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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Breuer
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Diederich.«

26. K APITEL
    M ergh trat in die Bibliothek und verdrehte die Augen. Was trieb Gotthardt nun schon wieder um? Wie von Sinnen pulte er den Dreck unter seinen Nägeln hervor und starrte stumpfen Blickes in den kalten Kamin.
    »Gotthardt, was ist los? Weswegen sorgst du dich?« Mergh legte die Hände auf seine Schultern und knetete die Haut unter dem Hemd.
    »Schlimmes steht uns bevor, Mutter.« Gotthardt trommelte wie besessen mit der Faust gegen seine Brust.
    Mergh schlug ihm mit der flachen Hand auf den Kopf. »Hör auf damit! Man sollte meinen, du wärst nicht ganz bei Trost.«
    Ihr Sohn begann zu wimmern. »Dieser Gülich wird mich an den Galgen bringen. Bei den Ratssitzungen kann ich mich nicht mehr blicken lassen. Jedes zweite Wort ist Gülich, Gülich und dann noch mal Gülich. Seine Beschuldigungen ziehen sich durch die Bänke der Ratsmitglieder wie eine Schlange, die mit ihrem Biss den sicheren Tod bringt.«
    »Du hast tatsächlich den Verstand verloren. Was kann Gülich dir schon anhaben? Roders Aussage ist ebenso viel wert wie die einer Hure. Und wie du in das Amt des Syndikus gelangt bist, darüber schweigt Cronenberg sich aus. Schließlich wird er sich nicht selbst belasten. Also, worüber sorgst du dich?«
    Gotthardt sprang aus dem Lehnstuhl, fasste Mergh grob am Arm und schüttelte sie. »Gebt Euch keine Mühe, Mutter! Unser Ende naht, glaubt mir.«
    Mergh bekam es mit der Angst zu tun. Wenn sie nur ein weiteres unbedachtes Wort von sich gab, würde er ihr an die Kehle gehen. Für einen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken, Gotthardt ins Tollhäuschen zu bringen. Doch dann besann sie sich. Wie konnte sie nur? Er war ihr Sohn, der ohne sie nicht zu leben vermochte. Diese Sache galt es gemeinsam durchzustehen. In gewohnter Manier griff sie sich ans Herz und riss Augen und Mund auf, als sähe sie Gevatter Tod unmittelbar vor sich stehen.
    »Mutter, hört auf! Verzeiht mir. Bitte, beruhigt Euch.« Mit einem Mal blickte Gotthardt aus Augen, die denen eines Lamms glichen.
    »Hilf mir in den Stuhl, Sohn«, stöhnte Mergh und ließ ihre Glieder so schwer werden, als wiche das Leben aus ihr.
    Nachdem sie sich in das Polster fallen gelassen hatte, legte Gotthardt schluchzend ein Kissen in ihren Nacken und sank vor ihr auf den Boden. Den Kopf auf ihre Knie gelegt, begann er zu weinen.
    Mergh strich ihm über das Haar, als wäre er noch ein kleiner Junge. »Solange ich bei dir bin, wird dir nichts geschehen.« Wieder einmal hatte sie ihn beruhigen können, denn sein Jammern verstummte.
    »Mutter?« Gotthardts Stimme klang nun tatsächlich wie die eines kleinen Kindes.
    Mergh war ehrlich gerührt. »Was ist denn?«
    Gotthardt wischte sich mit dem Hemdsärmel den Rotz von der Nase. »Ich bin mir sicher, dass man dem Verderben geweiht ist, sobald man in die Augen des Dämons geschaut hat.«
    »Gotthardt, was redest du da?« Fahl wie eine Tote schlug Mergh das Kreuzzeichen.
    Gotthardt sprang auf. »Helft mir, Mutter! Helft mir! Ich schaffe es nicht allein!«, schrie er plötzlich wie von Sinnen und lief aus dem Zimmer.
    Mergh wusste nicht, was sie von alldem halten sollte. Am Ende ihrer Kräfte, legte sie das Gesicht in die Handflächen. Hatte sie etwa einen Irren geboren?
    Iven deckte Alena zu. Die ganze Nacht hindurch hatte sie in seinen Armen geweint, und er konnte nichts tun. Das Gefühl der Machtlosigkeit trieb ihn zur Verzweiflung. Erst war er davon überzeugt gewesen, Gotthardt hätte Gabriel in seiner Gewalt, und wollte schon zum Weismarkt aufbrechen. Aber Alena überzeugte ihm vom Gegenteil. Änni wäre es nicht entgangen, wenn Gotthardt sich des Kleinen bemächtigt hätte. Dessen war auch Iven sich nun sicher. Vielleicht sollte er die Kappesbäuerin aufsuchen. Bestimmt wusste sie mehr, als sie zugegeben hatte. Vor dem Fenster zeigte sich bereits der Tag und hauchte silbriges Licht in die Kammer.
    Mit bebenden Fingern strich Iven Alena eine Strähne aus der Stirn. An ihrer Brust schlief die kleine Sophie, die sie so fest im Arm hielt, als wäre sie ihr eigenes Kind. Iven schickte ein Stoßgebet gen Himmel und bat den Herrn um ein Wunder.
    Ein leises Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Fyen steckte den Kopf durch den Spalt. Iven gab ihr mit einem Handzeichen zu verstehen, dass sie nicht stören sollte. Sachte schloss sich die Tür wieder. Er umfasste Alenas Hand, die kalt war wie Eis.
    Wie lange er so dagesessen hatte, wusste Iven nicht. Erst als er bemerkte, wie trocken und rissig

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