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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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geht’s deinen Zähnen - sie haben dir doch einige Probleme bereitet?«
    »Ich habe ein paar abgebrochene Backenzähne. Sie tun weh.« Ich spielte weiter den unterwürfigen Trottel. Zu diesem Zeitpunkt war ich ohnehin jenseits von Gut und Böse. Meine Zähne bereiteten mir Höllenqualen; es war schmerzhafter als die schlimmsten Zahnschmerzen, die ich je gehabt hatte.
    »Ich habe angeordnet, daß jemand kommt, der sich darum kümmert«, sagte »die Stimme« besänftigend. »Wir haben hier einen Zahnarzt. Er hat sogar vor neun Jahren im Guy’s Hospital in London gearbeitet. Er zählt zu den besten.«
    Man nahm mir die Augenbinde ab. Der Zahnarzt kam und sagte: »Hallo, Andy.« Ich mußte den Mund weit aufmachen, und er schaute vorsichtig und mit beruhigenden Worten hinein. Er klang mitfühlend, als er einige Instrumente aus einer Tasche nahm.
    »Bitte weit öffnen, Andy«, sagte er in perfektem Englisch. »Du lieber Himmel, das sieht böse aus, aber ich bringe das schnell für dich in Ordnung.«
    Ich hatte meine Befürchtungen, aber ich konnte nichts tun. Ich öffnete den Mund, so weit ich konnte, und er packte den ersten Zahnstummel mit der Zange und drehte kräftig.
    Ich schrie, und Blut schoß aus meinem Mund.
    »Glaubst du wirklich, wir wollen dir helfen?«
    »Die Stimme« lachte. »Glaubst du wirklich, wir wollen dir helfen, du elender Haufen Scheiße? Wir könnten dich einfach hier krepieren lassen - so unwichtig bist du für uns. Wer, denkst du, wird dir helfen, Andy? Deine Regierung? John Major schert sich einen Dreck um solche Mistkäfer wie dich. Nein, Andy, der einzige, der dir helfen kann, bist du selbst. Warum tust du dir das an? Du machst das alles für nichts und wieder nichts durch. Du bist dumm, ein Dummkopf, der in die Irre geleitet wurde, und du wirst deine Zähne nacheinander verlieren.«
    Ich konnte nicht antworten. Ich wußte, daß ich sterben würde. Und jetzt wußte ich auch, daß es nicht kurz und schmerzlos über die Bühne gehen würde.
    Seit mehreren Tagen waren wir nun schon splitternackt der Feuchtigkeit und bitteren Kälte ausgesetzt. Wir wurden regelmäßig in den Zellen geschlagen und während der Verhöre bis zur Bewußtlosigkeit gefoltert. In den Zellen mußten wir die ganze Zeit in einer strapaziösen Position mit verbundenen Augen und in Handschellen verharren. Wenn wir dann umkippten, kamen sie rein und schlugen uns.
    Jede Nacht hörten wir Bombardements, manchmal in unmittelbarer Nähe. Einmal wurde das ganze Gebäude erschüttert, und die Wachen liefen schreiend durcheinander.
    Ich lag auf dem Boden und lauschte auf den Lärm, und ich hörte mich selbst aus Leibeskräften schreien: »Na los doch. Bombardiert mich! Ich bin hier unten!«
    Ich war wirklich überzeugt, es würde nicht eher aufhören, bis ich tot war. Ich wollte es hinter mir haben. Ich wollte keine Schmerzen mehr.
    Wenn große Bomben fallen, hört man ein surrendes Geräusch. Ich konzentrierte mich auf jedes Surren und wünschte, daß es in meiner Zelle landete. Das Gebäude wackelte und bebte. Ich spürte die Druckwellen von Sprengbomben. Es war das erste Mal, daß ich sterben wollte. Ich war auf einem absoluten Tiefpunkt meines Lebens.
    In einer Nacht begegnete ich eine Viertelstunde lang Gott. Der Allerhöchste befand sich in der oberen rechten Ecke der Zelle, und ich führte ein kurzes Gespräch mit ihm.
    »Komm und hilf mir jetzt«, flehte ich. »Wenn du mir jetzt hilfst, bin ich auf ewig dein bester Freund. Wenn es dich gibt, dann hilf uns verdammt noch mal hier raus. Wir brauchen jetzt deine Hilfe - wir alle. Wenn es dich gibt, mach was, und ich tu’ auch jeden Tag was in deinen Klingelbeutel.«
    Ich sagte das Vaterunser so weit auf, wie ich mich aus meiner Schulzeit daran erinnern konnte, doch nichts geschah. Gott existierte nicht.
    Ich starb ganz langsam. Dein Körper sagt es dir. Die Zelle war voll von meiner Scheiße und Pisse. Ich schlief darin. Ich war damit bedeckt.
    Manchmal brachten sie mir etwas zu trinken.
    Eines Nachts kam eine Gruppe Wachmänner herein.
    »Tel Aviv, Tel Aviv«, sagte einer von ihnen.
    »Nein, Brite«, lallte ich, »ich bin Brite.«
    »Vorhaut«, befahl er. Er hatte anscheinend die Geschichte gehört und wollte sich mit eigenen Augen überzeugen.
    Ich gab ihnen zu verstehen, daß ich wegen der Handschellen nichts machen könne, und sie nahmen sie mir ab.
    Noch immer mit verbundenen Augen, suchte ich mit geschwollenen, tauben Fingern nach meinem Schwanz. Ich zog die Vorhaut lang,

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