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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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eigenmächtig regiert, wird Konrad König werden. Aber das ist eine Entscheidung, an der ich nicht beteiligt bin und die ich auch nicht ändern kann. Leider. Hoffentlich hat mich Friedrich nicht aus diesem Grund nach Foggia kommen lassen. Er weiß, dass ich den Palast nicht mag und lieber mit den Kindern im Kastell Gioia del Colle geblieben wäre.« Sie brach ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Karim. »Was führt Euch zu mir?« Er fand nicht auf Anhieb die passenden Worte, und Bianca bemerkte, dass er ganz gegen seine sonstige Gewohnheit verlegen wirkte. »Ist etwas passiert?«
    »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber ich habe eher zufällig eine alte Frau im Kerker der Inquisition getroffen …«
    »Wo?«
    »Bei den Patres der Dominikaner. Sie suchen mal wieder nach Ketzern. Auf jeden Fall hatte eine der Frauen behauptet, sie sei Sarazenin, aber das ist jetzt auch nicht wichtig.«
    Bianca konnte sich nicht vorstellen, worauf er hinauswollte, und hielt es für besser, ihn nicht weiter zu unterbrechen.
    »Diese Frau, von der ich gesprochen habe, sagt, sie stamme aus dem Piemont, und ihr Name sei Giovanna. Da dachte ich …«
    Bianca war aufgesprungen und auf ihn zugelaufen.
    »Giovanna. Ist sie hier? Und was hat sie mit der Inquisition zu tun?«
    »Langsam, ich bin noch nicht am Ende. Sie ist in die Hände des Inquisitors gefallen, weil sie mit einer Gruppe von Albigensern unterwegs war – zum Kloster der Ehrwürdigen Schwestern in Bari.«
    »O Gott, das ist sie. Wie ist sie denn bis nach Foggia gekommen?«
    »Zu Fuß.«
    »Arme Giovanna. Bringt mich zu ihr.«
    »Bianca, das ist noch nicht alles.«
    Sein ernster Ton ließ Bianca misstrauisch werden. Es war nicht seine Art, andere Menschen hinzuhalten, und wenn Karim zögernd antwortete, verbarg sich dahinter meist eine schmerzhafte Wahrheit.
    Sie setzte sich langsam wieder auf ihren Stuhl.
    »Es ist keine glückliche Geschichte, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Erzählt sie mir trotzdem.«
    »Giovanna ist krank. Sehr krank.«
    »Aber Ihr seid ein guter Arzt. Nein, Ihr seid der beste.«
    »Ich kann ihr nicht mehr helfen.«
    »Heißt das …?«, flüsterte Bianca.
    »Ja, sie wird sterben.«
    »Kann ich sie sehen?«
    »Natürlich, aber denkt daran, dass sie hohes Fieber hat und unter schlimmen Schmerzen leidet. Möglich, dass sie Euch nicht erkennt.«
    Sie folgte ihm von den Wohnräumen der kaiserlichen Familie hinunter zu den Kammern der Dienstmägde. Die Gänge wurden schmaler, die Decken niedriger, und es roch nach altem Essen und schaler Luft. Karim öffnete eine Tür und ließ Bianca eintreten. Im Zimmer war es stickig, und obwohl Karim penibel für Sauberkeit sorgen ließ, war der Geruch nach Verwesung unverkennbar.
    Bianca schauderte, und ihr kamen die vielen kranken und toten Menschen in Brindisi in den Sinn, die Leichen, die auf den Plätzen der Stadt verbrannt wurden. Und sie dachte an Enzios Gestank, den sie nach einem schlechten Traum manchmal zu wittern glaubte. So roch der Tod, und Bianca wurde blass, als sie erkannte, dass Karim recht hatte. Giovanna lag im Sterben.
    Langsam trat sie an das Lager ihrer ehemaligen Amme, die ihr ein Leben lang mehr bedeutet hatte als ihr eigener Bruder. Es war viel Zeit vergangen, seit sie gemeinsam geflohen waren, und sie hatten sich Jahre nicht gesehen.
    »Ich habe ihr ein Schmerzmittel gegeben«, sagte Karim, »sie schläft jetzt fest. Es ist besser, wenn Ihr später wiederkommt.«
    »Nein, ich bleibe.«
    »Die Wunden müssen regelmäßig gereinigt werden. Das ist kein schöner Anblick.«
    »Bitte, Karim. Ich kann nicht einfach zusehen, wie sie stirbt. Lasst mich helfen. Es muss doch etwas geben, was ich für sie tun kann.«
    Karim schüttelte den Kopf, erlaubte ihr aber, bei Giovanna zu bleiben.
    »Betet für sie«, riet er ihr. »Das ist alles.«
    Bianca saß stundenlang neben Giovannas Lager und ließ die Dienerschaft rätseln, was die Mätresse des Kaisers mit der alten sterbenden Frau, die keiner kannte, zu tun hatte.
    In den Morgenstunden des folgenden Tages schlug Giovanna noch einmal die Augen auf. Bianca nahm ihre Hand und drückte sie. Sie las Verwirrung in ihrem Blick und legte ihr sanft die Fingerspitzen auf die Lippen.
    »Nicht sprechen, Giovanna. Ich bin da. Du hast mich doch noch gefunden.«
    Tränen quollen aus Giovannas Augen, und Bianca versuchte die alte Amme in die Arme zu nehmen, doch Giovanna zuckte bei jeder Bewegung zusammen.
    »Nicht«, sagte Karim, der zu den beiden Frauen getreten

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