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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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niemand drin war.
    Als er zufrieden feststellte, dass er allein war, trat er ein und legte das Handtuch auf die Bank. Dann begann er sorgfältig seine schlaffe Haut zu kneten, als gelte es, irgendein tödliches Gift aus den Poren zu drücken. Der Abgeordnete Albert Rudin war ein verschrobener, vulgärer alter Politiker, der gerade eines der schlimmsten Jahre seiner Laufbahn durchmachte. Schuld daran war der Präsident, der sich von der Parteibasis entfernt hatte. Albert Rudin war seit über dreißig Jahren ein loyaler Soldat im Dienste der Demokratischen Partei; es war einfach nicht fair, wie man in letzter Zeit mit ihm umging. Dabei tat er doch nichts anderes als seine Pflicht.
    Rudin war Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus. Dieser Posten war das Einzige, was er sich je als Belohnung für all seine Mühen gewünscht hatte. Es war ohnehin kein glanzvoller Job; die meisten Sitzungen fanden hinter verschlossenen Türen statt, und nur ganz selten waren Kameras im Sitzungssaal zugelassen, wenn eine Anhörung stattfand. Wäre Rudin so gierig gewesen wie die anderen, dann hätte er den Vorsitz im Justiz- oder im Bewilligungsausschuss verlangt. Doch das hatte er nicht getan; er hatte sich mit dem Vorsitz im Geheimdienstausschuss zufrieden gegeben. Er wollte doch immer nur seiner Partei dienen, so gut er konnte. Doch sein eigentliches Lebensziel war es, die CIA zu zerschlagen. Es gab in seinen Augen keine größere Verschwendung von Steuergeldern als das schwarze Loch namens Langley.
    Amerika gab jedes Jahr Milliarden dafür aus, Informationen zu sammeln – und was bekam man dafür? Nichts. Die viel gepriesene CIA hatte nicht einmal die bedeutendsten Ereignisse der letzten zwanzig Jahre vorhergesehen: den Zusammenbruch der Sowjetunion und die irakische Invasion in Kuwait. Rudin konnte es einfach nicht glauben. Je eindringlicher er auf das Versagen der Agency hinwies, umso weniger schien man auf ihn zu hören. Es machte ihn manchmal verrückt vor Wut. Dabei konnte doch ein Blinder erkennen, wie unnütz Langley war. Die CIA hatte der Regierung jahrelang völlige Fehleinschätzungen der sowjetischen Wirtschaftskraft und militärischen Stärke geliefert, und mit dem ihm eigenen Scharfsinn schloss Rudin, dass es nur einen Grund dafür geben konnte: Die CIA und das Pentagon hatten sich gegen die eigene Regierung verschworen. Sie wollten verhindern, dass ihre Budgets gekürzt wurden, also stellten sie einfach die Stärke des Sowjetreiches völlig übertrieben dar, um zu betonen, wie wichtig sie selber waren.
    Rudin wischte sich den Schweiß vom Gesicht, räusperte sich und spuckte gezielt in die gegenüberliegende Ecke. Wahrscheinlich ist dieser verdammte Reagan daran schuld , dachte Rudin. Reagan war nach Rudins Ansicht an fast allem schuld, was ihn störte. Rudin zweifelte kaum noch daran, dass es der damalige Präsident war, der die CIA und die Vereinigten Stabschefs angewiesen hatte, die Stärke der Sowjets übertrieben darzustellen, damit sie die Budgetaufstockungen bekamen, die sie haben wollten. Reagans Nachfolger Bush, ein ehemaliger CIA-Direktor, behandelte Saddam Hussein lange Zeit wie einen guten Freund, bis der größenwahnsinnige Diktator praktisch über Nacht zum Staatsfeind Nummer eins wurde. Ein weiterer Beweis, wie doppelzüngig und inkompetent die CIA war.
    Rudin war in seinem tiefsten Inneren überzeugt davon, dass er Recht hatte und die anderen Unrecht. Sogar in seiner eigenen Partei hatten sich zuletzt einige gegen ihn gestellt – und daran war einerseits dieser verdammte Thomas Stansfield und andererseits Präsident Hayes schuld. Wenigstens war Stansfield jetzt tot, doch damit waren die Probleme noch lange nicht gelöst. Jetzt musste er sich mit Irene Kennedy herumschlagen. Er musste sich irgendetwas einfallen lassen, wie er mit ihr fertig werden konnte. Es durfte gar nicht erst dazu kommen, dass sie die Zügel in der CIA übernahm. Es musste endlich ein Direktor her, der den ganzen Wahnsinn ans Licht brachte, der dort passierte. Rudin würde es unendlich genießen, wenn ihm die vielen Betrüger innerhalb der Agency schutzlos ausgeliefert sein würden. Ja, es musste jemand her, der dort einmal ordentlich aufräumte.
    Von Irene Kennedy konnte er das jedenfalls nicht erwarten – doch Rudin hatte keine Möglichkeit, ihre Berufung an die Spitze der CIA zu verhindern. Es war erst wenige Wochen her, dass ihm der Präsident so richtig die Leviten gelesen hatte. Und die gesamte

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