Die Maechtigen
Klamottenbraut, nicht einmal eine Schuhbraut.
Sie wusste, was sie war. Sie war eine Katzenbraut.
Natürlich war sie keine dieser verrückten Katzentanten. Sicher, es gab viele Leute, die ihre Katzen vergötterten und ihnen tolles Plastikspielzeug und teure Kratzbäume kauften. Haustiere können die besten Familienmitglieder sein. Aber trotzdem gab es nur wenige, die ihrer Katze jedes Jahr eine echte Geburtstagsparty ausrichteten … oder nur zu echten Katzenveterinären gingen … oder zur Sicherheit Fressnapf und Wasserschale auf ein schmiedeeisernes Gestell stellten, damit ihre Katze sich nicht bücken musste.
Manche Menschen kaufen sich ein Schiebedach aus Glas. Manche kaufen sich einen teuren Grill. Und manche geben ihr Geld für ihr geliebtes Haustier aus. Clementine konnte sogar darüber lachen, aber trotzdem war sie stolz darauf, eine Katzenbraut zu sein; das war schon immer ihr Ding gewesen. Bis sie ins Sankt Elizabeth gefahren war und ihren Vater dabei beobachtet hatte, wie er sich so fürsorglich und wunderbar um all die Katzen kümmerte.
Wenn sie nur daran dachte, überkam sie sofort das Gefühl, jemand hätte ihren Körper ausgehöhlt und alle Organe gestohlen. Als würden ihre Körperteile ihr nicht mehr gehören. Genauso hatte sie sich auch gefühlt, als sie erfuhr, dass Nico so nahe an ihrem neuen Wohnort in Virginia lebte. Oder als er sagte, dass alles im Leben vorherbestimmt ist. Oder als sie las, dass er ungefähr in ihrem Alter seinen ersten psychotischen Anfall hatte.
Natürlich musste das alles nichts bedeuten, sagte sie sich. Das Leben war voller merkwürdiger Zufälle.
Aber er war ihr Vater … und er lebte in ihrer Nähe … und war ihr so ähnlich … und liebte auch noch die Tiere, die sie so sehr mochte. Sie hatte schon so vieles in ihrem Leben verloren, den Job als Discjockey, als Anzeigen-Verkäuferin … und natürlich ihre Mutter. Vielleicht war es einfach überfällig, dass sie endlich einmal ein wenig Glück hatte. Er war nun einmal ihr Vater. Wie hätte sie da keine emotionale Bindung haben sollen? Was keiner so gut verstehen konnte wie Beecher, denn der hatte selbst seinen Vater verloren. Sicher war das Treffen mit Nico das Schwierigste gewesen, was sie in ihrem Leben je gemacht hatte. Aber wie jedes Waisenkind hatte sie ihren Vater nicht aufgespürt, um etwas über ihn zu erfahren, sondern über sich selbst.
Sie schaltete ihren Laptop an und lehnte sich auf dem Futon zurück, während er neben ihr hochfuhr. Parker lag in ihrem Schoss.
»Ich weiß, ich weiß«, flüsterte sie Parker zu.
Es würde ihr wirklich nicht guttun. Und das Schlimmste war, dass der Schmerz immer größer werden würde.
Natürlich konnte sie jederzeit aufhören, wenn sie wollte. Es war ganz leicht, damit aufzuhören. Sie brauchte nur den Laptop herunterzufahren. Ihn zuzuklappen und schlafen zu gehen. Und dann noch einmal an den Augenblick denken, als Beecher sie geküsst hatte.
Als ihre Finger über die Tastatur glitten und sie die Enter-Taste drückte, hätte sie nur die Augen schließen müssen.
Und was war die traurigste Wahrheit von allen? Sie wollte es ganz einfach nicht.
Auf dem Bildschirm lud sich jetzt das Video auf YouTube hoch. Clementine beugte sich vor und legte die Arme um Parker. Sie zog den Kater ganz dicht an sich heran, vor allem, als der Mann mit dem strahlenden Politikerlächeln auf die NASCAR-Rennstrecke trat. Seine schwarze Windjacke blähte sich im Wind auf wie ein Ballon.
Und ganz rechts auf dem Bildschirm erschien ein Mann in einem gelben Overall im Bild und hob seine Waffe.
Und wie schon so oft zuvor, spürte Clementine, wie sich ihr der Magen umdrehte, als sie zusah, wie ihr Vater versuchte, den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu ermorden.
54. Kapitel
»Ich kenne den Culperring«, sage ich zu Dallas. »Das war die zivile Spionagetruppe von George Washington. Sie überbrachten versteckte Botschaften, blieben all die Jahre geheim und sind, soviel ich herausgefunden habe, schon so lange dabei, dass sie ihre Finger bei Gettysburg, dem Ersten Weltkrieg und sogar irgendwie bei Hiroschima im Spiel hatten.«
»Woher wissen Sie von Hiroshima?«, erkundigt sich Dallas.
»Sie sind nicht der einzige Geschichtsfreak in unserem Gebäude. Wir haben alle Zugang zu denselben Dokumenten. Sobald wir auf den Namen Dustin Gyrich gestoßen waren …«
»Gyrich! Okay, Sie sind weiter, als wir dachten«, sagt er, als spräche er mit sich selbst. »Aber eins haben Sie falsch
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