Die Magd von Fairbourne Hall
hinunter, ihr Handtuch um den Hals.
Unverschämter Kerl!
Wenigstens hatte die Wanne einen Abfluss, sonst hätte sie noch das ganze schmutzige Wasser wegschleppen müssen, bevor sie sie neu füllen konnte. Während die Wanne leerlief, begann sie den ganzen Prozess von vorn. Sie wollte nicht in dem Wasser baden, das der flegelhafte Thomas benutzt hatte. Sie holte sich ein sauberes Handtuch aus dem Wäscheschrank der Dienstboten und legte es über den Stuhl. Diesmal schloss sie die Tür, als sie in die Küche zurückkehrte, in der Hoffnung, so ihr Territorium zu markieren.
Endlich, eine Stunde später als gedacht, schloss sie die Badezimmertür hinter sich, schob den Stuhl unter die Klinke und zog sich aus. Sie nahm die Brille ab, zog die Haarnadeln heraus und setzte die Perücke ab. Dann hob sie einen Fuß über die Wanne und prüfte die Wassertemperatur. Genau richtig. Sie stieg hinein und setzte sich, die Knie angezogen. Wie gut das heiße Wasser sich auf ihrem Rücken und ihrem Po anfühlte! Sie stieß einen langen, zufriedenen Seufzer aus.
Dann griff sie hoch und löste ihr Haar aus dem festen Knoten, beugte sich vor und legte die Haarnadeln auf das Regal. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und massierte sich die Kopfhaut. Aaah – sie sank tiefer in die Wanne.
Margaret wusch sich und machte ihr Haar nass, dann genoss sie es, sich die Haare zu waschen. Als sie fertig war, goss sie das restliche Wasser aus dem Kessel über ihren Kopf, wobei sie sorgfältig darauf achtete, nichts zu verschütten, denn dann würde sie es später noch aufwischen müssen. Sie lehnte sich wieder in der hohen Wanne zurück. Die Augen fielen ihr zu. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie einschlafen.
Allmählich kühlte das Wasser ab und sie begann zu frösteln. Sie stand auf, wickelte sich in das Handtuch und stieg aus der Wanne. Sie schlüpfte in ihr Nachthemd, den Morgenrock und die Hausschuhe, ließ das Wasser ab und sammelte ihre Haarnadeln ein. Zu müde, um sich das Haar durchzukämmen und aufzustecken und die lästige Perücke wieder aufzusetzen, schlang sie sich stattdessen das Handtuch um den Kopf, wobei sie sorgfältig darauf achtete, dass ihr Haar ganz bedeckt war.
Sie rollte die Perücke und die Haarnadeln in ihre Kleider ein und schob sich das Bündel unter den Arm. In letzter Minute fiel ihr noch ihre Brille ein. Sie nahm sie vom Regal; die Gläser waren noch ganz beschlagen. Ihr Handtuch saß zu fest, als dass sie sie hätte aufsetzen können, also behielt sie sie einfach in der Hand. Im Flur würde es dunkel sein bis auf das Licht ihrer Kerze und zu dieser späten Stunde würde sie ohnehin niemandem begegnen.
Sie sah noch einmal nach, ob sie wirklich alles hatte und keine blonden Haare mehr in der Wanne waren, dann verließ sie das Badezimmer, bepackt mit einem Kleiderbündel und der Brille in der einen und der Kerze in der anderen Hand. Doch sie war noch nicht an der Treppe, als sie Schritte herunterkommen hörte, direkt auf sie zu. Sie blickte überrascht auf, nur um sich gleich darauf zu wünschen, sie hätte den Kopf gesenkt gelassen. Nathaniel Upchurch kam die Treppe herunter; er trug ebenfalls eine Kerze in der Hand.
Sie war nackt. Plötzlich ganz nackt. Ohne Haube, Perücke, dunkle Brauen und Brille, um ihr Gesicht zu verbergen. Ganz sie selbst. Was machte er hier unten?
»Verzeihung, Sir«, murmelte sie und vergaß ganz, dass sie schweigen musste, wenn sie nicht angesprochen wurde. Sie ging auf die andere Seite der Treppe, hielt den Kopf gesenkt und huschte hinauf. Sie wagte es nicht, sich umzusehen, um zu schauen, welche Empfindung das feste, hochmütige Gesicht widerspiegelte: War er schockiert darüber, dass sie ihn angesprochen hatte, schockiert über ihre spärliche Bekleidung oder schockiert, weil er sie erkannt hatte? Wie auch immer, Gott, hilf mir!
Nathaniel Upchurch hatte selbst in die Küche gehen wollen, obwohl er den Dienstbotentrakt zurzeit nur selten aufsuchte. Er war zu ruhelos gewesen, um zu schlafen, und zudem hungrig. Darum hatte er gedacht, ein wenig Brot und Käse würden ihm helfen. Normalerweise hätte er nach einem Diener geklingelt. Doch seit seiner letzten Begegnung mit einem Hausmädchen hatte er gewisse Bedenken, irgendjemand zu so später Stunde noch in sein Zimmer zu bitten.
Als er beinahe unten war, tauchte auf einmal eine schattenhafte Gestalt auf und huschte an ihm vorbei. Er erstarrte. Sein Verstand setzte aus, um gleich darauf wieder fieberhaft zu arbeiten. Sein
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