Die Magd von Fairbourne Hall
weh, als sie ihre süße Caroline in seinen Armen sah. Caroline lächelte, als sie Marcus die Hände entgegenstreckte, der sie seinerseits mit einem Lächeln ergriff, während die Damen und Herren im Tanz die Seiten wechselten. Offensichtlich wusste Caroline nicht, was für ein Mann Marcus war; sie sah nur sein gutes Aussehen und seinen Charme – genau wie Margaret am Anfang. Gott sei Dank besaß ihre kleine Schwester kein Vermögen, das den Mann in Versuchung führen konnte – jedenfalls nicht in Versuchung, sie zu heiraten. Ob sie überhaupt einer Warnung zugänglich wäre, wenn Margaret nahe genug an sie herankäme, um etwas zu ihr zu sagen?
Sie musste es versuchen.
Sie wartete, bis der Tanz zu Ende war und Marcus Caroline zu ihrer Mutter zurückgebracht hatte. Als ihr Blick auf die anmutige Gestalt ihrer Mutter fiel, durchfuhr sie die Sehnsucht wie ein schmerzlicher Stich. Doch dann tauchte Sterling Benton neben ihr auf. Er reichte ihr ein Glas Punsch und Margarets Mut sank. Sie würde es niemals wagen, sich Caroline oder ihrer Mutter zu nähern, solange er bei ihnen stand. Sie wünschte, Caroline würde sich entschuldigen und das Ankleidezimmer der Damen aufsuchen, wo Margaret ungestört mit ihr reden könnte, doch ihre Schwester bleib einfach stehen, lächelte und unterhielt sich mit den Bentons und mit ihrer Mutter.
Margaret blickte sich nervös um. Sie sah Piers Saxby und Lewis Upchurch, die mit Miss Lyons sprachen. Margaret war sehr überrascht gewesen zu hören, dass Saxby die Beziehung zu der attraktiven Brünetten beendet hatte. Er und Lewis waren auch diesmal wieder als Piraten verkleidet; die meisten anderen Gäste trugen Dominos oder schlichte Masken zu traditioneller Abendkleidung.
Margaret war nervös; sie konnte kaum still stehen. Caroline ging durch den Raum zu einem Mädchen, das etwa in ihrem Alter war; vielleicht eine Schulfreundin. Als die Musik wieder einsetzte und der Partner des Mädchens kam, um es zum Tanz zu holen, blieb Caroline allein zurück. Margaret ging rasch zu ihr hinüber; dabei versuchte sie, der Seite des Raumes, auf der Sterling stand, den Rücken zuzukehren. Sie wollte nicht, dass er sie erkannte, jedenfalls jetzt noch nicht.
»Hallo meine Liebe«, sagte sie mit affektierter Stimme, falls irgendjemand zuhörte. »Möchtest du mich nicht ins Damen-Ankleidezimmer begleiten? Ich habe dich ja seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen!«
Caroline blieb der Mund offen stehen. »Margaret?«
»Nicht hier, meine Liebe«, sagte sie leichthin und nahm ihren Arm. »Komm, wir unterhalten uns, wo wir etwas ungestörter sind.«
Es gelang ihr, ihre Schwester zu einer der Türen zu führen, doch dann blieb Caroline stehen und sah sie an. »Margaret! Ich wusste es! Ich wusste, dass du nicht tot sein kannst.«
»Schhhh, Caroline!« Margaret sah sich um, doch es schien ihnen niemand gefolgt zu sein. »Ich kann nicht lange bleiben. Ich wollte dir nur sagen, dass es mir gut geht, und dich warnen. Ich …«
»Aber Mutter und Sterling sind hier!« Damit fing Caroline ihrerseits an, sie am Arm zu ziehen, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Wir müssen es ihnen sagen. Sie werden so erleichtert sein!«
Margaret widersetzte sich und packte ihre Schwester an beiden Armen. Sie wusste genau, wenn Sterling sie allein erwischte, wäre alles vorbei. Er und Marcus würden sie packen und aus dem Haus bugsieren, ehe sie wusste, wie ihr geschah. »Du kannst es ihnen später erzählen. Caroline, hör mir zu. Du musst dich vor Marcus Benton hüten.«
Das Gesicht ihrer Schwester verdunkelte sich. »Wir haben nur getanzt. Ich dachte, du magst ihn nicht, deshalb konnte ich nichts dabei finden, dass ich …«
»Ich weiß, dass er sehr charmant sein kann, Caroline«, unterbrach Margaret sie. »Ich dachte es zuerst auch, aber dann hat er mich auf sehr unfeine Weise zur Ehe gedrängt. Wegen des Erbes. Deshalb bin ich weggelaufen.«
Caroline schüttelte den Kopf. »Aber ich habe kein Erbe.«
Margaret schloss die Augen und betete um Geduld. »Männer sind nicht immer nur auf Geld aus.« Plötzlich spürte sie, dass jemand sie von der anderen Seite des Raumes aus ansah.
Sie blickte hinüber und erkannte Nathaniel Upchurch. Er starrte sie hinter seiner Maske an, als hätte er einen Geist gesehen. Sah er eine Frau, die er einst kannte? Oder war er aus einem anderen Grund so fassungslos – sah er »Nora«, die sich mit einer blonden Perücke als Dame verkleidete?
Spielten seine Augen ihm
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