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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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unermeßlichem Reichtum gebracht hätten. Da sie gering an Zahl seien und außerdem, allein dem Schutz ihres Gottes vertrauend, keine Waffen besäßen, sei es ein leichtes, sich ihrer Schätze zu bemächtigen.
    Die Männer hörten ihm begierig zu; es schien, als saugten ihre Augen jedes Wort von Thormods Lippen. Hemmo der Kurze fuhr mit dem Daumen über die Schneide seiner Axt; ein Grinsen trieb seine Mundwinkel auseinander: »Meine Axt kennt eine Krankheit, die kein Wasser heilt. Laß uns aufbrechen, Thormod.«
    »Ich traue der Alten nicht«, sagte Egbert. »Ich bin lange genug selber Mönch gewesen, um solchem Gerede Glauben zu schenken. Es wäre mehr als leichtsinnig, die Reichtümer allein dem Schutz eines Gottes anzuvertrauen, der allen Besitz an die Armen zu verteilen gebietet.«
    »Ich zwinge niemanden, mit mir zu kommen und den Mönchen ihre Schätze abzunehmen«, sagte Thormod zu den anderen. »Wer mir aber folgt, soll wissen, daß ich die Hälfte der Beute beanspruche. Denn ihr seid nicht ärmer als zuvor, während ich alles verloren habe, was ich besaß.«
    Als sie sich auf den Weg machten, sah Björn, daß Hyrrokkin aus ihrer Hütte trat und ihnen nachblickte. Sie stand unbeweglich da, groß und breitschultrig wie ein Mann, und Björn war es, als könne er ihre grünen Augen sehen. Der Gedanke durchfuhr ihn, Thormod zu warnen, aber etwas hielt ihn davon ab. Vielleicht, dachte er später, war es ihr Blick gewesen.
    Die Nacht verbrachten sie in einem Tal inmitten der kegelförmigen Berge. Durch den Talgrund schlängelten sich Bäche, deren Ufer mit saftiggrünem Gras bewachsen waren. Sie fingen Fische mit bloßen Händen und verschlangen sie roh, und als sie gesättigt waren, ließen sie das kalte Wasser über ihre zerschundenen Körper strömen.
    Gegen Mittag des nächsten Tages sahen sie das Kloster. Es lagauf einer flachen Schäre, ein Klotz aus grauem Gestein, der sich allein durch seine regelmäßige Form als ein Werk von Menschenhand zu erkennen gab. Thormod wies die Männer an, ihre Waffen zu verbergen und sich dem Kloster auf eine Weise zu nähern, die keinen Argwohn weckte. So stiegen sie, eine Schar zerlumpter und ausgemergelter Gestalten, zum Strand hinunter und wateten durch das knietiefe Wasser zu der Stelle, wo eine eisenbeschlagene Tür in das Gemäuer eingelassen war. Dort ließen sie sich auf einem Tanghaufen nieder, nachdem Thormod einige Male, zaghaft zunächst, dann vernehmlicher, an das Tor geklopft hatte. Drinnen rührte sich nichts, aber das Wasser begann zu steigen und drang langsam zu dem Platz vor, auf dem die Männer lagerten. Hemmo der Kurze faßte die Tür ins Auge und sagte: »Mir scheint, daß sich das Sprichwort bestätigt, nach dem Reichtum harthörig macht, Thormod. Soll ich hineingehen und den Mönchen unseren Besuch ankündigen?«
    Da hörten sie, wie die Tür entriegelt wurde. Sie tat sich einen Spaltbreit auf, und in diesem erschien das runde Gesicht eines Mönchs.
    »Gelobt sei Jesus Christus«, sagte Egbert. Der Mönch lächelte, gab aber keine Antwort.
    Nun trat Thormod vor und bat den Mönch, ihn zu taufen. In höchster Not, den Tod vor Augen, habe er das Gelübde getan, den heidnischen Göttern abzuschwören und den wahren Glauben anzunehmen, falls der Gott der Christen ihn und seine Männer vor dem Schlimmsten bewahre. Da der eine und allmächtige Gott ihn erhört habe, sei es nun an ihm, sein Gelübde zu erfüllen. Der Mönch nickte abermals, sein rundes Gesicht glänzte vor Freude, er öffnete die Tür und wedelte einladend mit der Hand.
    Sie folgten ihm durch einen langen schmalen Gang, der in einen Innenhof mündete. In seiner Mitte befand sich ein Brunnen, und auf seinem gemauerten Rand saßen einige Mönche, die hölzerne Becher in den Händen hielten. Sie erwiderten Thormods Gruß mit einem Kopfnicken, und als er den Prior zu rufen bat, ging einer vonihnen fort und kehrte bald darauf mit einem Greis zurück, der sich, obwohl er vor Gebrechlichkeit wankte, sehr aufrecht hielt.
    Thormod zog sein Schwert aus dem Hosenbein hervor und setzte die Spitze auf die Brust des Priors. »Zeig uns, wo ihr eure Schätze versteckt habt«, sagte er. Im gleichen Augenblick begann eine Glocke laut und gellend in rasch aufeinanderfolgenden Schlägen zu läuten.
    »Mach, daß es aufhört!« schrie Thormod Hemmo zu. Dieser stürzte in eines der angrenzenden Gebäude; wenig später brach das Läuten ab, aber noch lange hielt sich der letzte Ton im Gemäuer; es war, als hätten

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