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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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markieren die
fiumare,
die Flüsse, die den Aspromonte hinunterfließen und nur nach Regen reichlich Wasser führen, die Grenzen der einzelnen
’ndrine.
Für die nach Deutschland ausgewanderten kalabrischen Familien bildet diese Grenze der Rhein, an dessen diesseitigem oder jenseitigem Ufer sie sich ansiedeln.
    98. Welche Rolle spielt die Camorra in der internationalen Kriminalität?
    Die Camorra als solche existiert nicht mehr. Heute gibt es nur noch das »System«. Das »System« ist der Clan, die camorristische Gruppe eines bestimmten Gebiets. Die Kriminalität Kampaniens bildet ein ganzes Netzwerk von Clans: zweihundertfünfzig sind es in der Provinz Neapel.
    Diese Organisation lässt sich am schwersten in einem strengen Regelwerk erfassen. Bisher ist jeder Versuch gescheitert, ihr eine Struktur und eine hierarchische Ordnung zu geben. Ende der siebziger Jahre gründete Raffaele Cutolo die
Nuova camorra organizzata
, aber schon damals bekämpften sich die camorristischen Gruppen untereinander – Cutolos Gegner waren die sogenannten Sezessionisten – und schafften es nicht, sich eine gemeinsame Führungsspitze zu geben, eine Cupola.
    Jeder Clan beherrscht sein Territorium autonom. Bei Grenzüberschreitungen kommt es zu blutigen Fehden. Die Clanchefs sterben jung. Betagte Bosse gibt es in Neapel heute kaum mehr. Doch in den letzten Jahren haben die Camorra-Gruppen diesem Chaos eine gewisse Ordnung gegeben – mit gefährlichen Konsequenzen. Die Camorra schmuggelt alles, sie hat überall ihre Finger im Spiel, bei gefälschten Markenwaren ebenso wie bei der Abfallentsorgung, im Drogenhandel und in den Kommunalverwaltungen.
    Auch die kampanischen Clans sind weitweit vernetzt. In Wien und Brüssel lassen sich diverse Handelsaktivitäten auf dasSystem von Secondigliano, einem Stadtteil an der nördlichen Peripherie Neapels, zurückführen. An der Côte d’Azur operieren die Licciardi und Di Lauro. Der La-Torre-Clan aus Mondragone betreibt Spielkasinos in England und in Amsterdam. Francesco Schiavone, ein Cousin des gleichnamigen Clanchefs der Casalesen, Francesco »Sandokan« Schiavone, verlagerte seine wirtschaftlichen Aktivitäten nach Rumänien: Betriebe zur Produktion von Mozzarella und Büffelzucht. Die Liste der von der Camorra unterwanderten Länder ist lang. Sie umfasst Brasilien, Kuba und die Dominikanische Republik ebenso wie Kenia, Tunesien und Südafrika. Der Clan der Casalesen, ein Imperium auf einem Fleckchen Erde zwischen Casal di Principe und San Cipriano d’Aversa, ist – anders als die städtisch geprägte Camorra – als hierarchischer Familienverband organisiert. Die Casalesen sind die raffinierteste Ausprägung des neapolitanischen »Systems«.
    99. Welche Regionen sind von der Mafia am stärksten unterwandert?
    An erster Stelle ist Kalabrien zu nennen, gefolgt von Sizilien und Kampanien, Apulien und schließlich der Lombardei und Latium. Nach den Regionen Süditaliens, die traditionell von den drei Mafien – Cosa Nostra, Camorra und ’Ndrangheta – beherrscht werden, hielt in den letzten zehn Jahren die Lombardei den Rekord bei der Beschlagnahme und Enteignung von Mafiagütern. Vor allem in Mailand und den benachbarten Kommunen waschen die Bosse ihr schmutziges Geld. In der Lombardei haben sich die Clans schon seit jeher ausgebreitet; hier begannen die sizilianischen Mafiosi bereits in den siebziger Jahren zu investieren. Am bekanntesten sind die Ermittlungen der Staatsanwältin Ilda Boccassini zur Duomo Connection, also zur Infiltration Mailands durch die Mafia und zur politischen Protektion der Drogenbarone aus Palermo.
    Latium, und insbesondere die Provinz Latina – von Fondi bis Aprilia und von Sperlonga bis Sabaudia –, wurde zum Herrschaftsgebietder Casalesen und einiger kalabrischer
’ndrine
. Auch Rom wurde von den Kalabresen erobert. Sie betreiben Restaurants und Bars, und ihr Immobilienbesitz ist gewaltig. Doch außerhalb der Ursprungsregionen der Mafien wurde das Phänomen ihrer kriminellen Durchdringung seit jeher unterschätzt. Ihr Eroberungsfeldzug begann vor fast fünfzig Jahren mit den
confinati
, den Mafiosi, die in den sechziger Jahren in die Verbannung geschickt wurden. Und er ist bis heute nicht abgeschlossen.
    Und es stimmt ja auch: Geld stinkt nicht. Bedauerlicherweise werden sich die Italiener dieser Gefahr immer erst dann bewusst, wenn es bereits zu spät ist: wenn sie selbst den Bossen zum Opfer fallen. Vorher wenden sie sich ab und tun, als ob nichts

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