Die Macht Des Eisplaneten
als er sich weiterhin umblickte, »ist das hier ein kleines bißchen besser als mein früheres Quartier.«
»Ach ja?« meinte Yana aufmunternd. Er sah überhaupt nicht wie jemand aus, der sich mit Freibeutern zusammentat, auch wenn es eine so offenkundig sinnliche und beherrschende Person wie Dinah O’Neill sein mochte.
»Ich war mit Dinah O’Neill verheiratet.« Wieder ein Seufzen, das vom Wahnwitz einer solchen Verbindung kündete. »Sie nimmt die Scheidung nicht besonders ernst.«
»Mit anderen Worten, Sie befinden sich dauerhaft an Bord dieses Schiffes?«
Während er die Arme vor der Brust verschränkte, spielte ein leises Zwinkern in seinen Augen und ein wehmütiges Lächeln um seinen Mund. »Wir haben uns unter ganz beträchtlich anderen Umständen kennengelernt. Es war eine stürmische Romanze. Ich war noch nie jemandem wie ihr begegnet. Es war nach meiner Rückkehr von zweijährigen Forschungen, in der ich zwei neue Variablen untersucht hatte, und …« Er zuckte die Achseln.
»In dieser Verfassung wäre Ihnen wohl jede Frau wie eine Offenbarung vorgekommen, wie?« Yana konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn etwas aufzuziehen. Dann machte sie sich wieder über sein Gebräu her.
»Ganz genau. Und um der Teufelin Gerechtigkeit widerfahren zu lassen - sie war wirklich alles, wovon ich je geträumt hatte. Wir verbrachten sechs herrliche Monate, auch wenn sie geschäftlich immer wieder mal fort mußte.«
»Und dann haben Sie entdeckt, um was für Geschäfte es sich dabei handelt?«
»Ganz zufällig. Natürlich habe ich sofort die Scheidung eingereicht, denn mein Ruf als Wissenschaftler hätte auf dem Spiel gestanden, wenn herausgekommen wäre, daß ich Umgang mit einer solchen …«
»Unappetitlichen Beschäftigung?«
»Genau. Ich erhielt die offizielle Scheidungsbestätigung. Sie übrigens auch. Nur daß ich nicht damit gerechnet hatte, daß sie zu einem derartigen Schritt greifen würde. Und ehe ich mich versah, befand ich mich an Bord dieses Schiffes, und seitdem bin ich hier.
Aber da Sie ja auch hier eingesperrt zu sein scheinen, finde ich es wunderbar, mal wieder intelligente Gesellschaft genießen zu dürfen.«
Sie hörten beide den Lärm draußen im Korridor; dann glitt das Paneel plötzlich auf. Als erste wurde Bunny hinein gestoßen; Marmion folgte mit einem etwas würdevolleren Eintritt, während man Diegos schlaffen Leib von der Tür aus auf die Koje gegenüber Yana schleuderte, wobei sein Kopf hart an der Kabinenwand aufschlug. Schnappend schloß sich das Paneel wieder, und Bunny lief mit einem Protestschrei zu Diego hinüber.
»Yana? Ist alles in Ordnung?« fragte Marmion und schritt dabei um den Tisch, um Mendeley nicht berühren zu müssen.
»Dank Namids Gebräu geht es mir schon sehr viel besser«, erwiderte Yana und versuchte Marmion dabei zu vermitteln, daß der Astronom ihr Mitleid und nicht ihren Tadel verdient hatte. »Aber was haben diese Schweinehunde mit dem armen Diego angestellt?«
»Einer der Männer, die uns hierher gebracht haben, wollte Bunny komisch kommen«, erwiderte Marmion zornig. »Sie hat ihm einen Hieb verpaßt. Aber um ihr eine Lektion zu erteilen, hat der Erste Maat einfach Diego zusammen geschlagen.« Sie bebte vor Wut und wandte sich nun mit einem Blick, der selbst Stahl hätte durchbohren können, Namid zu. »Sollen wir über alle diese anderen Würdelosigkeiten hinaus jetzt auch noch jeden Augenblick bespitzelt werden, den wir zusammen sind?«
»Ach, hören Sie auf damit, Marmie«, warf Yana ein. »Er ist genauso ein Gefangener wie wir.«
»Verlangt man für Sie auch ein Lösegeld?« fragte Marmion.
Sogleich wurde ihr Verhalten dem Astronomen gegenüber um einiges liebenswürdiger.
»Es gibt niemanden, der für mich zahlen würde«, erwiderte er, doch ohne Mitleid zu erheischen. »Ich habe vergessen, Dinahs Zugriff auf mein Konto sperren zu lassen.«
»Wie geht es Diego?« fragte Yana, an Bunny gewandt, die den Jungen in eine etwas bequemere Lage geschoben hatte.
»Er wird es überleben. Kann man hier Wasser bekommen?« fragte sie und blickte sich um.
Yana deutete auf die schmalen Türen. »Dahinter vielleicht?«
Bunny ging nachsehen, entdeckte ein Handtuch, befeuchtete es aus der Düse über dem winzigen Waschbecken und kehrte zurück, um Diegos Stirn damit abzuwischen.
»Wissen Sie«, begann Mendeley, »ich habe nie begreifen können, warum Dinah sich überhaupt die Mühe gemacht hat, eine förmliche Ehelichung zu durchlaufen. Ich
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