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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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ihnen vorüberflog.
    »Ganz London spricht von Ihnen. Von Ihrem Verschwinden«, sagte er, während sie die Grundschritte und Drehungen wiederholten.
    »Wirklich?«
    »Sind Sie deshalb gekommen? Um zu beweisen, dass Sie lebendig und wohlauf sind?«
    Eine Sorgenfalte erschien zwischen ihren Brauen über der Maske. »Zum Teil, ja.«
    »Warum nehmen Sie Ihre Maske dann nicht ab und zeigen der Welt, wer Sie wirklich sind?«
    »Dies ist ein Maskenball, Mr Upchurch.«
    »Ah. Ich verstehe. Und Sie sind die Königin der Verkleidung.«
    Sie warf ihm einen Blick zu, unsicher, wie er das gemeint hatte.
    Lewis tauchte neben ihnen auf, ein schelmisches Lächeln auf dem gut aussehenden Gesicht. »Miss Macy, so wahr ich lebe! Wie habe ich mich nach Ihnen gesehnt! Sagen Sie schnell, dass Sie mit mir tanzen! Nate hat bestimmt nichts dagegen – oder, alter Junge?«
    Nathaniel spürte den alten Stich der Eifersucht. Er blickte vom Gesicht seines Bruders – der völlig sicher war, dass er klein beigeben würde – in das von Margaret.
    Sie sah Lewis in die Augen und sagte: »Ehrlich gesagt, tanze ich lieber mit Ihrem Bruder.«
    Lewisʼ Mund öffnete sich ungläubig.
    Mit stolzgeschwellter Brust wirbelte Nathaniel Margaret von sei nem fassungslosen Bruder fort. Das war wahrscheinlich das erste Mal, dass eine Frau ihm eine Abfuhr erteilt hatte.
    Doch seine Siegesfreude verging rasch, denn Margaret sah plötzlich sehr besorgt aus.
    »Mr Upchurch«, sagte sie zögernd, »ich … ich muss jetzt gleich gehen. Aber ich möchte Ihnen noch sagen, wie leid es mir tut, dass ich so herzlos zu Ihnen war. Ich bereue es zutiefst.«
    Sein Herz zog sich zusammen, obwohl er spürte, wie seine Brauen sich hoben. »Wirklich?«
    Sie schluckte. »Ich habe mich in Ihnen geirrt. Ich habe mich in vielen Dingen geirrt.«
    Er starrte sie an. Aus dem Augenwinkel sah er Sterling Benton quer durch den Raum auf sie zukommen. Ihre Zeit war beinahe um.
    »Ich fürchte, Mr Benton wird uns demnächst ansprechen«, sagte er. Wahrscheinlich hatte Lewis ihn auf die Idee gebracht.
    Sie wurde blass.
    Nathaniel blickte zur Haupttür, wo Hudson stand. Als ihre Augen sich trafen, hob er das Kinn. Sein Verwalter merkte sofort auf. Nathaniel warf einen bedeutungsvollen Blick zu Benton hinüber, dann hob er einen Finger und tippte sich auf die Lippen – ein Signal, das sie im Laufe vieler gemeinsamer Auktionen entwickelt hatten, bei denen sie Vorräte gekauft oder Zucker verkauft hatten.
    Hudson folgte seinem Blick und nickte.
    Als die Musik endete, wirbelte Nathaniel Margaret zu der zweiten Tür hin und beugte sich über ihre Hand. »Ich glaube, Miss Macy, Sie sollten jetzt auf demselben Weg weggehen, den Sie gekommen sind, und zwar schnell.«
    »Oh …«, murmelte sie atemlos. »Ich danke Ihnen !« Sie sah ihm noch einen kurzen Moment in die Augen. Die Betonung des »Ihnen« brachte eine straff gespannte Saite in seiner Brust zum Klingen; es war Seligkeit und Qual zugleich. Er hatte keinen Zweifel, dass sie ihm für mehr als nur für den Tanz dankte.
    Sie drehte sich um und lief aus dem Zimmer.
    Nathaniel blickte hinüber und sah, dass Sterling Benton die Haupt tür ansteuerte. Hudson trat ihm in den Weg; die beiden Männer prallten zusammen, Schulter gegen Brust. Hudson war breiter als der elegante Sterling Benton und der Aufprall schien den schlanken Mann für einen Moment richtiggehend zu betäuben.
    Dann schnaubte er: »Passen Sie doch auf!«
    Margaret rannte aus dem Zimmer, Aschenputtel, die vom Ball flieht, als es Mitternacht schlägt und ihre List um ein Haar auffliegt. Vor Angst zitternd, rechnete sie jeden Moment damit, dass Sterling von hinten ihre Schulter packte. Doch wunderbarerweise gelangte sie unbehelligt in die Halle.
    Sie blickte sich um, und als sie niemanden sah, lief sie durch die Halle den Flur entlang zur Hintertreppe. Dabei betete sie, dass sie keinem Dienstboten begegnete. An der Treppe wäre sie beinahe mit Craig zusammengeprallt, der gerade herunterkam, doch er sprang zur Seite und murmelte: »Verzeihung, Madam.«
    Sie rannte die Treppe hinauf und hoffte, Sterling würde Craig nicht fragen, ob er eine Dame gesehen hätte, die so aussah wie sie.
    Auf dem oberen Gang sah sie Betty – Betty! – den Gang entlangeilen, eine Decke über dem Arm. Betty würde sie natürlich sofort erkennen. Sie ließ den Kopf sinken und tat so, als konzentriere sie sich ganz auf ihren Ärmel, doch als sie wieder einen Blick riskierte, sah sie, dass Betty die Nase an die

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