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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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sterben, wegen einer dummen Sache. Warum
    sterben? Du bist dumm.«
    Ich hörte seinen Stuhl über den Boden schaben. Ich versuchte mitzubekommen, was vor sich ging, ohne mir anmerken zu lassen, daß ich in der Lage war, mich zu konzentrieren. Ich war ein physisches Wrack. Ich hoffte, der Mann würde nur ein kleines bißchen Menschlichkeit zeigen. Mist, als Kind hatte ich nie Probleme, auf die Tränendrüsen zu drücken, wenn ich meine Tanten
    rumkriegen wollte, mir eine Tüte Chips zu geben. Was war nur los mit diesen Leuten?
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    Mein Auftritt war bestimmt oscarverdächtig, doch er war zum großen Teil echt. Ich hatte rasende Schmerzen, was es mir leichter machte, die Reaktionen zu zeigen, die ich beabsichtigte. Gut, daß sie den Verdacht hatten, ich sei Israeli. Bleiben wir bei dem Thema, dann werden sie vielleicht keine anderen Fragen stellen.
    »Ich kann Ihnen nicht helfen, ich kann es einfach
    nicht.«
    Ich hörte ein tiefes Seufzen, als wäre er mein
    allerbester Freund und als könnte er nichts mehr für mich tun. Das Seufzen hieß: Ich bin dein Kontaktmann, und ich bin der einzige, der die anderen noch zurückhält.
    »Dann kann ich dir nicht helfen, Andy.«
    Wie auf Stichwort hörte ich, daß ein anderer Stuhl über den Boden kratzte und daß Schritte auf mich
    zukamen. Als ich den Duft von Aftershave roch, wußte ich, daß der Bursche, der so geschickt mit dem
    Gewehrkolben umgehen konnte, herüberkam, um mich
    fertigzumachen.

    Ich hatte mich wohl mittlerweile an die Augenbinde gewöhnt, denn mein Gehör- und Geruchssinn schienen schärfer geworden zu sein. Ich konnte die Leute
    allmählich an ihrem Geruch unterscheiden. Der Bursche, der so gut mit dem Gewehrkolben war, trug frisch
    gewaschene Sachen. Ein anderer aß gern Pistazien. Er steckte sie in den Mund und kaute, dann spuckte er mir die zerkleinerte Schale ins Gesicht. Der Kerl, der so gut Englisch sprach, rauchte ununterbrochen, und sein Atem roch nach Kaffee und kaltem Rauch. Wenn er seine
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    Tiraden losließ, bekam ich seine Spucke überall ins Gesicht. Außerdem stank er wie eine Rasierwasserprobe in einer Illustrierten.
    Sein Stuhl quietschte, und ich spürte, wie er
    umherging. Er redete erst wie ein Maschinengewehr, dann machte er auf netten Burschen und sagte ständig:
    »Es ist alles okay, es kommt alles in Ordnung.«
    Während er ganz sanft redete, konnte ich hören, wie er immer und immer näher kam, bis sich unsere Nasen fast berührten. Dann brüllte er mir ins Ohr.
    »So hat das keinen Zweck, Andy«, sagte er. »Wir
    müssen wohl andere Saiten aufziehen, um dich zum
    Reden zu bringen.«
    Was konnten sie denn noch Schlimmeres mit mir
    anstellen? Aus Geheimdienstberichten wußten wir von Verhörzentren und Massenermordungen, und ich dachte, es ist soweit, jetzt nimmt man uns richtig ran. Im Geiste sah ich Konzentrationslager vor mir und
    Elektrodenklemmen an meinen Hoden.
    Zwei der Burschen legten mit Gewehrkolben los.
    Ein besonders heftiger Schlag traf mich am Kiefer, direkt über den Zähnen. Nur die Haut meiner Wange lag zwischen dem Rand des Kolbens und zwei meiner
    hinteren Backenzähne. Ich spürte die Zähne bersten und splittern, und dann traf mich der Schmerz wie ein
    Hammerschlag. Ich lag auf dem Boden und brüllte. Ich versuchte, die abgebrochenen Stücke auszuspucken, doch mein Mund war zu stark geschwollen und taub. Ich
    konnte nicht schlucken. Als ich mit der Zunge an die spitzen, empfindlichen Stummel kam, wurde ich
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    ohnmächtig.

    Ich kam auf dem Boden liegend zu mir. Die Augenbinde war abgefallen, und ich sah, wie Blut aus meinem Mund auf dem hellen Linoleum eine Lache bildete. Ich kam mir dumm und nutzlos vor. Ich hätte mir nichts sehnlicher gewünscht, als daß die Handschellen abfielen, damit ich es den Burschen ordentlich heimzahlen konnte.
    Sie machten weiter und hieben mir mit dem Kolben
    auf den Rücken, traktierten meinen Kopf, die Beine und Nieren.
    Ich konnte nicht durch die Nase atmen. Als ich schrie, mußte ich durch den Mund atmen, und die Luft traf die freigelegten Nerven meiner zertrümmerten Zähne. Ich schrie erneut und schrie und schrie.
    Die Schmerzen wurden unerträglich.
    Sie hoben mich auf und setzten mich wieder auf den Stuhl. Sie verbanden mir nicht mehr die Augen, doch ich hielt den Kopf ohnehin gesenkt. Ich wollte keinen
    Augenkontakt oder mir weitere Schläge einhandeln,
    indem ich aufblickte. Die Schmerzen reichten mir. Ich war nur noch eine einzige formlose Masse, rotzend, heulend,

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