Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
von den Wangen. Änni bei sich zu wissen, beruhigte sie ein wenig.
Die Freundin ließ sich neben ihr nieder. »Erzähl, aber der Reihe nach.«
Nachdem Alena sich ihr Leid von der Seele geredet hatte, sprang Änni auf. »Komm, lass uns keine Zeit verlieren und Gabriel aus den Fängen des Paters befreien.«
In Alenas Beine kehrte die Kraft zurück. Gemeinsam mit Änni und der kleinen Sophie lief sie zur Kommende.
Derselbe Geistliche öffnete ihnen das Tor. Ohne weitere Umstände ließ er diesmal die beiden Frauen ein und führte sie zu einem der reetgedeckten Häuser unterhalb der Kirche Jakorden.
Pater Cornelius stand am Fenster seines Arbeitszimmers und schaute geistesabwesend hinaus. Erst das Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
»Sei gegrüßt, Bruder«, sagte er und blickte erstaunt in die Gesichter der beiden Frauen. Neugierig musterte er sie. Seine Augen ruhten schließlich auf Alena. »Bist du nicht das Mädchen, das ich auf dem Hof der Kappesbäuerin getroffen habe?«
»Was habt Ihr mit meinem Kind gemacht?«, stieß Alena ohne Umschweife hervor und schaute sich in dem Zimmer um, als könnte sie dort eine Spur von Gabriel entdecken.
»Was soll ich mit deinem Kind gemacht haben?« Der Pater betrachtete die kleine Sophie in Ännis Arm. »Es macht einen recht munteren Eindruck.«
»Dies ist nicht mein Kind. Mein Sohn war in der Obhut der Kappesbäuerin, und nun ist er fort.«
»Was habe ich damit zu tun?« Pater Cornelius spielte mit dem Holzkreuz, das an seinem Hals hing.
»Ihr …«
Änni stieß Alena mit dem Ellbogen in die Rippen. »Lass gut sein, Leni. Er hat den Kleinen nicht. Das siehst du doch.«
Fassungslos schaute Alena sie an. »Natürlich hat er ihn geholt! Und ihn irgendwo versteckt.«
Mit gespitzten Lippen und großen Augen bedeutete Änni ihr, den Mund zu halten. Wie konnte sie nur so gedankenlos sein? Wenn Gabriel tatsächlich nicht bei dem Pater war, dann lenkte sie nun erst recht seine Aufmerksamkeit auf ihn.
»Was ist denn mit dem Jungen? Stimmt etwas nicht mit ihm? Warum sollte mir daran gelegen sein, ihn hier zu verstecken?«
»Verzeiht, Pater. Ich dachte, die Kappesbäuerin hätte ihn in Eure Hände gegeben, weil sie ihn mit der Milch der Ziegen nicht satt bekommt.« Alena schalt sich für die dumme Ausrede, doch etwas anderes war ihr in der Eile nicht eingefallen. Sie spürte, wie die Röte in ihre Wangen kroch.
»So? Das klang soeben aber ganz anders. Raus mit der Sprache! Was ist los?« Das Gesicht des Paters verfinsterte sich vor Ungeduld.
»Nichts, nichts. Verzeiht die Störung.« Änni griff nach Alenas Hand und zog sie aus dem Zimmer.
Doch der Kirchenmann ließ sich nicht beschwichtigen und folgte ihnen auf den Hof. Dort hallte von Jakorden lautes Glockengeläut herüber, so dass eine Verständigung unmöglich war. Die beiden Frauen jedenfalls starrten ihn fragend an, während er auf sie einredete. Schließlich gab der Pater auf, wandte sich kopfschüttelnd ab und stapfte über den Hof davon zu der Kirche.
»Gabriel ist nicht hier, bestimmt nicht.« Vor den Mauern der Kommende malte Änni mit dem Fuß Kreise in den Staub. Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe. »Glaub mir, der Pater hätte sonst schon längst nach dir gesucht. Du wärest in seinen Augen die Frau, die mit dem Dämon eine Buhlschaft eingegangen ist. Überleg doch mal, Leni!«
»Hast ja recht, Änni. Wenn er Gabriel geholt hätte, müsste ich auf die Anklagebank.« Alena hätte sich für ihre Dummheit am liebsten geohrfeigt. Doch wo war Gabriel? Verzweifelt blickte sie zum Himmel. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie begann, am ganzen Leib zu zittern. Ein entsetzlicher Gedanke schoss ihr durch den Kopf, und sie griff nach Ännis Hand. »Und wenn Gotthardt oder Mergh ihn gefunden hätten … das wüsstest du doch, oder?«
Die Freundin sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Natürlich wüsste ich es. Die beiden können vor mir nichts geheim halten. Ich bekomme alles mit.«
Alena blickte zu Boden. »Aber es könnte doch sein, dass sie Gabriel woanders versteckt halten. Oder dass Gotthardt ihn …« Ein Weinkrampf schüttelte sie.
»Scht, Leni. Denk gar nicht daran! Das ist unmöglich. Gotthardt und Mergh haben andere Sorgen, seit Nikolaus ihnen die gefälschten Rechnungen unter die Nase gehalten hat. Seitdem hat Gotthardt nicht ein einziges Mal nach dem Kleinen gefragt.«
Verzweifelt rieb Alena sich mit den Händen durch das Gesicht. »Dann bleibt nur noch
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