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Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky

Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky

Titel: Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joss Stirling
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Rock?«
    »Äh, Jazz, glaube ich.« Mir war alles recht, solange es die Noten dazu gab.
    »Jazz, glauben Sie? Sie scheinen sich da nicht so sicher zu sein, Miss Bright. Musik, das ist nicht: mal so, mal so; Musik, das ist: leben oder sterben!«
    Seine kleine Rede wurde von einem Zuspätkommer unterbrochen. Der Latino-Biker schlenderte in den Raum hinein. Die Hände in den Hosentaschen, marschierte er mit seinen ellenlangen Beinen zum Fenster hinüber und setzte sich neben den Klarinettisten aufs Sims. Ich war mehr als überrascht, dass der Biker überhaupt an irgendwelchen Schulaktivitäten teilnahm; ich hatte geglaubt, er würde über solchen Dingen stehen. Oder war er vielleicht auch nur gekommen, um sich über uns lustig zu machen? Er lehnte am Fensterbrett auf die gleiche Weise wie an seinem Motorradsitz, mit lässig überkreuzten Füßen und einem amüsierten Gesichtsausdruck, so als hätte er das alles schon mal gehört. Und als wäre es ihm völlig egal.
    Alles, woran ich denken konnte, war, dass man Typen wie ihn in Richmond vergebens suchte. Dabei war es gar nicht mal sein werbeplakatreifes Aussehen, sondern eher diese rohe Energie, die in ihm steckte, diese aufgestaute Wut, wie bei einem im Käfig gefangenen Tiger. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm losreißen. Und ich war nicht die Einzige, der es so erging. Die Atmosphäre im Raum hatte sich spürbar verändert. Die Mädchen setzten sich alle ein klein bisschen aufrechter hin, die Jungen wurden nervös - und das alles, weil dieses gottähnliche Geschöpf geruht hatte, sich zu uns Normalsterblichen zu begeben. Oder war er der Wolf unter den Schafen?
    »Mr Benedict, wie liebenswürdig von Ihnen, dass Sie sich uns anschließen«, sagte Mr Keneally mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme. Seine gute Laune von eben war verflogen. Eine kleine Szene stand mir plötzlich vor Augen: Der Master of Music steht dem widerwärtigen Wolfman im Duell gegenüber, bewaffnet mit einer Sprühdose voll Noten. »Wir sind alle hocherfreut, dass es Ihnen gelungen ist, sich von Ihren zweifellos weit wichtigeren Angelegenheiten loszureißen, um gemeinsam mit uns zu musizieren, auch wenn Ihr Auftritt hier etwas verspätet ist.«
    Der Junge zuckte ohne ein Anzeichen von Reue mit einer Augenbraue. Er nahm zwei Trommelstöcke in die Hand und drehte sie zwischen seinen Fingern. »Bin ich zu spät?« Seine Stimme klang dunkel, genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Der Klarinettist stieß ihn mutig in die Seite, um ihn zur Ordnung zu rufen.
    Mr Keneally fühlte sich eindeutig provoziert. »Ja, Sie sind zu spät. Ich glaube, es ist Brauch an dieser Schule, dass man sich bei Lehrern entschuldigt, wenn man nach ihnen zum Unterricht erscheint.«
    Die Trommelstöcke hörten auf zu wirbeln, der Junge starrte ihn für einen Moment mit arrogantem Blick an, so wie ein junger Lord einen Bauern mustert, der es gewagt hat, Einwände zu erheben. Schließlich sagte er: »Tut mir leid.«
    Alle im Raum schienen erleichtert aufzuatmen, weil es diesmal nicht zum Eklat gekommen war.
    »Tut’s Ihnen nicht - aber ich will’s dabei bewenden lassen. Seien Sie gewarnt, Mr Benedict: Sie mögen Talent haben, aber ich bin nicht an Primadonnen interessiert, die ihre Musikerkollegen respektlos behandeln. Und Sie, Miss Bright, sind Sie denn wenigstens ein Teamplayer?« Mr Keneally wandte sich mir zu und zerstörte damit alle meine Hoffnungen, dass er mich vergessen hatte. »Oder vertreten Sie die gleiche Haltung wie unser Mr Zed Benedict?«
    Eine sehr unfaire Frage. Hier tobte eine Schlacht zwischen zwei Giganten und ich stand genau zwischen den Fronten. Ich hatte noch kein Wort mit Wolfman gewechselt und wurde bereits aufgefordert, Kritik an ihm zu üben. Seine Erscheinung flößte sogar extrem selbstbewussten Mädchen leise Ehrfurcht ein. Mein Selbstwertgefühl war sowieso schon im Keller, und so empfand ich blanke Panik.
    »Ich ... ich weiß nicht. Aber ich war auch zu spät.«
    Wolfman streifte mich mit einem Blick und maß mir dann ungefähr so viel Bedeutung zu wie einem Schlammspritzer auf seinen Superboots.
    »Dann wollen wir doch mal sehen, was Sie auf dem Kasten haben. Die Jazzband, bitte. Mr Hoffman, Sie spielen das Saxofon, Yves Benedict Klarinette. Vielleicht können Sie Ihren Bruder ja dazu veranlassen, uns am Schlagzeug zu entzücken?«
    »Natürlich, Mr Keneally«, erwiderte die John-Lennon-Brille und schoss dem Biker einen finsteren Blick zu. »Zed, komm hier rüber.«
    Sein Bruder?

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