Die Maetresse des Kaisers
Bibel begangen?«
»Ich habe gehungert, weil es nichts zu essen gab.«
»Die Zeugen sagen, du hättest nur Wasser und Brot zu dir genommen.«
»Ich sagte doch, wir hatten nichts anderes.«
»Ihr hättet ein Rebhuhn erlegen können. Aber du isst ja kein Fleisch, wie es die Lehre der Ketzer vorschreibt.«
»Davon weiß ich nichts.«
»Bekenne dich schuldig, und ich lasse Gnade walten.«
Fast war Giovanna versucht, ihm das Geständnis, das er haben wollte, zu geben. Sie konnte nicht mehr. Immer dieselben Fragen, und jede ihrer Antworten führte wieder hinein in den Zirkel aus verdrehten Wahrheiten und wahllosen Anschuldigungen.
Wenn sie sich zur Ketzerei bekannte, würde sie im Kerker sterben. Blieb sie standhaft, verbrannte man sie auf dem Scheiterhaufen.
Durch ihr enges Zusammenleben mit den Albigensern wusste sie, dass viele von ihnen stark genug waren, für ihren Glauben in den Tod zu gehen. Sie hatte Geschichten von Menschen gehört, die der Ketzerei verdächtigt worden waren, nicht abschworen und singend die Flammen erwarteten. Sie bewunderte den Mut dieser Leute und wusste, dass sie selbst ihn nicht aufbringen könnte. Außerdem wollte sie nicht sterben für einen Glauben, der gar nicht der ihre war.
»Ich bin keine Ketzerin«, sagte sie deshalb nachdrücklich. »Aber Ihr glaubt mir ja sowieso nicht.«
»Ich habe die Zeugen gehört.«
»Dann nennt mir die Zeugen.«
»Keine Namen.«
Berengaria hatte ihr schon in Turin von den Prozessen der Inquisition erzählt. Es war unmöglich, sein Recht zu bekommen, denn die Patres beriefen sich auf Aussagen, die man nicht widerlegen konnte, und auf Menschen, die etwas gesehen oder gehört haben wollten. Meist hatten sie selbst unter der Folter gelitten oder waren auf andere Art dermaßen in Angst versetzt worden, dass sie alles zugaben und jeden denunzierten, dessen Namen der Inquisitor hören wollte.
Der Pater jagte auch Giovanna schreckliche Angst ein, doch sie ahnte, dass sie, wenn sie jetzt nachgab, verloren war. Um jeden Preis musste sie die Folter vermeiden, denn unter unvorstellbaren Schmerzen würde auch sie alles gestehen. Und sei es, dass sie mit dem Teufel durch die Lüfte geflogen sei.
Sie versuchte neue Kraft zu schöpfen und den Schmerz in ihren Füßen für einen Moment zu vergessen.
»Ihr habt recht«, sagte sie, »ich habe gelogen.«
»Endlich. Du bekennst dich also doch schuldig.«
Der Dominikaner lehnte sich befriedigt zurück und betrachtete nachlässig seine Fingernägel.
»Ich gestehe, dass ich zu der Gemeinschaft der Sarazenen im Königreich Sizilien gehöre, und berufe mich auf den Schutz des Kaisers.«
Der Pater sprang auf. »Was soll das?«
»Ich berufe mich auf den Schutz den Kaisers«, wiederholte Giovanna. »Er hat den Sarazenen Glaubensfreiheit gewährt. Das weiß jedes Kind.«
»Du und eine Sarazenin. Das ist ja lächerlich.«
Er beugte sich näher zu Giovanna und trat ihr auf den Fuß. Sie schrie auf und krümmte sich vor Schmerzen.
»Willst du mich zum Narren halten?«
Giovanna sah seine Wut und betete, dass er sie nicht weiter quälen würde. Andererseits hatte sie zwar gelogen, was ihre Zugehörigkeit zum muslimischen Glauben anging, aber über die Gesetze des Kaisers die Wahrheit gesprochen. Und da auch ein Inquisitor der Kirche diese achten musste, war deutlich zu spüren, dass der Dominikaner unsicher geworden war.
Juden und Sarazenen hatten bei Kaiser Friedrich schon immer eine Sonderstellung gehabt, und in der neuen Gesetzgebung, die erst vor kurzem in Kraft getreten war, war dies bestätigt worden. Niemand durfte sie wegen ihres Glaubens verurteilen, schon gar nicht ein christlicher Pater.
Giovanna erkannte mit Genugtuung, dass die Selbstsicherheit des Inquisitors einen Riss bekommen hatte. Er schien zu grübeln, ob und wie er das Verhör fortführen sollte, und vollführte dann seinerseits eine listige Volte, mit der Giovanna nicht gerechnet hatte.
»Wir werden sehen«, sagte er. »Wenn es sich so verhält, wie du behauptest, dann sprichst du auch Arabisch. Es wird nicht schwer sein, deine Sprachkenntnisse überprüfen zu lassen.«
Sie nickte stumm.
Der Inquisitor fuhr fort: »Wir sind in Foggia. Der ganze Hof ist anwesend und wartet auf die Rückkehr des Kaisers. Es wird ein Leichtes sein, einen der arabisch sprechenden Beamten des Kaisers herzubitten. Hast du gelogen, rettet dich nichts mehr. Dann stirbst du den Tod durch das Feuer.«
Giovanna schlug die Hände vors Gesicht. Sie zitterte am ganzen
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