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Die Magd von Fairbourne Hall

Die Magd von Fairbourne Hall

Titel: Die Magd von Fairbourne Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Überrock, der grau gestreiften Weste und der elegant gebundenen Krawatte. Er bewegte sich leicht, mit athletischer Anmut, und lächelte Thomas im Gespräch an. Sein Haar war dunkelrot, dicht und gewellt und leicht in die Stirn gekämmt. Er hatte helle Haut, eine gerade Nase und leuchtend blaue Augen. Margaret merkte, dass sie ihn anstarrte. Als er sie ebenfalls anschaute, wandte sie verlegen den Blick ab; sie war sicher, dass Fiona sie böse ansah, aber die anderen Mädchen starrten ebenfalls alle den jungen Mann an.
    Betty trat neben sie und flüsterte: »Das ist Connor. Ich kenne ihn, seit er ein Junge war. Sieht er nicht gut aus?«
    »Ja. Wer ist er?«
    »Mr Lewisʼ Kammerdiener«, sagte Betty stolz. »Sie sind heute Nachmittag aus London eingetroffen.«
    Margarets Herz begann zu rasen. Lewis Upchurch ist hier! Unter einem Dach mit mir! Jetzt würde sie ihn vielleicht schon bald sehen. Ob sie wohl einen Weg finden würde, ihn unter vier Augen zu sprechen?
    Der Kammerdiener kam zu ihnen herüber, um sie zu begrüßen. »Hallo, meine Damen!«
    Die Mädchen lächelten ihn strahlend an und erwiderten seinen Gruß.
    Connor küsste Betty auf die Wange, dann ruhten seine leuchtenden Augen auf dem Destillierraum-Mädchen. »Und wie geht es dir, Hester, mein Mädchen?«
    Hester lächelte, ihr Gesicht erglühte in rundwangiger Lieblichkeit. »Sehr viel besser, jetzt, wo du da bist.« Sie wandte sich zu Margaret. »Das ist Nora. Sie ist neu, seit du zuletzt hier warst.«
    »Schön, dich kennenzulernen, Nora.« Sein Lächeln war aufrichtig, doch sein Blick wanderte sofort zurück zu Hester. »Es ist schön, wieder bei euch zu sein.«

    Um neun Uhr am nächsten Morgen versammelte sich die Dienerschaft wieder zur Morgenandacht in der Halle. Der Kammerdiener Connor stand bei ihnen, zwischen Hester und dem Zweiten Lakai Craig, der ihm trübselige Blicke zuwarf.
    Margaret verzog sich wie gewöhnlich hinter jemand, der größer war als sie; meistens stand sie hinter Monsieur Fournier. Sie waren alle Gewohnheitsmenschen, war ihr aufgefallen, und nahmen in der Regel immer dieselben Plätze ein, doch Connor brachte diese Ordnung jetzt durcheinander. War Craig deshalb so verärgert? Oder lag es daran, dass der Mann bei den Damen so beliebt war? Armer Craig.
    Margaret lugte verstohlen hinter der weiß gekleideten Schulter des Kochs hervor in Richtung Bibliothekstür. Ihr Herz klopfte heftig.
    Die Tür ging auf und ihr schnürte sich der Magen zu. Nathaniel Upchurch und seine Schwester traten ein. Lewis war nicht bei ihnen. Sie war enttäuscht und erleichtert zugleich. Wahrscheinlich lag Lewis noch im Bett oder machte einen Morgenausritt.
    Nathaniels Arm lag nicht mehr in der Schlinge, aber er trug noch immer einen kleinen Verband an der Schläfe. Und außerdem hatte er diesmal seine Brille auf. Anscheinend brauchte er sie jetzt nur noch zum Lesen. Mit Brille ähnelte er wieder mehr einem Geistlichen als einem Piraten.
    Nathaniel fand seine Bibelstelle und räusperte sich. Er zögerte kurz, legte seinen Finger an die Stelle im Buch, blickte auf, sah die Dienstboten an und senkte den Blick dann wieder. Schließlich sagte er: »Viele von Ihnen sind schon seit Jahren bei uns und haben mich bestimmt als den arroganten Jungen in Erinnerung, der ich ohne Zweifel war. Vielleicht finden Sie es heuchlerisch, dass ich hier so vor Ihnen stehe, als hielte ich mich für würdig, Ihr geistlicher Leiter zu sein. Aber so ist es nicht. Ich bin nicht von mir selbst überzeugt, sondern von Gott. Ich selbst brauche das, was dieses Buch uns verheißt – Wahrheit, Vergebung, Hoffnung – genauso dringend wie alle anderen Menschen.« Er blickte wieder auf und lächelte entschuldigend. »Ich weiß, dass ich kein guter Redner bin. Aber ich bitte Sie trotzdem, mich zu ertragen, während ich mit dieser neuen Aufgabe kämpfe.«
    Margaret spürte, wie die Spannung und Ablehnung in der Gruppe der Dienstboten sich auflösten. Mr Hudson lächelte, Mrs Budgeon und der Zweite Butler wechselten beeindruckte Blicke. Betty, die ganz vorn stand, nickte mit Tränen in den Augen.
    Nathaniel fand seine Stelle wieder und las: »›Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.‹«
    Nach der Morgenandacht

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