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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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sagt, die Männer haben Fieber.«
    »Du meinst, Friedrich muss seine Pläne doch ändern?«
    »Vielleicht.«
    »Wir haben Juli«, sinnierte Papst Gregor, »der Kaiser muss sich beeilen. Die Menschenmassen werden den Sommer dort nicht überstehen. Gut, warten wir ab. Segelt er nicht spätestens im August, ist er erledigt.« Diese Aussicht hellte Gregors Stimmung schlagartig auf.
    »Und wenn der Kaiser den Kreuzzug aufschiebt?«, fragte der Mönch und spürte einen Augenblick zu spät, welch grobe Unhöflichkeit er begangen hatte. Die Pläne Seiner Heiligkeit gingen ihn, einen einfachen Dominikaner, nun wirklich nichts an.
    Doch ganz gegen seine Gewohnheit übersah Papst Gregor die plumpe Vertraulichkeit. Sein scharfer Verstand arbeitete bereits in höchster Konzentration und überschlug die Möglichkeiten, die sich der Kirche boten, falls Friedrich den Kreuzzug tatsächlich nicht antreten konnte. Verlockende Möglichkeiten, deren Auswirkungen die Welt verändern würden.
    Papst Gregor  IX . schenkte dem Mönch deshalb ein mildes Lächeln. »Dann«, antwortete er auf die Frage des Dominikaners, »dann werden wir den Kaiser bestrafen.«

B ianca wollte atmen und bekam keine Luft. Panik überfiel sie. Sie kämpfte verzweifelt, um wach zu werden. Jemand war über ihr. Jemand drückte etwas auf ihren Mund. Blind schlug sie um sich. In ihrer Kammer herrschte tiefste Finsternis. Normalerweise schien das Mondlicht durch die Fenster, doch am Abend hatte der heiße Sommertag ein heftiges Gewitter gebracht, und nun fiel der Regen aus dichten Wolken. Bianca hörte das Rauschen und spürte die Kühle, die ins Zimmer hereinzog.
    »Hochmütiges Miststück«, keuchte eine Stimme. Hände zerrten an ihrem Leinenhemd und rissen an ihren langen blonden Haaren.
    Bianca erstarrte vor Entsetzen. Sie hatte die Stimme erkannt. Am Abend, beim Festbankett, als die Diener einen Gang nach dem anderen auftischten und der schwere rote Wein aus dem Piemont in die Kelche floss, hatte dieser Mann neben ihr gesessen – Enzio Pucci, Graf von Tuszien.
    Er wälzte sich auf sie und keuchte Schimpfworte, die Bianca nie gehört hatte. Sie wand sich unter seinem Körper, versuchte zu beißen, zu treten, mit aller Kraft von ihm freizukommen, doch er war stärker als sie.
    Bianca verstand nicht, warum Giovanna ihr nicht zu Hilfe kam. Solange sie denken konnte, schlief die Amme bei ihr in der Kammer. Bianca lauschte verzweifelt nach einer Stimme, einer Bewegung, nach irgendeinem Lebenszeichen, aber sie hörte nichts. Nichts außer den heiseren Flüchen des Mannes und dem unaufhaltsam strömenden Regen.
    Giovanna, wach auf, flehte Bianca stumm und spürte, wie die Kräfte sie verließen.
    Plötzlich nahm der Mann seine schwielige Hand von ihren Lippen, Bianca öffnete keuchend den Mund, und im selben Moment spürte sie seine Zunge. Grob zwängte er sie zwischen ihre Zähne und stieß sie tief in ihren Rachen. Voller Ekel begann sie zu würgen, und er schlug ihr mit der rechten Hand ins Gesicht. Kurz und hart, wie er es bei widerspenstigen Mägden zu tun pflegte. Sein schwerer Siegelring traf ihre Wange und ließ die Haut aufplatzen. Bianca fühlte etwas Feuchtes in ihrem Augenwinkel, Tropfen, die über ihre Wangen liefen und schließlich auf ihren Lippen endeten. Sie schmeckten nach Blut.
    »Du Hure«, stöhnte er. »Ich werde dir deinen Hochmut austreiben.«
    Sein Geruch war unerträglich, eine Mischung aus feuchtem Tierfell und säuerlicher Milch. Bianca hatte den ganzen Abend unter diesem Gestank gelitten, und soweit es Höflichkeit und Gastfreundschaft zuließen, hatte sie sich von ihrem Tischherrn weggedreht. Vom ersten Augenblick an hatte sie diesen Mann verabscheut. Er war grob und derb, und die Narbe, die quer über seine Wange lief, gab ihm einen grausamen Zug.
    Einen Moment lang fragte sich Bianca, ob es möglich sein konnte, dass Giovanna noch schlief und jede Sekunde aufwachen würde.
    Dann formte sich ein schrecklicher Gedanke. Hatte Enzio Giovanna getötet? Er wird uns beide umbringen, dachte sie und gab alle Hoffnung auf. Ihre Muskeln erschlafften, ihr Körper wurde weich, Angst legte sich über ihr Denken, und ihr Widerstand schien gebrochen.
    Der Mann über ihr spürte ihr Nachgeben, riss ihr das Leinenhemd über die Hüften und zwängte sich zwischen ihre Beine. Bianca hörte eine Frau weinen und erkannte ihr eigenes Schluchzen.
    Ihr rechter Arm stieß an den Tisch neben ihrem Bett, ihre Hand fuhr rudernd durch die Luft und über die Platte.

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