Die Männer von Bravo Two Zero
sie mit Kerzen und Essen versorgten. Offenbar rechneten sie mit einer harten Nacht.
Mark und ich tranken ein Bier und legten uns aufs Ohr. Ich hatte vor, neben seiner Trage auf dem Boden zu schlafen, für den Fall, daß es Probleme gab. Aber aus dem Plan wurde nichts. Als ich kurz nach oben ging, um etwas zu essen und Kakao zu besorgen, schlief ich auf einem Stuhl ein. Leute vom Roten Kreuz saßen zu zweit oder dritt zwischen uns und blieben die ganze Nacht wach.
Ich wachte früh auf. Ein Offizieller erschien und verkündete grinsend, es sei Zeit für die Heimreise. Für Mark und mich stellte sich jetzt ein Sicherheitsproblem, da Angehörige der SAS verpflichtet sind, um jeden Preis dafür zu sorgen, daß kein Foto von ihnen in der Presse erscheint. Ich sprach mit den Piloten und erklärte dem Roten Kreuz unsere Schwierigkeiten.
»Kein Problem«, sagten sie. »Wenn der Bus vor dem Hotel hält, fahren Krankenwagen zum Lieferanteneingang, weil wir nur da die Tragen durchbekommen. Sie können zu ihrem Freund in den Krankenwagen steigen.«
Die Flugzeugcrew erklärte sich bereit, für die Medien ein Ablenkungsmanöver zu veranstalten; sie wollten sich den Pullover über den Kopf ziehen, damit die Fotografen sich die Finger wund knipsten. Die Aufnahmen von den kamerascheuen Jungs von den »Special Forces« gingen um die ganze Welt.
Wir fuhren im Konvoi los. Vorn in unserem Krankenwagen saßen zwei Männer vom Roten Kreuz, und plötzlich sagte einer von ihnen: »Wenn ihr wollt, machen wir mit euch eine Stadtrundfahrt durch Bagdad. Links sehen Sie«, er sprach jetzt mit der Stimme eines typischen Reiseführers, »das Informationsministerium. Es bestand aus einem großen Gebäudekomplex, und nur ein einziges Gebäude wurde zerstört. Soviel zum Thema präziser Bombenabwurf. Und rechts sehen Sie das Ministerium für .«
Auf allen Straßen waren Saddam-Plakate und der islamische Halbmond zu sehen. Überall waren zerstörte Gebäude, aber es schien, als hätten die Präzisionsbomben ausgezeichnete Arbeit geleistet. Ganz offensichtlich hatten sie ihre militärischen Ziele nicht verfehlt. Zivilgebäude gleich neben den Ruinen waren dagegen relativ unversehrt.
Dann erzählte er von dem irakisch-iranischen Gefangenenaustausch, an dem er mitgearbeitet hatte. Er sagte, die Gefangenen seien in den Zwanzigern gewesen, hätten aber älter als 40 ausgesehen; sie mußten Entsetzliches mitgemacht haben. Ihr Leben sei ruiniert gewesen. Sie hätten fürchterliche Verletzungen gehabt, offene eiternde Wunden, die niemand versorgt hatte.
»Dieser Austausch ist der bislang erfolgreichste«, sagte der Mann. »Ich glaube, das hängt mit dem Druck seitens der Militärs zusammen; die wollen wohl ihre Armeen wieder aufstocken. Die hiesigen Machthaber sind sehr beunruhigt. Es droht offenbar ein Staatsstreich. Je schneller wir euch hier rausbringen, desto besser.«
»Find’ ich auch«, sagte Mark.
Ich las die Hinweisschilder zum Flughafen von Bagdad, und mit jedem Kilometer, den wir zurücklegten, wurde ich nervöser. Die Abfertigung schien miserabel zu funktionieren, denn wir fuhren ein Stück, hielten an, fuhren weiter, hielten wieder an. Kein Flugzeug weit und breit.
»Immer das gleiche«, sagte der Fahrer. »Die Bürokratie ist einfach unmöglich.«
Wir fuhren um eine Ecke und sahen eine Schlange von Bussen mit irakischen Gefangenen. Sie machten keinen glücklichen Eindruck. Der Hauptterminal war menschenleer. Zwei Stunden lang mußten wir kleinlichen Verwaltungskram über uns ergehen lassen, bevor wir schließlich aufgerufen wurden, das Flugzeug zu besteigen.
Die Gefangenen, die gehen konnten, bestiegen die beiden Swissair-Maschinen vom Typ 727 über die vorderen Gangways. Die nicht gehfähigen Gefangenen wurden auf ihren Tragen über die hintere Treppe eingeladen. Ich blieb bei Mark. Die Swissair-Crew begrüßte uns wie VIPs, und sofort gab es Kaffee - mit
Sahne. Der reinste Nektar.
Als die Maschine von der Startbahn abhob, brüllten wir wie ein ganzes Fußballstadion. Ich sah Mark an und grinste. Jetzt ging’s wirklich heim.
Dreizehn
Die Stimme des ranghöchsten Offiziers unter den Amerikanern, ein Oberst, erklang über die Lautsprecher. Er wollte, daß seine Männer bei ihrem Auftritt vor den Kameras nur ihre Kriegsgefangenenmontur trugen, damit sie was hermachten. Sie mußten ihre Pullover ausziehen. Außerdem wies er sie an, sich beim Aussteigen strikt an die militärische Rangordnung zu halten. Ich konnte es nicht
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