ich will nicht in die Kälte hinausgeworfen werden. Dazu bin ich noch nicht bereit. Bald werde ich es sein, aber jetzt noch nicht.
    Ich schalte den Computer aus und beeile mich, zurück ins Bett zu kommen, während meine Gedanken um John Smith kreisen. Irgendwo da draußen ist er.
Pass auf und bleib in deinem Versteck,
denke ich.
Wir alle werden uns wieder finden.

3
    Ein leises Flüstern erreicht mich. Die Stimme klingt kalt. Ich kann mich irgendwie nicht richtig bewegen, lausche aber intensiv.
    Ich schlafe nicht mehr, bin aber auch noch nicht wach. Ich bin gelähmt, und während sich das Geflüster verstärkt, wird alles von der undurchdringlichen Dunkelheit des Motelzimmers verschluckt. Die Elektrizität, die ich verspüre, als sich die Vision über meinem Bett abzeichnet, erinnert mich daran, wie ich in Paradise/Ohio mein erstes Erbe, Lumen, empfing. Es brachte meine Handflächen zum Leuchten.
    Damals, als Henri noch lebte und bei mir war. Aber Henri ist nicht mehr da. Er kommt nicht mehr zurück. Selbst in meinem jetzigen Zustand kann ich der Realität nicht entkommen.
    Ich tauche in die Vision über mir ein, erleuchte ihre Düsternis mit meinen Händen, doch der Schein wird von den Schatten verschluckt. Dann erstarre ich. Alles wird still. Ich hebe meine Hände, berühre jedoch nichts. Meine Füße sind über dem Boden, ich schwebe in einer allumfassenden Leere.
    Noch mehr Geflüster in einer Sprache, die ich nicht kenne, aber trotzdem irgendwie verstehe. Angsterfüllt brechen die Worte hervor. Die Dunkelheit lichtet sich und die Welt, in der ich mich befinde, wird erst grau und verwandelt sich dann in ein so strahlendes Weiß, dass ich die Augen zukneifen muss. Ein Nebel erscheint. Als er sich wieder auflöst, sehe ich einengroßen offenen Raum, an dessen Wänden brennende Kerzen aufgereiht sind.
    »Ich … ich weiß nicht, was schiefgelaufen ist«, sagt eine ziemlich erregte Stimme.
    Der Raum ist lang und breit und hat die Größe eines Fußballplatzes. Beißender Schwefelgeruch dringt in meine Nase und lässt meine Augen tränen. Die Luft ist heiß und stickig. Und dann sehe ich sie am Ende des Raums: zwei in den Schatten verborgene Gestalten. Eine ist viel größer als die andere und wirkt noch aus der Ferne bedrohlich.
    »Sie sind entkommen. Irgendwie sind sie entkommen. Ich weiß nicht, wie …«
    Ich bewege mich vorwärts. Ich verspüre die Art von Ruhe, die dich manchmal in Träumen überkommt, wenn du weißt, dass du schläfst und nichts dir etwas anhaben kann. Schritt für Schritt nähere ich mich den größer werdenden Schatten.
    »Alle. Alle wurden getötet. Dazu noch drei Piken und zwei Krauls«, sagt die kleinere Gestalt, die mit fuchtelnden Händen neben der größeren steht.
    »Wir hatten sie. Wir waren kurz davor …«, ertönt die Stimme, doch die andere unterbricht sie.
    Der Schatten scannt die Umgebung, um das zu entdecken, was er bereits gespürt hat. Ich stoppe, bleibe reglos stehen und halte die Luft an.
    Dann entdeckt er mich. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. »John«, sagt irgendjemand. Die Stimme ist wie ein entferntes Echo.
    Die größere Gestalt kommt auf mich zu. Sie ragt hoch auf, ist gute sechs Meter groß, muskulös, mit kantigem Kinn. Sein Haar ist nicht lang wie das der anderen, sondern kurz geschnitten. Seine Haut ist gebräunt. Unsere Blicke treffen sich, während erlangsam näher kommt. Erst zehn Meter, dann sechs. Drei Meter vor mir bleibt er stehen. Mein Amulett wiegt schwer, die Kette schneidet mir in den Nacken.
    An seiner Kehle entdecke ich eine groteske, lilafarbene Narbe. Wie ein Halsband. »Ich habe dich erwartet«, sagt er. Seine Stimme ist gleichmäßig und ruhig. Er hebt den rechten Arm und zieht ein Schwert aus der Scheide auf seinem Rücken. Es erwacht sofort zum Leben, behält seine Form, während das Metall sich zu verflüssigen scheint. Die Verletzung an meiner Schulter, die mir der Dolch des Mogadori-Soldaten während des Kampfes in Ohio zugefügt hat, scheint mit einem Glühen wieder aufzubrechen, so als würde sie mir ein weiteres Mal zugefügt.

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