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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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von uns nicht mehr am Leben sein.« Dann blickte er Ubbe lange an, während ihm unablässig Blut aus der Nase tropfte.
    »Es gibt einen, der Rat wüßte«, sagte endlich der alte Knecht. »Aber er scheut den Umgang mit Menschen, und es ist fraglich, ob man ihn bei guter Laune antrifft.«
    »Ich werde dir ein Stück Land geben und dich freilassen, wenn du ihn herbringst«, sagte Bosi. Der Knecht nannte das ein bedenkenswertes Angebot und verschwand im nachtdunklen Wald.
    Die Sonne stand schon über den Bäumen, als Ubbe mit einem Mann zurückkehrte, der um vieles älter zu sein schien als er selbst. Der Greis trug ein löchriges, sackartiges Gewand; sein Gesicht war von verfilztem Haar bedeckt. Er stützte sich auf einen mit seltsamen Figuren verzierten Stock, der die Gestalt einer Schlange hatte.
    Ubbe führte den Alten zu Bosi und sagte: »Dies ist Gris der Weise, Herr. Ich habe lange gebraucht, ihn zu überreden, mit mir zu kommen. Sprich leise mit ihm, laute Worte sind ihm zuwider.«
    Bosi lud den Greis ein, sich neben ihm auf die Bank zu setzen. Nachdem sie Bier getrunken hatten, berichtete Bosi mit verhaltener Stimme, was sich in den beiden Nächten ereignet hatte. Der Greis hörte ihm schweigend zu; hin und wieder nickte er auf eine Weise, die zu besagen schien, daß ihm derartiges nicht fremd sei. Dann strich er sich mit seiner knochigen Hand das Haar von der Stirn, und jetzt sah Björn, daß der Alte nur ein Auge besaß.
    »Ich werde dir sagen, was zu tun ist«, flüsterte der Weise. »Aber es wird der letzte Rat sein, den du von mir bekommst, denn ich hatte mich schon zum Sterben niedergelegt.«
    So trugen sie in aller Eile den Grabhügel ab. Vigdis' Körper war schon in Verwesung begriffen und verbreitete einen üblen Geruch. Björn erbrach sich, als er die Maden in ihren Augenhöhlen sah. Tryn hob ein tiefes Loch unter der Türschwelle aus; dort legten sie Vigdis hinein, Bosi schnitt ihr den Kopf ab und trieb einen spitzen Pfahl durch ihre Brust. Als das Loch zugeschüttet war, ritzte Gris mit seinem Stock geheimnisvolle Zeichen in die festgeklopfte Erde und verwischte sie sogleich wieder.
    »Jetzt wird sie euch nicht mehr erschrecken«, sagte er.
    »Was verlangst du dafür?« fragte Bosi.
    »Laß mich in Ruhe sterben«, antwortete der Weise. In der Nähe krächzte ein Rabe. Der Alte hob den Kopf und lauschte. »Ist gut, Hugin, ist gut«, sagte er dann und ging, ohne noch ein Wort zu verlieren, in den Wald.
    Es kam, wie Gris gesagt hatte: In den folgenden Nächten blieb es ruhig. Die Schäden am Haus waren bald behoben, und nach einigen Wochen hielt nur noch Bosis eingekerbte Nase die Erinnerung an die Schreckensnächte wach.
    Gudrid gebar während der Arbeit auf dem Feld einen Sohn. Sie legte ihn unter einen Busch und hätte ihn dort vermutlich seinem Schicksal überlassen, wenn er nicht durch lautes Schreien Bosis Aufmerksamkeit erregt hätte. Der Bauer fand Gefallen an dem kräftigen Knaben, er nahm ihn auf seine Knie und gab ihm den Namen Tore.
    »Er wird ein Bauer, wie ich«, sagte Bosi, nachdem er die Hände des Kindes betrachtet hatte.
    Nach langwierigen Verhandlungen, die mehr als einmal daran zu scheitern drohten, daß Bosi nicht nur mit Worten geizte, sondern ebenso mit dem für die Ausrichtung der Hochzeit erforderlichen Geld, heiratete Ingegärd den Sohn des Bauern, bei dem sie den Winter verbracht hatten. Von Ingegärd ist noch soviel zu erzählen, daß sie nach dem ersten Kind von den Anfällen verschont blieb und mit den Jahren ihrer Mutter immer ähnlicher wurde. Nun kommt sie in dieser Geschichte nicht mehr vor.

4
    BJÖRN WAR JETZT IN DEM ALTER, in dem Bauernsöhne auf Hof und Feld Mannesarbeit verrichteten, wenn sie es nicht vorzogen, in den Dienst eines Häuptlings zu treten und als Krieger Ruhm zu ernten. Aber sein Vater hielt ihn weder für das eine noch das andere geeignet; er war über Jahre nicht mehr als eine Handbreit gewachsen, und er wirkte so schwächlich, daß Bosi sich seiner schämte und es nicht ungern sah, daß Björn häufiger im Wald als auf dem Hof zu finden war.
    Bosi fragte ihn nie, was er dort tat. Er wußte nichts von Björns einsamen Streifzügen durch Wald und Moor, wußte nicht, daß Björn inzwischen die Schiffe zu unterscheiden gelernt hatte nach solchen, die Fracht trugen, und anderen, die, schlank und mit vielen Ruderern bemannt, auf Raub ausfuhren. Wo die Förde nur einen Steinwurf breit war und das Ufer auf beiden Seiten steil zum Wasser hin abfiel, hatte

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