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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schwänze.
    Als ich mich hinter den Verkaufsständen auf der Calle Principal von Schatten zu Schatten schleiche, halte ich Ausschau nach dem Mann mit dem Pittacus-Buch.
    Ich komme am El Pescador, dem Restaurant des Örtchens, vorbei. Dort lasse ich den Blick über die mit Kopfsteinpflaster belegte Straße schweifen und sehe, wie sich der Deckel eines Mülleimers bewegt und dann auf den Boden fällt. Der Mülleimer selbst beginnt plötzlich zu schwanken und ich höre Kratzgeräusche von innen. Zwei schwarzweiße Pfoten erscheinen am oberen Rand der Tonne. Sie gehören einem Kater. Als er aus dem Eimer klettert und auf dem Pflaster landet, sehe ich eine lange Wunde an seiner rechten Seite. Eines seiner Augen ist zugeschwollen. Er sieht aus, als würde er jeden Moment vor Hunger oder Erschöpfung sterben. Tatsächlich legt er sich mitten in einen Haufen Müll und scheint aufgeben zu wollen.
    »Armes Katerchen«, murmele ich und weiß, dass ich ihn heilen werde, bevor ich auch nur einen Schritt weitergehe. Der Kater schnurrt, während ich mich neben ihn knie, und als ich meine Hand in sein Fell sinken lassen, wehrt er sich nicht. Die Eiseskälte fließt augenblicklich von mir zum Kater, viel schneller als vorher bei Ella. Ich weiß nicht, ob mein Erbe stärker wird oder es bei Tieren einfach nur schneller wirkt. Die Läufe des Katers strecken sich und er spreizt die Pfoten, seine Atmung wird kräftiger und verwandelt sich in ein lautes Schnurren. Vorsichtig drehe ich ihn um und untersuche seine rechte Seite. Alles ist komplett verheilt und ein Streifen schwarzen Fells ist darübergewachsen. Das vorher geschwollene Auge ist jetzt geöffnet und sieht mich an. Ich nenne den Kater ›Erbe‹ und sage: »Wenn du aus der Stadt raus willst, Erbe, dann sollten wir uns unterhalten. Denn ich werde bald verschwinden und könnte etwas Gesellschaft vertragen.«
    Plötzlich werde ich von einer Gestalt am Ende der Straße abgelenkt.
    Es ist Héctor, der seine Mutter in ihrem Rollstuhl umherfährt. »Ah, Marina, die Königin der Meere!«, ruft er mir zu.
    »Hallo Héctor Ricardo.« Ich gehe zu ihm. Seine Mutter ist in sich zusammengesackt und wirkt abwesend. Ich fürchte, dass es ihr schlechter geht.
    »Wer ist dein Freund? Hallo, kleiner Mann.« Héctor beugt sich hinunter, um Erbes Kopf zu kraulen.
    »Nur etwas Gesellschaft, die ich am Wegesrand aufgelesen habe.«
    Entspannt laufen wir gemeinsam die Straße hinunter und sprechen über das Wetter und über Erbe, bis wir an Héctors Haustür angekommen sind.
    »Héctor? Hast du noch mal den Mann mit dem Schnurrbart und dem Buch getroffen, den wir neulich im Café gesehen haben?«
    »Nein«, antwortet Héctor. »Was an ihm beunruhigt dich so sehr?«
    Ich zögere. »Er sieht aus wie jemand, den ich kenne.«
    »Ist das alles?«
    »Ja.« Er weiß, dass ich lüge, ist aber so klug, nicht nachzubohren. Ich wiederum weiß, dass er jetzt nach dem Mann Ausschau halten wird, den ich für einen Mogadori halte. Ich hoffe nur, dass Héktor nichts passiert.
    »Es war schön, dich zu sehen, Marina. Aber vergiss nicht, dass heute ein Schultag ist.« Er winkt mir zu und ich lächledümmlich. Dann schließt er die Vordertür auf, geht ins Haus und zieht seine kranke Mutter im Rollstuhl hinter sich her.
    Ich schaue mich um. Als niemand zu sehen ist, laufe ich ein Stückchen weiter, denke an den Kasten und überlege, wann ich wieder mit Adelina werde sprechen können. Ich denke auch an John Smith auf der Flucht, an Ella und ihre mögliche Adoption sowie an meinen Kampf letzte Nacht in der Kirche.
    Am Ende der Calle Principal bleibe ich stehen und starre auf das Schulgebäude. Ich hasse die Eingangstür, hasse jedes Fenster und ärgere mich über all die Zeit, die ich dort drinnen verplempert habe, während ich doch unterwegs sein und meinen Namen mit jedem neuen Land ändern sollte. Ich frage mich, wie ich mich wohl in Amerika nennen würde.
    Erbe miaut zu meinen Füßen, während ich zurück durch das Dorf laufe. Noch immer halte ich mich in den Schatten verborgen und beobachte aufmerksam die sich kreuzenden Straßen vor mir. Ich spähe durch das Fenster ins Café, hoffe und fürchte zugleich, den Mogadori mit dem dichten Schnurrbart zu entdecken. Er ist nicht da. Dafür aber ist Héctor bereits eingetroffen. Er lacht über irgendetwas, das die Frau am Nebentisch gerade gesagt hat. Ich werde Héctor genauso sehr vermissen wie Ella. Ich habe nicht nur einen Freund, sondern zwei.
    Während ich mich unter

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