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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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»Irene?«, forderte er sie auf.
    Auch Irene Kennedy stimmte den bisherigen Einschätzungen voll und ganz zu. »Sie wollen, dass wir das Problem für sie lösen«, antwortete sie.
    »Sie meinen Israel?«
    »Ja«, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber über eines müssen wir uns im Klaren sein: Wenn wir nicht handeln, dann tun sie es selbst.«
    »Scheiße«, brummte der Präsident, ging zu seinem Sessel zurück und setzte sich. Er überlegte fieberhaft, was sie als Nächstes tun sollten. Es war kein schöner Gedanke, ein Krankenhaus voller Zivilisten dem Erdboden gleichzumachen – aber überhaupt nichts zu unternehmen und mit einem der Szenarien konfrontiert zu werden, wie General Flood sie beschrieben hatte, wäre eine Katastrophe gewesen.
    Zum ersten Mal, seit er Präsident war, hatte er Angst. Er würde irgendwann den israelischen Ministerpräsidenten anrufen müssen, aber das hatte Zeit bis morgen. Es gab eine lange Liste von Leuten hier im Land, denen er Bescheid sagen musste – doch das würde er aus Sicherheitsgründen bis zum letztmöglichen Moment aufschieben. Jetzt galt es erst einmal, die Aufgaben zu verteilen und Krisenmanagement zu betreiben.
    So als erwache er aus einer Trance, hob der Präsident den Kopf und wandte sich Irene Kennedy zu. »Irene, ich möchte, dass Sie mit Freidman nach Langley fahren und sich persönlich mit ihm unterhalten. Versuchen Sie so viele Informationen wie möglich aus ihm herauszubekommen, und machen Sie sich dann daran, sie möglichst unauffällig zu überprüfen. Aber bevor Sie mit Ihren Leute darüber sprechen, rufen Sie mich an und berichten Sie mir, was Sie noch erfahren haben.«
    Der Präsident zeigte auf den Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs. »General Flood«, sagte er, »Sie beraten sich mit Ihren besten Leuten und legen mir dann verschiedene Optionen vor. Ich möchte vorbereitet sein, falls wir sofort eingreifen müssen.«
    »Wir sollten vorsichtig sein«, warf Valerie Jones ein. »Meinen Sie nicht, dass wir zuerst einmal unsere diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen sollten? Wir sind mit den Nordkoreanern in letzter Zeit gut vorangekommen. Vielleicht könnten wir etwas Druck auf sie ausüben, damit sie ihre Leute aus dem Irak zurückholen. Immerhin können wir ihnen ein dickes Hilfspaket in Aussicht stellen, wenn sie kooperieren.« Valerie Jones hielt inne, als der Präsident den Kopf schüttelte.
    »Wir werden uns nicht an Nordkorea wenden«, erwiderte er. »Wir werden auch nicht mit Saddam sprechen, genauso wenig mit den Jordaniern und den Saudis, und schon gar nicht werden wir uns an die Vereinten Nationen wenden. Wenn Saddam Wind davon bekommt, dass wir etwas von seinem Programm wissen, dann ist alles vorbei. Er wird die Atomwaffen woanders hinbringen, und die Chance ist vertan.« Der Präsident schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben ihm genug Chancen gegeben. Wir haben ihm oft genug gesagt, dass er keine Massenvernichtungswaffen produzieren soll, aber er kümmert sich einfach nicht um die Bedenken der internationalen Staatengemeinschaft. Nein, diesmal werden wir ihn nicht vorher warnen. Diese Atomwaffen müssen weg, und zwar schnell.«

8
    Maryland, Dienstagvormittag
    Der Kongressabgeordnete Albert Rudin ging mit einem weißen Handtuch über der Schulter durch den Umkleideraum des Congressional Country Club. Rudin war in einer Zeit aufgewachsen, als man zum Schwimmen im YMCA absolut nichts brauchte; Badehosen waren geradezu verboten, und ein Handtuch verwendete man zum Abtrocknen, aber sicher nicht, um damit seine Blöße zu bedecken. Dementsprechend empfand der achtundsechzigjährige Politiker aus Stamford, Connecticut, auch keinerlei Scham, als er splitternackt durch den Umkleideraum spazierte. Die Jahre waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen, die Haut hing schlaff an seinem knochigen Körper.
    Normalerweise spulte Rudin sein übliches Trainingspensum im Fitnessraum des Kongresses auf dem Capitol Hill ab – doch heute wollte er mit einem Kollegen aus dem Senat sprechen, und das in einer privaten Atmosphäre. Deshalb hatte er seinem Freund vorgeschlagen, dass sie sich im Dampfbad des Golfclubs trafen. Der Umkleideraum war von November bis März menschenleer, und genau das war es, was Rudin brauchte. Die Ereignisse der letzten Zeit ließen es geboten erscheinen, dass er genau prüfte, wen er noch zu seinen Verbündeten zählen konnte. Rudin öffnete die Tür zum Dampfbad und wartete einige Sekunden, um sicherzugehen, dass

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