Die Maetresse bis Martini
Nachfolgeregelung steht an.“
„Gibt es immer noch die Zunftregel, dass ein Meister den Laden führen muss?“ Jochem war sehr nachdenklich geworden. Obwohl er froh war, allein mit seinen Schafen zu sein, kannte er doch zu gut die zum Teil sehr eng gefassten Gesetze innerhalb der verschiedenen Zünfte. Die meisten waren zum Wohl der Meister und ihrer Familien gedacht. Mittlerweile waren aber einige überholt und schränkten die Handwerker in ihrer Arbeit ein.
„Ja, aber ich kann eine Ausnahme beantragen, weil keine Kinder da sind. Der nächste Verwandte von Hans’ Seite ist ein entfernter Cousin dritten oder vierten Grades, der in Würzburg lebt. Der ist aber Töpfer.“
„So einer übernimmt unsere Schneiderei nicht!“, warf Marie ein.
Jochem prustete los, weil die Magd so ein ernsthaftes Gesicht machte, das gar nicht zu ihren Lachfalten und den schelmischen Augen passte. Doch Marie war es bitterernst: „Mein Platz ist hier in Hochheim, hier in der Schneiderei.“
Katharina drückte Maries abgearbeitete Hände: „Natürlich bleibst du hier. Ich sorge dafür. Hab keine Angst vor der Zukunft.“
„Doch, das hast du, Katharina.“ Oh verdammt! Jochem hatte sie wieder einmal durchschaut. Es lag wohl an den verflixten Schafen, bei denen ein Blick genügte um zu wissen, woran sie litten.
Marie setzte sich mit ihrem Rücken an den Kamin und legte ihre Hände in den Schoß. Das war stets das Zeichen, dass Katharina ihr Rede und Antwort stehen musste. Wie würden beide auf Katharinas Entscheidung reagieren? Sie biss sich auf die Unterlippe, um Zeit zu gewinnen. Doch die beiden bestanden darauf, dass sie alles erzählte. Sie straffte die Schultern und holte tief Luft, dann erzählte sie, dass Martin sie auf seinem Pferd zum Schloss gebracht hatte. „Der Haushofmeister hat mich erwartet und brachte mich dann zu Karl, dem jungen Fürsten. Zuerst hat er mich eine Weile vor der Tür warten lassen, bis ich völlig aufgelöst war. Ich habe solche Angst gehabt! Dann wurde es richtig unheimlich. In dem Zimmer brannte nur eine Kerze und ihn habe ich gar nicht gesehen. Eine Stimme aus dem Dunkel hat mir dann befohlen, mich ins Licht zu stellen. Könnt ihr euch vorstellen, wie ich mir vorgekommen bin? Wie ein Pferd, das auf seine Tauglichkeit geprüft wird. Dann hat Der junge Fürst gesagt, dass es einen Weg gibt, wie ich seine Schuldscheine auslösen kann.“ Katharina verstummte, weil die Erinnerungen auf sie einstürmten.
„Was hat er genau von dir gewollt, Rina?“, fragte Marie leise, als ihre Herrin stumm blieb.
Die Worte steckten im Hals, Katharina setzte zweimal zum Sprechen an, aber es war zu ungeheuerlich. Marie würde sie verachten, Jochem wahrscheinlich auch und ihre Mutter schämte sich zu Tode!
„Was wollte er?“, drängte Marie erneut.
Vor ihren Augen sah Katharina wieder Karls Lippen auf sie zukommen, roch seine Haut und spürte seinen Finger unter ihrem Kinn. Wie sehr war ihre Angst mit aufkeimender Lust vermischt gewesen. In seinem Blick war Triumph aufgeblitzt, als ob er das geplant hätte.
„Rina?“ Marie war unerbittlich.
Doch Katharina schwieg und schlug beschämt ihre Hände vors Gesicht.
Jochem räusperte sich: „Karl hat dich vor die Wahl gestellt. Entweder arbeitest du jeden Schuldschein mit deinem Körper ab oder er fordert die gesamte Summe ein, so dass du mittellos wirst.“
„Ein Jahr!“, flüsterte Katharina tonlos.
„Ein Jahr was?“, fragte Marie.
„Ich muss für ein Jahr seine Mätresse sein. Dann ist die Schuld getilgt.“ Katharina brach in Tränen aus.
Erschüttert sah Jochem Marie an: „Das passt zu ihm.“
„Aber das geht doch nicht!“, meinte Marie fassungslos.
„Soll ich euch verhungern lassen?“, wimmerte Katharina. Sie nahm die Hände von ihrem tränenüberströmten Gesicht. „Ich habe zugestimmt.“
Marie stand auf und nahm Katharina in den Arm. „Ach, Rina.“
„Wie soll ich das meiner Mutter beibringen?“
Jochem trank bedächtig aus seinem Becher. „Was will Karl?“
„Er hat mir befohlen, dass ich für Geschäft und Kunigunde sorgen soll.“
Marie fand das gut: „Dann ist er wie sein Vater großzügig. Du kannst für deine Mutter einen Platz in einem nahe gelegenen Stift suchen. Das wird er bezahlen. Für die Schneiderei finden wir vielleicht einen Käufer.“
„Du schimpfst nicht mit mir?“ Katharina trocknete ihre Tränen.
„Warum sollte ich?“ Marie ließ sie los und goss frischen Tee auf. „Ich hatte andere Pläne für
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