Die Macht
hatte aber leider so gut wie nichts zu berichten. Während der gepanzerte Mercedes durch den Vorort Ramat Aviv rollte, sah Freidman durch das Fenster auf das Meer hinaus und fragte sich, wie es bloß passieren konnte, dass drei bestausgebildete Agenten einfach so von der Bildfläche verschwanden. Das Problem war jedoch, wie Freidman wusste, dass sie nicht einfach verschwunden waren. Es gab nur eine logische Erklärung für die ganze Sache: Donatella hatte die Männer getötet. Wenn es so war, stand der Chef des Mossad vor einem großen Problem. Je länger drei Agenten nicht mehr auftauchten, umso sicherer war es, dass die Leute anfangen würden, Fragen zu stellen.
Der Mercedes fuhr schließlich einen steilen Hügel hinauf und hielt vor einem fünfstöckigen Betonbau, von dessen Dach allerlei Antennen in die Höhe ragten. Der Chauffeur hatte ihr Kommen über Funk gemeldet, sodass die Barriere am Tor im Boden versenkt war, als sie eintrafen. Der Wagen brauste durch das Tor, sodass die Sicherheitsleute mit ihren Uzi-Maschinenpistolen in einer Staubwolke zurückblieben.
Als Freidman in seinem Büro ankam, wartete die Agentin, die er nach Mailand geschickt hatte, bereits im Vorzimmer auf ihn. Freidman eilte an ihr vorbei und gab ihr mit einer Geste zu verstehen, dass sie ihm folgen solle. Als sie in sein Büro eingetreten war, schloss er die Tür hinter ihr und setzte sich an seinen Schreibtisch. Die Agentin blieb in militärischer Haltung vor dem Schreibtisch stehen. Freidman riss eine Schublade auf und holte ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug heraus.
Er zog an der Zigarette und bot der Agentin ebenfalls eine an, was diese kopfschüttelnd ablehnte. »Also, Tanya, erzählen Sie – was haben Sie herausgefunden?«
Die Haltung der Frau verriet, dass sie eine militärische Ausbildung genossen hatte. Sie war von kleiner Statur, hatte eine sonnengebräunte Haut und war nicht geschminkt. »Ich habe ein paar Dinge in der Wohnung gefunden, in der sie sich einquartiert hatten – aber ansonsten keine Spur von ihnen.«
»Und was war mit der Frau?«, fragte Freidman und strich sich mit seiner fleischigen Hand über den kahlen Kopf.
»Ich habe in ihrem Büro angerufen und mich als alte Freundin von ihr ausgegeben. Sie sagten mir, dass sie am Freitag unerwartet angerufen und sich aus persönlichen Gründen ein paar Tage freigenommen habe.«
Freidman inhalierte den Rauch seiner Zigarette und versuchte sich einen Reim auf das alles zu machen. Donatella hatte sich am Freitag freigenommen – und am Donnerstag hätte Rosenthal die Sache erledigen sollen. Sie war also auf der Flucht, und Rosenthal, Yanta und Sunberg waren mit ziemlicher Sicherheit tot. Verdammt, diese Frau war wirklich gut. Freidman machte sich Vorwürfe, dass er nicht mehr Leute geschickt hatte. Noch besser wäre es gewesen, wenn er es selbst übernommen hätte. Donatella hätte nichts Böses geahnt – er hätte also leichtes Spiel gehabt. Doch er hatte es nun einmal falsch angepackt, und jetzt war der Schaden angerichtet.
»Haben Sie sich auch in ihrer Wohnung umgesehen?«
»Ja. Da war überhaupt nichts Ungewöhnliches zu sehen.«
Freidman überlegte eine Weile und sagte schließlich: »Na gut. Danke, dass Sie die Sache für mich überprüft haben.«
»Kein Problem, Sir.«
»Okay, das wäre dann alles. Aber vergessen Sie nicht – ich möchte, dass Sie über die Sache absolutes Stillschweigen bewahren.«
»Jawohl, Sir.« Die Frau drehte sich um und ging hinaus.
Freidman wirbelte auf seinem Sessel herum und blickte auf das blaue Wasser des Mittelmeers hinaus. Es würde in jedem Fall eine offizielle Untersuchung geben, und es sah sicher besser aus, wenn er sie selbst einleitete. Er würde die Sache so darstellen, dass Donatella eine Psychopathin sei, die Israel verraten habe, indem sie auf eigene Faust Aufträge angenommen habe. Er konnte sich sogar an die CIA wenden und sich dafür entschuldigen, dass Donatella Peter Cameron getötet hatte. Er konnte sagen, dass sie nicht mehr für den Mossad arbeiten wollte und sich selbstständig gemacht hätte. Ja, so musste er die Sache anpacken. Wenn man Tatsachen mit Erfundenem vermischte, würde am Ende eine glaubwürdige Geschichte herauskommen.
Congressional Country Club, Washington,
Samstagvormittag
Wenn er samstags in der Stadt war, spielte er entweder Golf oder gönnte sich eine ordentliche Massage. Nachdem es immer noch sehr kalt war, entschied er sich an diesem Tag für eine Massage. Als er kurz nach
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