Die Männer von Bravo Two Zero
Verstärkung anrückte.
Jedesmal, wenn sich aus egal welcher Richtung ein Wagen näherte, mußten wir in Deckung gehen. Wir kletterten über Zäune, gingen Hunden aus dem Weg, mieden Gebäude. Es waren jetzt überall Häuser, beleuchtet, mit brummenden Generatoren. Wir schlugen uns ohne Zwischenfall durch.
Schließlich kamen Fahrzeuge die Straße entlang, mit ausgeschalteten Scheinwerfern, wohl in der Hoffnung, daß man uns so leichter ausmachen konnte. Noch immer wurde in der Entfernung geschossen. In unserer Wüstentarnkleidung leuchteten wir vor dem fast europäischen Hintergrund aus Feldern und üppigem Ackerland wie Gespenster im Mondschein.
Wir wurden von der Straße aus entdeckt. Ein paar Fahrzeuge kamen herangebraust, und Männer sprangen schießend heraus. Wir hatten jeder nur noch wenig Munition, und es würde bestimmt noch jede Menge brenzlige Situationen geben, bevor die Nacht vorüber war. Uns blieb nichts anderes übrig, als zu laufen. Deckung gab es keine. Sie feuerten ohne Pause, und wir liefen ohne Pause; die Kugeln zischten an uns vorbei und
in die Siedlung hinein.
Wir spurteten 400 Meter zwischen kleinen Häusergruppen hindurch und rechneten jeden Augenblick damit, von irgend jemandem erledigt zu werden, der gerade nach draußen kam, doch die Einwohner, Gott segne sie, blieben in ihren Häusern. Ich war schweißüberströmt und schnappte nach Luft. Das Adrenalin putscht dich auf und du läufst Weltrekorde, aber du hältst es nicht durch. Dann wird wieder geschossen, und du holst noch mehr aus dir raus.
Wir liefen auf einen Bergkamm und konnten unter uns die Lichter von Abu Kamal und Krabilah sehen, die beiden Siedlungen, die sich entlang der Grenze erstreckten. Es war ein richtiges Lichtermeer, als würden wir auf die Filmkulisse von Unheimliche Begegnung der dritten Art zulaufen. Und auch die Flaggenmasten waren zu sehen, der größere auf irakischer Seite. Die Jungs hinter uns schossen weiter.
»Verdammt«, rief Bob, »seht mal da, das ist ja toll! Wir haben’s fast geschafft!«
Ich Idiot keuchte nur: »Halt doch dein Maul!« als wäre er ein ungezogener Schuljunge. Im selben Moment tat es mir leid. Ich dachte doch genau das gleiche. Die Lichter da, Abu Kamal, der Turm - das war nicht im Irak, das war Syrien. Ich konnte es fast schon riechen. Ich war genauso elektrisiert wie Bob.
Wir rannten über den Kamm. Doch in dem Moment, als wir von der Anhöhe nach unten liefen, konnten ein paar Soldaten, die dort postiert waren, wunderbar unsere Silhouetten gegen den Himmel sehen. Sie gehörten offenbar zu einem Luftabwehrbataillon. Sie begrüßten uns mit einer Salve aus Handfeuerwaffen, und dann folgte Artilleriefeuer.
Wir duckten uns und wandten uns nach Norden, um über die Straße zu kommen. Dafür mußten wir aber durch die Siedlung, die zwischen uns und dem Fluß lag. Bei der Luftabwehrstellung heulten die Motoren auf, und um das Ganze perfekt zu machen, jagten auch noch Düsenjäger über uns hinweg. Das mußten welche von uns sein, denn sie wurden sofort von den Luftabwehrgeschützen unter Beschuß genommen. In dem Chaos machten wir uns davon.
Es wurde links, rechts und hinter uns geschossen, doch wir liefen weiter, die Köpfe gesenkt. Leuchtspurgeschosse gingen senkrecht in die Höhe, dann auch waagerecht, die Iraker feuerten auf alles, was sich bewegte. Es war ungeheuerlich, schließlich standen überall in der Gegend zivile Gebäude. Das Geschützfeuer der Luftabwehrartillerie war ohrenbetäubend. Wir mußten uns unsere Befehle und Warnungen zuschreien.
Wir kamen an eine Straße, sahen kurz nach, ob die Luft rein war, und überquerten sie. Auf der anderen Seite blieben wir stehen und atmeten tief durch, um wieder ruhig zu werden. In ein besiedeltes Gebiet zu gehen ist eine Sache für sich, und man versucht möglichst, es zu vermeiden, doch wir hatten keine andere Wahl. Rechts von uns war eine Plantage, die jedoch von einem hohen Zaun umgeben war.
Wir mußten durch etwa 300 bis 400 Meter besiedeltes Gebiet hindurch, eine dichte Ansammlung von Häusern mit einer Mauer ringsherum. Fünf Zentimeter dicke Bewässerungsrohre aus Kunststoff verliefen am Boden entlang von den Häusern zu der Pflanzung. Wir gingen los, versuchten uns möglichst im Schatten zu halten, die entsicherten Waffen im Anschlag, den Finger am Abzug. Wir bewegten uns in nördlicher Richtung, und der Mond stand im Westen. Ich war vorn. Falls jemand auftauchte, würde ich ihn mit meiner 203 er erledigen, und Mark
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