Die Maetresse des Kaisers
war. »Sie leidet Höllenqualen, wenn die Betäubung nachlässt. Ich muss die Dosis erhöhen. Es ist besser, Ihr verabschiedet Euch jetzt. Sie wird bald wieder fest schlafen.«
»Lebe wohl, Giovanna«, flüsterte Bianca. »Der Kaiser hätte dich gern kennengelernt.« Dann ging sie vor die Tür, um auf Karim zu warten.
»Es geht zu Ende«, sagte er. »Ihr könnt bei ihr bleiben, aber ich glaube nicht, dass sie noch einmal erwacht.«
Bianca nickte.
»Danke, dass Ihr ihr die Schmerzen erspart.«
Sie blieb bei Giovanna, bis der Tod sich nicht länger vertreiben ließ. Und als die Fanfaren vor dem Palast die Ankunft des Kaisers ankündigten, hatte sie Giovanna verloren.
D er Reiter kam auf einem Pferd, dessen Mähne in Flammen stand. Seine Rüstung glühte von der Hitze, und die Hufe des mächtigen Rosses sprühten Funken. Er ritt geradewegs auf sie zu, und dabei hob er sein Schwert hoch über den Kopf. Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen, denn der Helm verdeckte sein Antlitz vollkommen.
Sie begann zu laufen, doch die donnernden Hufe näherten sich unaufhaltsam, und ihre nackten Füße kamen auf dem Gras nicht voran. Das Feuer, das er mitbrachte, schien sie zu versengen, und in ihren Ohren hallte das Schreien des Pferdes.
Sie wollte sich verstecken, doch nirgendwo entdeckte sie einen Unterschlupf, kein Erdloch, keine Höhle, in der sie sich wie ein verwundetes Tier verkriechen konnte. Als sie einen Waldrand sah, lief sie darauf zu und meinte schon den heißen Atem des Pferdes in ihrem Nacken zu spüren. Keuchend erreichte sie einen Baum und versuchte an ihm hochzuklettern, doch der Stamm war dick und die Rinde hart und rissig. Die Haut an ihren Fingern sprang auf, und es gelang ihr nicht, auch nur ein kleines Stück vom Boden freizukommen, immer wieder rutschte sie von dem knorrigen Holz ab.
Der Reiter war jetzt so nah, dass die Flammen nach ihrem Gewand griffen. Panisch schlug sie nach dem züngelnden Feuer, traf ihre Beine, Arme und ihren Körper, doch die Hitze wurde stärker und stärker, und sie wusste, dass sie in Flammen stand. Sie schrie und wollte fliehen, doch sie hatte den Baum im Rücken und den Reiter vor sich und war hoffnungslos gefangen. Sie brannte lichterloh, und als sie sah, dass es kein Entrinnen gab, stieß sie einen verzweifelten Schrei aus – und im selben Moment erwachte sie keuchend.
Das Laken klebte an ihr, ihr Haar war feucht von Schweiß. Sie konnte noch nicht lange geschlafen haben, in der Ecke der Zimmers brannte eine Öllampe. Sie hatte Friedrich heute den ganzen Tag noch nicht gesehen. Seit er von dem Treffen mit seinem Sohn Heinrich zurückgekehrt war, debattierte er hinter verschlossenen Türen mit Rechtsgelehrten und anderen klugen Männern über das weitere Vorgehen in Deutschland. Sie selbst trauerte um Giovanna und hatte sich den ganzen Tag nicht wohl gefühlt. Auf Karims Rat hin hatte sie sich am späten Nachmittag hingelegt und musste auf der Stelle eingeschlafen sein.
Der Alptraum war so wirklichkeitsnah gewesen, dass sie immer noch glaubte, im Raum herrsche eine unerträgliche Hitze, obwohl ihr Verstand ihr sagte, dass die Visionen, die ihre Phantasie ihr vorgegaukelt hatten, vorbei waren. Sie vermochte sich nicht zu erklären, was in ihr derartige Bilder ausgelöst haben könnte.
Ihre Schwangerschaft kam ihr in den Sinn, doch als sie Konstanze erwartet hatte, waren ihr keine solchen Träume begegnet. Vielleicht hatte sie eine der großen Raubkatzen von Friedrich brüllen hören, die in Eisenkäfigen im Hof gehalten wurden. Die Tiere versetzten sie regelmäßig in Angst und Schrecken, zumal sie ständig befürchtete, dass Konstanze oder Konrad zu Schaden kommen könnte. Einmal hatte sie gesehen, wie Konstanze auf einen der Löwenkäfige zugetrippelt war, und seitdem herrschte ein striktes Verbot, die Kinder in die Nähe der Tiere zu lassen.
Sie stand auf und zog sich ein trockenes Hemd an. Dann nahm sie einen Umhang aus ihrem Schrank, schlang ihn um sich und setzte sich in den milden Schein der Öllampe. Langsam atmete sie ruhiger, und die Schrecken des Traums verloren ihre Macht über sie.
Sie vergewisserte sich, dass in ihrem Zimmer nichts Ungewöhnliches zu entdecken war. Zurück ins Bett wollte sie dennoch nicht. Sie sehnte sich nach Friedrich und entschied, hier auf ihn zu warten, und wenn es den ganzen Abend und die ganze Nacht dauern würde. Seit den Wochen ihrer Versöhnung im Kloster der Ehrwürdigen Schwestern war ihre Liebe tiefer geworden, und Bianca
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