Die Magd von Fairbourne Hall
Haushälterin, Betty Tidy.«
»Ach, ich weiß nicht …«
»Ich jedenfalls wäre stolz darauf, für dich zu arbeiten«, beharrte Margaret.
Bettys Augen funkelten verschmitzt. »Das sagst du jetzt. Aber Mrs Budgeon ist ein sanftes Kätzchen verglichen mit der Haushälterin, die ich wäre.« Sie hob das Kinn und lieferte eine überzeugende Imitation einer aufgebrachten Mrs Budgeon: »Jetzt aber an die Arbeit, mein Mädchen! Wir bezahlen dich nicht fürs Faulenzen und Schwatzen!«
Margaret schleppte noch einen Kessel mit heißem Wasser aus der Küche nach unten in das Badezimmer der Dienstboten. In dem kleinen, gefliesten Raum gab es eine großzügige Wanne, einen Stuhl, einen Spiegel, ein Regal und ein paar Haken für Kleidung und Handtücher. Sie hatte ein paar rasche Bäder genommen, seit sie hier war, doch meistens hatte sie sich mit dem Schwamm gewaschen – über der Waschschüssel in ihrem Zimmer, mit Wasser, das Zimmertemperatur hatte, und ihrer wöchentlichen Seifenzuteilung. Abgetrocknet hatte sie sich mit einem kratzigen Handtuch. Doch sie fühlte sich nicht wirklich sauber und ihre Kopfhaut unter der Perücke juckte inzwischen unerträglich. Sie sehnte sich nach einem richtigen Bad. Vor allem konnte sie es kaum erwarten, sich endlich wieder die Haare zu waschen.
In der Küche gab es fließendes Wasser, das aus einer Zisterne von draußen hereingepumpt wurde. Sie hatte es auf dem Herd in großen Kesseln heiß gemacht. Im Haus war es ruhig. Selbst das Spülmädchen hatte den letzten Topf geschrubbt und war zu Bett gegangen. Sie hätte auch schon längst schlafen sollen. Aber erst kam noch das Bad.
Wie lange es dauerte, die Wanne zu füllen! Früher hatte sie nie darüber nachgedacht, wenn sie Joan befahl, ihr ein Bad zu bereiten, selbst wenn sie erst einen oder zwei Tage zuvor gebadet hatte. Bäder entspannten sie und halfen ihr einzuschlafen, hatte sie sich gerechtfertigt. Wie viel Extraarbeit sie der armen Joan damit gemacht hatte! Aber die hatte sich nie beklagt – jedenfalls nicht vor Margaret.
Sie trug die Kessel in die Küche, um sie noch ein letztes Mal zu füllen. Damit würden dann wenigstens ihre Beine bedeckt sein, hoffte sie. Und einen Kessel brauchte sie noch, um ihr Haar auszuspülen. Ihre Arme zitterten schon von den schweren Kesseln und ihre Hände waren ganz verkrampft. Aber das warme Wasser würde die Schmerzen lindern.
Sie schleppte die Kessel den langen Flur hinunter, am Zimmer der Haushälterin, am Destillierraum und den Vorratsräumen vorbei und um die Ecke bis ganz ans Ende – und stand vor der verschlossenen Badezimmertür. Dabei war sie ganz sicher, dass sie sie offen gelassen hatte. Sie runzelte die Stirn. Es würde doch nicht …«
Sie klopfte vorsichtig. »Hallo? Ist da jemand drin?«
Keine Antwort. Die Tür musste von selbst zugefallen sein. Erleichtert stieß sie sie auf und schrie vor Schreck. Thomas saß in der Wanne. In ihrem Badewasser!
Er hatte nicht einmal den Anstand, verlegen zu sein. Er wackelte sogar mit den Augenbrauen im Licht der Kerze – die sie angezündet hatte. Zum Glück verbarg die Wanne alles bis auf seinen Kopf und den Oberkörper vor ihren Augen. Sie war hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen zu fliehen, sich die Augen zuzuhalten und ihn aus der Wanne zu zerren.
»Was machst du denn da?«, schäumte sie. »Ich habe das ganze Wasser für mich hierher geschleppt!
Er feixte. »Ich habe mich schon gefragt, wo es herkommt. Wirklich sehr nett von dir!«
»Das war nicht nett«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich wollte selbst baden! Warum sollte ich die Wanne für dich füllen?«
Seine Augen verengten sich. »Wie hochnäsig du auf einmal mit mir sprichst!« Er stützte sich auf den Wannenrand und machte Anstalten aufzustehen. »Dann gehe ich natürlich sofort raus!«
»Nein! Nicht, solange ich hier stehe! Ich warte draußen.«
Sie ging hinaus und schloss die Tür. Fünf oder zehn Minuten später tauchte er endlich auf, das Haar zurückgestrichen, die Haut noch feucht. »Jetzt gehört es dir, mein Schatz!«
»Du wirst mir doch helfen, sie noch einmal zu füllen?«
»Nicht nötig. Das Wasser ist noch völlig in Ordnung. Schön warm. Ich komme aber gern mit rein und schrubbe dir den Rücken, wenn du willst.« Er blinzelte ihr zu.
»Bestimmt nicht! Du bist egoistisch!«
Er hob sein kantiges Kinn. »So, jetzt werde ich dir ganz bestimmt nicht helfen, Wasser zu schleppen.« Damit drehte er sich um und ging pfeifend den Flur
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