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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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einen Streich? Sah er ein Fantasiegebilde? Dort drüben stand Margaret Macy in ihrer ganzen blonden Herrlichkeit. Ein Turm aus weißgoldenem Haar krönte ihren Kopf, auf ihren zarten nackten Schultern ringelten sich Locken. Ihr Kleid schimmerte weiß und kam ihm irgendwie bekannt vor. Die kleine Maske, die sie trug, tat wenig, um die blauen Augen, die hohen Wangenknochen, die eleganten Brauenbögen, die feine Nase und den breiten, vollen Mund zu verbergen, der ihm nicht aus dem Sinn ging und von dem er geträumt hatte.
    Wie konnte er so sicher sein? Immerhin trug sie eine Maske. War das vielleicht alles nur Wunschdenken? Er wusste, dass er Frauen, die ihr Haar gefärbt hatten, kaum je wiedererkannte. Aber nein, sie war es. Er wusste es einfach.
    Ein wahrer Sturm von Gefühlen tobte über ihn hinweg. Neugier. Sorge. Warum gab sie sich hier und jetzt zu erkennen, wo die Männer anwesend waren, vor denen sie fortgelaufen war und sich verbarg? Wusste sie es nicht? Sollte er sie warnen?
    Nathaniel beobachtete, wie sie in ernstem Ton mit einem jüngeren Mädchen sprach – ihrer Schwester, nahm er an. Als diese sich umdrehte und den Bentons winken wollte, packte Margaret sie an den Armen und hielt sie fest. Offenbar wollte sie mit ihrer Schwester allein sprechen, wahrscheinlich, um ihr zu sagen, dass es ihr gut ging.
    Margaret warf einen Blick über ihre Schulter, dem Nathaniel mit den Augen folgte. Er sah, wie Sterling Benton sich unvermittelt straff aufrichtete; in seine Augen trat ein wachsamer Ausdruck. Nathaniel straffte ebenfalls die Schultern.
    Er konnte einfach dastehen und zugucken, oder er konnte ihr helfen. Er wusste nicht genau, was sie vorhatte, aber ihm war klar, dass sie Sterling Benton unter allen Umständen meiden wollte. Die Angst, die sich auf ihrem Gesicht spiegelte, gab ihm den letzten Anstoß.
    Er nahm seine Maske ab, ging zu ihr hinüber und erreichte sie unmittelbar vor Sterling. Margaret fuhr herum, wollte fliehen, doch er trat ihr in den Weg.
    Mit zusammengebissenen Zähnen bot er ihr seinen Arm. »Mein Walzer, glaube ich.«
    Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Seltsamerweise empfand er das überwältigende Bedürfnis, mit dem Daumen über ihre volle Unterlippe zu streichen.
    Stattdessen nahm er ihre Hand, schob sie unter seinen Arm und zog sie beinahe mit Gewalt auf die Tanzfläche. Hinter sich hörte er Bentons tiefe Stimme, wie er ihre Schwester mit vielen Fragen bestürmte.
    Was tue ich da eigentlich?, fragte Nathaniel sich. Wie passte seine Bitte um den Tanz zu seiner Entscheidung, Margaret Macy zu meiden? Wie sollte das Gefühl ihrer warmen Hand auf seinem Arm, das sich bis in seine Brust ausbreitete, ihm helfen, sie zu vergessen?
    Er verneigte sich vor ihr; sie knickste zögernd. Einen Augenblick fürchtete er, die voluminöse Perücke würde ihr vom Kopf rutschen.
    »Mr Upchurch?«, flüsterte sie, atemlos, obwohl der Tanz noch gar nicht begonnen hatte.
    »Ja, Miss …?« Er hob erwartungsvoll die Brauen.
    Sie runzelte die Stirn. »Miss Macy. Margaret Macy.«
    Er hob das Kinn. »Ah! Ich dachte es mir schon, aber ich war nicht sicher, ob ich Sie erkennen sollte.«
    Ihre Brauen zogen sich zusammen.
    »Mit Ihrer Maske, meine ich.«
    »Oh!« Sie errötete und berührte ihre Maske, als hätte sie vergessen, dass sie eine trug.
    Die Musik wurde schneller. Der direkte Blick, mit dem sie ihn aus ihren blauen Augen ansah, brachte Nathaniel zunehmend aus der Fassung. Er schlug die Augen nieder und blickte auf ihre Taille, was seine Unruhe jedoch nur noch vergrößerte. Er legte seine Hände um ihre Taille. Oh nein, das half überhaupt nicht.
    Sie legte die Hände auf seine Unterarme.
    Ganz im Gegenteil. Ein kleiner Ruck und sie läge in seinen Armen, eng an ihn gepresst. Er verzog schmerzlich das Gesicht bei dem Versuch, den Gedanken zu verbannen.
    Ihre Augen wurden groß. »Bin ich Ihnen auf die Füße getreten? Das täte mir leid!«
    »Überhaupt nicht.«
    Sie hob das Kinn. »Sie brauchen nicht mit mir zu tanzen, wenn Sie nicht wollen.«
    Er blickte auf und sah, dass die Bentons sie beobachteten. Auch Lewis und Saxby sahen zu ihnen herüber. »Ich dachte, Sie wüssten die … Ablenkung … zu schätzen.«
    Er verstärkte den Griff um ihre Taille und schwenkte sie herum, selbst zu abgelenkt, um die unterschiedlichen Schritte des deutschen und des französischen Walzers zu beachten. Auch sie wirkte abgelenkt und verdrehte den Hals, um an ihm vorbei ein Auge auf die Bentons zu haben, während sie an

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