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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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Jahren war der Kleber. Nach den blutigen Attentaten mit zahlreichen Toten hat die Cosa Nostra auch bei der Schutzgelderpressung ihre Strategie geändert. Sie möchte kein Aufsehen mehr erregen. Es reicht ein Kleber.
    Dem Ladenbesitzer bricht der kalte Schweiß aus. Endlich geben sie sich zu erkennen. In der Regel wird ein gut gekleideterjunger Mann mit höflichen Manieren vorstellig. Er redet fast nie von Geld, von Schutzgeld. Er verlangt lediglich eine Spende: für die Gefängnisinsassen, für Anwaltshonorare, für das Stadtteilfest. Manche der Betroffenen zahlen den gesamten Betrag, und zwar sofort, andere machen sich auf die Suche nach einem Freund oder Bekannten, um einen Rabatt auf den
pizzo
zu erhalten.
    Das Schutzgeld ist nicht nur eine reichlich sprudelnde Einnahmequelle. Es ist vor allem eine Machtdemonstration. Alle müssen zahlen: auch die Mafiosi. Das mag paradox erscheinen, ist aber die Regel. Die Macht der Cosa Nostra gründet sich auf Regeln. Und die Regel besagt, wenn ein Mafioso ein Geschäft eröffnen möchte oder eine Baustelle in einer Gegend plant, in der eine andere Familie das Sagen hat, muss auch er zahlen. Sogar Giovanni Brusca, der Attentäter von Capaci, zahlte Schutzgeld für einen Bauauftrag in einem Territorium, das nicht das seine war. Das ist die vollendete Form des mafiosen Pragmatismus.
    34. Gibt es Geschäftsleute, die kein Schutzgeld zahlen? Mit welchen Folgen?
    Seit zwei, drei Jahren beschließen in Palermo immer mehr Geschäftsleute, sich nicht zu beugen. In ganz Palermo sind es derzeit etwa siebzig.
    Die Cosa Nostra kann es verkraften, wenn einer von hundert Geschäftsinhabern nicht zahlt – das verbucht sie als unternehmerisches Risiko. Wenn aber einer nicht schweigt, sondern eine Kampagne gegen das Schutzgeld startet, gibt er ein schlechtes Beispiel und gerät politisch und militärisch ins Visier der Organisation.
    So geschah es vor beinahe zwanzig Jahren Libero Grassi, einem Textilunternehmer. Er hatte sich nicht nur geweigert, die Erpresser zu bezahlen, sondern sie im Fernsehen an den Pranger gestellt. Am 29. August 1991 erschossen sie ihn.
    Salvatore Cozzo, der Präsident des Industriellenverbandesvon Palermo, hatte ihn wenige Tage vorher öffentlich gerügt, er mache »zu viel Wirbel«. Ein weiteres Mitglied des Verbandes ließ gar verlauten: »Wenn wir alle zahlen, zahlen wir weniger.«
     
    Beim ersten Mal verlangten sie von mir Geld für ihre armen eingesperrten Freunde, die kleinen Handlanger der Mafia, die im Ucciardone-Gefängnis hinter Gittern saßen. Das war der allererste Kontakt. Ich sagte sofort nein. Ich weigerte mich zu zahlen. Dann fing es mit den Drohanrufen an: Behalte dein Lager im Blick; gib auf deinen Sohn acht; pass auf dich auf. Der Anrufer stellte sich als »Bauingenieur Anzalone« vor, er wollte mit mir persönlich sprechen. Er drohte, die Werkstatt in Brand zu stecken. Da ich nicht vorhatte, ein Bestechungsgeld an die Mafia zu zahlen, beschloss ich, diese Leute anzuzeigen […].
    Erpressung ist die Mutter aller Verbrechen, weil sie die Kontrolle über das Territorium begründet, festigt und erweitert. Das Schutzgeld ist Ausdruck der Territorialherrschaft der Cosa Nostra über die Stadt Palermo: Durch das Schutzgeld wird die Mafia zum Staat.
     
    Brief von Libero Grassi, veröffentlicht am 30. August 1991,
    einen Tag nach seinem Tod, im
Corriere della Sera
    35. Wie funktioniert die Schutzgelderpressung? Wie wird das Geld eingesammelt, und wo landen die erpressten Summen?
    In der Regel ist der Erpresser nicht vorbestraft. Für seinen Job erhält er rund tausend Euro im Monat. Gleichzeitig wird er beobachtet und getestet, um zu sehen, ob er eines Tages selbst zum Ehrenmann werden kann. Ganz Palermo ist ein Tummelplatz für Schutzgelderpressungen. Häufig erhält der Erpresser auch die Erlaubnis, auf eigene Faust zu dealen, während er seine Runde dreht. Alles, was er sammelt, bringt er dem Boss der Familie, die in dem Gebiet das Sagen hat. Salvatore Lo Piccolo, der Boss des Bezirks San Lorenzo-Tommaso Natale, hatte vierhundert Schutzgeldeintreiber – das sind allerdings nur diejenigen, die im Zuge der polizeilichen Ermittlungen entlarvt wurden.Aus seiner Buchführung, die man bei seiner Verhaftung Ende 2007 in seinem Versteck fand, wurde ersichtlich, dass Lo Piccolo allein mit Schutzgelderpressung einen Umsatz von zweieinhalb Millionen Euro im Monat erzielte. Pietro Grasso, der Leiter der nationalen Antimafia-Staatsanwaltschaft, nannte es »den Lohn

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