Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky
hinterher. »Ich wette, ihr könnt’s kaum erwarten.« Ich summte passend zu ihrem Abgang eine kleine ironische Melodie und stellte mir vor, wie sie sich Seite an Seite in den Himmel aufschwangen und dem Blickfeld von uns Normalsterblichen entschwanden.
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Kapitel 4
A n diesem Nachmittag brachte mich Tina mit dem Auto nach Hause, weil sie, wie sie sagte, sehen wollte, wo ich wohnte. Ich glaube, eigentlich war sie nur darauf aus, meine Eltern kennenzulernen. Ihr fahrbarer Untersatz verfügte nur über zwei Sitze vorne, denn Fahrgast-und Kofferraum hatte ihr Bruder, der Klempner war, als Staufläche für sein Werkzeug gebraucht. Man konnte noch immer die Worte Monterey - Sanitär, Heizung, Installation auf der Seite lesen.
»Er hat ihn mir geschenkt, als er sich einen Truck gekauft hat«, erklärte sie vergnügt und hupte dabei, um eine Gruppe von Teenagern auseinanderzuscheuchen. »Er ist mindestens noch einen Monat lang offiziell mein Lieblingsbruder.«
»Wie viele Brüder hast du denn?«
»Zwei. Mehr als genug. Und du?«
»Ich hab keine Geschwister.«
Sie plapperte wie ein Wasserfall, während wir uns durch die Stadt fädelten. Ihre Familie klang toll - ein bisschen chaotisch, aber sehr innig. Kein Wunder also, dass sie solch ein unerschütterliches Selbstbewusstsein hatte.
Sie trat das Gaspedal durch und wir schossen den Hügel hinauf.
»Ich habe bei der Orchesterprobe Zed und Yves Benedict kennengelernt«, sagte ich ganz beiläufig und versuchte den Umstand zu ignorieren, dass ich wie ein Astronaut beim Take-off in meinen Sitz gepresst wurde.
»Ist Zed nicht umwerfend!« Sie schmatzte begeistert mit den Lippen und umkurvte knapp eine Katze, die es gewagt hatte, vor ihr die Straße zu überqueren.
»Ja, vermutlich.«
»Da gibt’s nichts zu vermuten. Dieses Gesicht, dieser Körper - was könnte sich ein Mädchen mehr wünschen?«
Jemanden, der sie beachtet?, dachte ich.
»Aber er lässt immer den Megacoolen raushängen - das treibt die Lehrer in den Wahnsinn. Zwei seiner Brüder waren genauso, aber es heißt, er sei der Schlimmste von allen. Ist letztes Jahr fast von der Schule geflogen wegen respektlosen Verhaltens gegenüber einem Lehrer. Allerdings hat keiner von uns Mr Lomas gemocht. Wie sich dann herausstellte, hatte er dafür ein paar von uns zu sehr gemocht, falls du verstehst, was ich meine. Er wurde am Ende des Halbjahres gefeuert.«
»Igitt.«
»Ja, na ja. Es sind sieben Söhne in der Familie. Drei leben immer noch daheim, in einem Haus oberhalb der Stadt, gleich neben der Seilbahnstation. Die älteren Brüder leben in Denver.«
»Seilbahn?«
»Ja, ihr Dad bedient während der Saison die Seilbahn. Ihre Mom ist Skilehrerin. Die Benedict-Jungs gelten als die Könige der Pisten.«
»Es gibt sieben von ihrer Sorte?«
Tina hupte einen Fußgänger an und scheuchte ihn mit wedelnden Händen auf die andere Straßenseite. »Die Benedicts sind einem System gefolgt: Trace, Uriel, Victor, Will, Xavier, Yves und Zed. Vermutlich, damit sie sich’s besser merken können.«
»Komische Namen.«
»Komische Familie, aber sehr cool.«
Als wir ankamen, packten Sally und Simon gerade ihre Malutensilien aus. Es war nicht zu übersehen, wie sie sich freuten, dass ich schon so bald eine Freundin mit nach Hause gebracht hatte. Sie machten sich wegen meiner Schüchternheit sogar noch mehr Sorgen als ich.
»Tut mir leid, aber wir können dir nichts weiter als Kekse aus dem Supermarkt anbieten«, sagte meine Mutter und wühlte raschelnd in einer Lebensmittelkiste auf dem Küchentresen. Als ob sie eine von den Müttern wäre, die selbst backten!
»Und da hatte ich auf einen standesgemäßen englischen Afternoon-Tea gehofft«, sagte Tina augenzwinkernd. »Sie wissen schon, mit diesen winzig kleinen Häppchen mit Gurkenscheiben und so kleinen Kuchendingern, die man mit Marmelade und Rahm isst.«
»Du meinst Scones«, sagte Simon. »Tina, Sky hat uns erzählt, du interessierst dich für Kunst? Was hast du denn so über das neue Künstlerhaus gehört?«
»Ich habe das Gebäude gesehen - hammermäßig! Mr Rodenheim hat sich mit dem Haus richtig ins Zeug gelegt.« Tina erhaschte einen Blick auf ein Skizzenbuch, das Sally gerade auspackte. Mit beeindruckter Miene betrachtete sie die Entwürfe etwas eingehender. »Die sind klasse. Kohle?«
Sally legte sich ihren Schal um die Schultern. »Ja, ich benutze gern Kohle für meine Skizzen.«
»Werden Sie auch Unterricht geben?«
»So war es vereinbart«, sagte
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