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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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ausgestreckten Armen zwischen den Toten umher, ein Speer hatte sein Auge durchbohrt. »Wo bist du, Thormod!« schrie er. »Du hast mich ins Unglück gebracht, jetzt töte mich auch!« Hemmos Axt zerschmetterte seinen Kopf.
    Sigmund ließ den Priester kommen. Er war ein junger Mann mit mädchenhaften Zügen. Der Anblick der Toten, der verstümmelten Leiber, des Blutes schien ihm Übelkeit zu bereiten; er wurde sehr blaß.
    »Ich lasse dir die Wahl zwischen zwei ungleichen Bedingungen, Vetter«, sagte Sigmund. »Die eine ist gut: Du nimmst den rechten Glauben an und läßt dich taufen. Andernfalls wirst du sofort auf der Stelle hier erschlagen. Und das wäre schlimm für dich, denn du verlierst alles, was du besitzt, und alles Glück auf dieser Welt, um dafür Qual und Höllenpein in der jenseitigen Welt zu erhalten.«
    Tröndur erwiderte: »Ich bin über die Mitte des Lebens hinaus, Vetter. Es lohnt nicht, jetzt noch die Götter zu wechseln.«
    Sigmund rief einen seiner Männer zu sich und gab ihm sein Schwert. »Ich kann es nicht selbst tun, er ist mein Verwandter«, sagte er.
    Der Mann ging um Tröndur herum und holte mit dem Schwert aus. Da hob Tröndur die Hand. »Du läßt mir nicht viel Zeit, über deine Bedingungen nachzudenken, Sigmund«, sagte er. »Da du es aber so eilig hast, wähle ich jene, die du die gute nennst.«
    So rettete Tröndur i Göta sein Leben damit, daß er sich taufen ließ. Sigmund fuhr nun von Insel zu Insel und ruhte nicht, bis alle Bewohner der Schafsinseln Christen geworden waren. Sein Bekehrungswerk stieß nur selten auf Widerstand, denn ihm eilte der Ruf voraus, daß, so gern er die erste seiner ungleichen Bedingungen erfüllt sah, es ihm nicht weniger Freude bereitete, verstockten Heiden den Kopf abzuschlagen.
    Tröndur gelangte später wieder zu Macht und Ansehen, er herrschte mit größerer Härte als zuvor, und er überlebte Sigmund um viele Jahre. Es heißt, er habe Sigmund ermordet, ohne selbst Hand an ihn zu legen. Davon wird in einer anderen, sehr alten Geschichte erzählt. Wir verlassen Tröndur zu dem Zeitpunkt, da er sich, entmachtet und wegen seiner Feigheit verspottet, auf die einsam gelegene Vogelinsel zurückzog und dort auf Sigmunds Abreise wartete. In dieser Geschichte kommt Tröndur i Göta jetzt nicht mehr vor.
    Sigmund ließ Thormod und den Rest seiner Mannschaft frei, nachdem er einen Kopfpreis von je einer Schwertklinge gefordert und, da er nicht mit sich handeln ließ, erhalten hatte. Nun besaß Thormod nichts mehr außer drei Schwertklingen und einigen Walroßzähnen.
    »Wo bleibt das Glück, das du mir bringen sollst, Björn Hasenscharte?« raunzte er, als sie sich auf den Weg zum Liegeplatz ihres Schiffes machten. »Nie war ich ärmer als jetzt. Was habe ich den Göttern getan, daß sie mich so hart strafen?«
    »Du bist ihnen ein Opfer schuldig«, antwortete Björn.
    »Seitdem ich sah, wie es Tröndur erging, zweifle ich an der Macht der alten Götter«, sagte Thormod. »Was hätte es für einen Sinn, den Machtlosen ein Opfer zu bringen und zugleich den einen und allmächtigen Gott dadurch zu erzürnen?«
    »Wie aber können dich die alten Götter strafen, wenn sie keine Macht mehr besitzen?« fragte Björn, bemüht, ein Schmunzeln zu verbergen.
    Thormod bedachte ihn mit einem scheelen Blick. »Du redest wie Poppo«, sagte er. Kurz darauf blieb er stehen, und Björn las von seinem Gesicht ab, daß er einen Entschluß gefaßt hatte. »Von nun an werde ich den Christengott um seinen Beistand bitten«, verkündete Thormod.
    »Soviel ich weiß, tut auch er nichts umsonst«, sagte Björn.
    »Ich werde mich taufen lassen«, war Thormods Antwort.
    Das Schiff lag noch dort, wo sie es verlassen hatten. Als sie aber näher kamen, sahen sie, daß das Deck von grünem Wasser überflutet war. Durch die notdürftig abgedichteten Fugen war das Meer eingedrungen und hatte das Schiff auf seinen felsigen Grund hinabgezogen.
    Nach einem halben Tag rastlosen Schöpfens erkannten die Männer, daß ihre Mühe vergeblich war; sie warfen die Eimer fort und ließen sich ermattet auf die Felsen fallen. Thormod befahl ihnen, wieder an die Arbeit zu gehen, er verfluchte sie, beschwor sie, bettelte. Als sich keiner der Männer rührte, sprang Thormod auf das Schiff und fällte mit einem einzigen Axthieb den Mast. Dann zertrümmerte er in besinnungsloser Wut die Decksplanken, das Schanzkleid, die Back. Die Männer richteten sich auf und sahen verwundert zu, wie Thormod sein Schiff

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