Die Macht Des Eisplaneten
das Gefühl verloren, obwohl sie nach wie vor mechanisch den Schnee durchpflügte, während die anderen ihr folgten. Als sie schließlich die Hütten erblickten, warf die Katze Bunny einen letzten Blick zu und huschte davon, um in der kleinen Stadt zu verschwinden.
Der willkommene Anblick der Hütten gab ihnen allen noch einmal frischen Auftrieb. Es war ihnen auch eine Hilfe, daß der Schnee in der unmittelbaren Umgebung der Siedlung bereits zu Wegen festgetrampelt war; so folgten sie nun einem dieser Wege vergleichsweise unbeschwert bis zur äußeren Hütte.
Die stand leer, obwohl Rauch aus dem Kamin aufstieg. Dankbar drängten die Gefährten sich hinein, um sich am Feuer aufzuwärmen.
Als Megenda am liebsten in den Kamin gekrochen wäre, riß Bunny ihn zurück, damit er sich nicht verbrannte; statt dessen zog sie einen Fellbezug von der nächsten Koje und warf ihn um seine Schultern. Er zitterte am ganzen Leib. In dem Kessel über der Feuerstelle dampfte Suppe, und so füllte Bunny ihm einen Becher, den er kaum zwischen den Händen halten konnte, ohne den Inhalt zu verspritzen.
»Weiß nicht, wieviel wir von anderer Leute Abendessen nehmen können, ohne daß die dann selbst hungern müssen«, sagte Bunny, als sie Dinah O’Neills hoffnungsvolle Miene sah. Auch die Piratin hatte sich dicht an die Feuerstelle gedrängt. Bunny war richtig stolz darauf, daß weder Diego noch Yana das Feuer zu brauchen schienen. Es genügte schon, nicht mehr draußen in der Kälte zu sein. »Niemand hätte etwas dagegen, daß Megenda einen Becher Suppe ißt, damit dieses Zittern aufhört. Wärmt euch mal alle auf, während ich die Leute suchen gehe.« Sie nahm einen Parka vom Haken hinter der Tür. Draußen würde die Temperatur gerade so jäh in die Tiefe stürzen wie ein Stein von einer Anhöhe.
In Tanana Bay gab es nicht halb so viele Hütten wie in Kil-coole, doch hatte Bunny schon mehrere weitere leerstehende Häuser hinter sich gebracht, als sie schließlich zu den Murphys kam, wo die Katze neben dem Feuer saß und sich den Schnee aus den Pfoten leckte. Sie hob den Kopf und musterte Bunny kurz; dann setzte sie ihre Reinigung fort. Bunny erblickte die geöffnete Falltür und das offene Loch im Boden. Als sie sich über die Öffnung beugte, vernahm sie jede Menge aufgeregter Stimmen. »Hallo, da unten!«
Sie erhielt nicht sofort Antwort; wahrscheinlich lag es daran, daß alle so laut durcheinanderredeten. Nachdem Bunny einen Augenblick abgewartet hatte, stieg sie nach unten. Noch nie hatte sie einen so hell erleuchteten Versammlungsort gesehen.
Womit sie allerdings nicht gerechnet hatte, war der Anblick der Männer und Frauen, die mit allen möglichen selbstgebauten Waffen ausgerüstet waren: Äxte, Stöcke, Netze und Heugabeln, dazu die üblichen Bögen, Lanzen und Messer.
»Was ist hier los?« rief Bunny und berührte den erstbesten Mann am Arm.
»Schön, daß du kommen konntest«, erwiderte der, ohne ihr mehr als einen knappen Seitenblick zu gönnen. »Auf Tanana Bay kommen große Schwierigkeiten zu. Da brauchen wir jeden, der dabei helfen kann, sie zurückzutreiben.«
»Wen zurückhalten?« Bunny empfand einen eisigen Angststoß.
Was war nur geschehen, seit sie den Planeten verlassen hatten? War die Intergal etwa wortbrüchig geworden?
»Dieser Pirat! Louchard!« erklärte ein anderer und beugte sich dabei um den ersten Mann herum, um ebenfalls seinen Senf dazuzugeben.
»He, du kommst aber nicht von hier!« »Nein, ich bin aus Kilcoole, aber …« »Bunekal« sagte die Stimme. »Buneka?« Dieser Ruf entsprang Scans Kehle. Bunny war so überrascht, die Stimme zu hören, wie sie ausgerechnet ihren eigenen Namen aussprach, daß sie überhaupt nicht mehr reagierte, bis Sean sie schließlich in die Arme geschlossen hatte und herumwirbelte, lachend und weinend zugleich.
»Du bist frei! Alles in Ordnung?« Und er betastete sie von oben bis unten, um sich davon zu überzeugen, daß sie es tatsächlich war. In seinen Augen waren Freude und Angst zugleich zu erkennen. Dann schaute er an ihr vorbei. »Yana?«
»Der geht es auch gut, Sean, wirklich, ganz prima.«
Sinead bahnte sich einen Weg durch die Menge und umarmte Bunny ebenso herzlich, wie Sean es getan hatte; dann erkundigte sie sich ebenfalls nach Yana.
»Seid mal alle still!« sagte Sean mit lauter Stimme. Alle Leute am Versammlungsort wollten genau wissen, wer diese neue Frau war, die so unverhofft die Stimme erkannt hatte. Deshalb dauerte es noch einige
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