Die Männer von Bravo Two Zero
man uns mit dem Regiment in Verbindung bringen können.
Allem Anschein nach waren sie mit meiner Erzählung zufrieden. Problematisch konnte es werden, wenn sie wieder mit den beiden anderen reden und sie fragen würden: »So, wir wissen, was ihr macht. Jetzt erzähl du es uns.« Doch damit war wohl nicht zu rechnen, die Jungs hatten bisher nichts gesagt, warum sollten sie plötzlich klein beigeben?
Wenn ich nicht redete, würden sie unsere Leute sterben lassen. Wenn ich redete und sie herausfanden, daß ich ihnen wieder irgendwelchen Mist erzählt hatte, dann war ich schuld, wenn wir alle erneut in die Mangel genommen wurden und letztlich starben. Doch ich sah keine andere Lösung.
»Vielen Dank, daß du uns hilfst, Andy. Deine Lage könnte sich verbessern. Allerdings nicht, wenn wir feststellen, daß du lügst. Doch es wird bestimmt besser. Und ich freue mich, daß du so vernünftig bist und uns hilfst.«
Bei seinen Worten fühlte ich mich absolut beschissen. Hatte ich wirklich das Richtige getan, fragte ich mich? Würde das noch weitergehen? Würden sie mich jetzt für ihre Zwecke einspannen? Würden sie mich im Fernsehen als »den netten Burschen aus England, der uns geholfen hat«, präsentieren? Ich mußte an Vietnam denken, daran, daß man Soldaten angeklagt und verurteilt hatte, als sie nach Hause kamen. Sie wurden als Kollaborateure gebrandmarkt, und das von Leuten, die sich keine Vorstellung von den Umständen machen konnten, unter denen dieser angebliche »Verrat« begangen wurde.
Aber da saß der gute Richard Pryor und erzählte mir, wir wären die besten Freunde, und das war nicht leicht zu ertragen.
»Das hast du gut gemacht, Andy. Sehr gut.«
Ich wußte, es war richtig gewesen, ihre Drohung ernst zu nehmen. So wie sie uns behandelt hatten, war es ihnen durchaus zuzutrauen, daß sie die beiden im Krankenhaus töteten.
»Möchtest du eine Zigarette?«
»Nein, ich rauche nicht. Aber mein Freund Dinger.«
»Vielleicht können wir ihm irgendwann eine Zigarette geben.«
»Wo ich Ihnen jetzt geholfen habe, könnten wir da vielleicht was zum Anziehen haben und es etwas wärmer bekommen? Wir frieren sehr.«
»Ja, das wird kein Problem sein, denn wir sind jetzt Freunde. Du kannst jetzt wieder in deine Zelle gehen, Andy, und vielleicht ändert sich einiges. Bis dahin werden wir deine Aussage überprüfen.«
Sie legten mir wieder Augenbinde und Handschellen an und brachten mich zurück in die Zelle.
Eine halbe Stunde später kamen sie wieder, warfen mir meine Sachen zu und nahmen mir Augenbinde und Handschellen ab. Doch auf ihre kleinen Schikanen wollten sie doch noch nicht ganz verzichten. Als ich versuchte, mich anzuziehen, stießen sie mich immer wieder um.
Als ich aufwachte, plagte mich noch immer die Unsicherheit, ob ich das Richtige getan hatte. Ich lag in derselben Ecke wie sonst auch. Anscheinend sucht man instinktiv immer denselben Platz auf, vielleicht weil man sich so sicherer fühlt oder geschützter.
Die Wachen kamen herein, begleitet von einem Hauptfeldwebel. Er sprach sehr gut Englisch.
»Ach, Andy, Andy. Unser Freund Andy«, sagte er, den Mund voller Pistazien. »Mein Name ist Mr. Jihad.«
Er spuckte Schalen auf den Boden.
»Guten Morgen, Mr. Jihad.« Ich wußte, daß er nicht so heißen konnte, aber ich spielte mit.
»Es ist schön zu sehen, daß du deine Sachen wiederhast und dich besser fühlst. Du fühlst dich doch besser?«
»Ja.«
»Leider können wir dir keine medizinische Versorgung bieten, weil wir selbst keine haben. Kinder sterben durch eure Bomben, wir müssen sie zuerst versorgen. Verstehst du?«
»Natürlich, ich verstehe.«
»Daran sind Bush und Thatcher und Major schuld. Sie verhindern, daß Medikamente in unser Land kommen. Würdest du heute morgen gern etwas essen?«
»Ja, vielen Dank, ich würde gern etwas essen.«
Sie brachten Wasser herein und einen kleinen Margarinewürfel in Papierverpackung. Ich öffnete ihn und fing an zu essen.
»Was Flucht angeht, Andy. Du bist jetzt schon eine lange Zeit hier. Vielleicht denkst du daran zu fliehen. Flucht wäre sehr, sehr sinnlos und gar nicht gut für dich. Du bist in Bagdad. Du könntest nirgendwohin. Und wir sind doch jetzt Freunde, nicht wahr, Andy?«
Ich nickte und stimmte ihm zu, mit fettverschmiertem Mund.
»Ich möchte dir zeigen, was passiert, wenn man zu fliehen versucht.« Mr. Jihad zog ein Hosenbein hoch und zeigte mir eine riesige Narbe. »Als junger Mann war ich sechs Monate im Iran im
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